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Zitiervorschlag

Aus: Fabienne Becker-Stoll, Martin R. Textor (Hrsg.): Die Erzieherin-Kind-Beziehung. Zentrum von Bildung und Erziehung. Berlin, Düsseldorf, Mannheim: Cornelsen Verlag Scriptor 2007, S. 58-73

Erziehung in der Erzieherin-Kind-Beziehung

Ingeborg Becker-Textor

 

Erziehung von Kindern bringt viel in uns selbst in Bewegung, führt zu Fragen, die wir weder aus der Praxis noch aus der Wissenschaft gänzlich beantworten können. Wie in einem Spiegel sehen wir (wenn wir dafür offen sind), was Erziehung bewegt, erreicht, anrichtet, zerstören kann. Wir formulieren Erziehungsziele, ohne uns darüber klar zu sein, wie Erziehungsprozesse ablaufen. Dass Erziehung immer dann geschieht, wenn wir keinen Gedanken auf sie verschwenden, vergessen wir nur zu leicht.

Dem Kind prägt sich unser "erzieherisches Verhalten" ein, wie Brandzeichen. Vieles, was in der frühen Kindheit erlebt wurde (wie man erzogen wurde), ist nie mehr im Verlauf des Lebens zu "löschen", maximal nur zu relativieren, mit Kopf und Verstand zu bearbeiten. Immer wenn Emotionen durchbrechen, fallen wir zurück auf das, was uns primär geprägt hat.

Beeinflusst durch die Vorgaben, mit denen wir selbst groß geworden sind, glauben wir zu wissen, was gut für das Kind ist und was nicht, was es lernen und auf was es seine Aufmerksamkeit richten sollte. Damit missachten wir die Bedürfnisse des Kindes und werden leicht zum "Bestimmer", nehmen dem Kind die Chance einer selbstbestimmten Entwicklung.

Fazit: Der Erziehung in der Erzieherinnen-Kind-Beziehung muss eine ganz andere und neue Beachtung geschenkt werden, wenn Erziehung, Förderung und Bildung gelingen sollen. Das Kind darf nie in die Situation kommen, dass es seine Bedürfnisse "opfert", um in der Beziehung zur Erzieherin Liebe zu erhalten und eine positive Bindung zu erfahren.

Das Entstehen der Erziehung in der Erzieherin-Kind-Beziehung

In einer sicheren Bindung entstehen Ressourcen, die zu einem Gefühl des Aufgehobenseins in dieser Welt führen. Ein bindungssicheres Kind wird sich demnach rundherum wohl fühlen, da es vertrauensvolle und stützende Bezugspersonen um sich herum hat. Das im ersten Lebensjahr sich entwickelnde Bindungssystem bleibt während des ganzen Lebens aktiv. Es bietet dem Kind Sicherheit für die Erkundung seiner Umwelt, den Aufbau von Kontakten und die Kommunikation mit anderen Menschen, Grundlagen für die Erziehung in der Erzieherin-Kind-Beziehung. In Kindertageseinrichtungen zeigen sicher gebundene Kinder im Vergleich zu unsicher gebundenen Spielkameraden häufiger ein ausgeglichenes und prosoziales Verhalten, streiten weniger, sind in Konfliktsituationen nicht aggressiv. Diese Kinder können sich auch viel leichter in die Gefühls- und Gedankenwelt anderer hineinversetzen.

Für viele Kinder bedeutet der Eintritt in den Kindergarten auch heute noch die erste längerfristige Loslösung von den vertrauten Bezugspersonen im familiären Umfeld und deren Erziehungsstrategien oder -gewohnheiten. Sie müssen nun im außerfamiliären Rahmen eine Beziehung zu den Erzieher/innen aufbauen bzw. entwickeln. Das ist nicht immer einfach, denn es gilt, die Ängste und Sorgen der Mütter zu überwinden. Mütter haben nicht selten die Befürchtung, dass sich ihr Kind viel zu stark an die Erzieher/innen – fremde Personen – binden könnte und es dadurch zu einer Distanzierung zwischen ihr und dem Kind kommen könnte. Auch müssen Eltern erst lernen, mit den teilweise andersartigen Erziehungszielen in der Kindertageseinrichtung umzugehen, und diese mit ihren eigenen abgleichen. Häufig werden deshalb Empfehlungen für Erzieher/innen ausgesprochen, sich nicht so stark emotional auf die Kinder einzulassen. Erstaunlich ist, dass die unterschiedlichen Qualitäten der Bindung und ihre Wirkung auf die Erziehung im Verhältnis Mutter-Kind und Erzieherin-Kind kaum beachtet und bisher nur wenig erforscht wurden.

Erziehung lässt sich nur auf der Basis sicherer Bindungen gestalten, die dem Kind aber auch genügend Freiraum für Autonomie lassen. Wir müssen dem Kind also Lebensbedingungen gewähren, die seinem inneren Entwicklungsbedürfnis entsprechen. Kinder zeigen uns täglich aufs Neue, dass sie wissen, was sie brauchen. In diesem Spannungsfeld zwischen Bindung an die primäre Bezugsperson und die neu zu gestaltende Beziehung zur Erzieherin vollzieht sich Erziehung. Eltern und Erzieherin sind sich dabei ihrer wichtigen Aufgabe bzw. Rolle nicht immer bewusst.

Das Kind agiert im Spannungsfeld von Nachahmungstrieb und dem Bedürfnis nach freiem Experimentieren. Wenn es nicht gelingt, das Spannungsfeld auszubalancieren, kommt es zu sogenanntem "Fehlverhalten" beim Kind, das fast immer ausschließlich ihm angelastet wird. Wieder einmal stellt sich der Erwachsene über das Kind und erkennt nicht seine Erziehungsverantwortung.

Beste Erziehungsvoraussetzungen sind dann gegeben,

  • wenn ein Kind sich wohl fühlt und aktiv ist,
  • wenn es über ausreichend Selbstwertgefühl verfügt und spürt, dass es angenommen wird mit allen seinen Fähigkeiten und seinem Wissen,
  • wenn seine Grundbedürfnisse nach körperlicher und psychischer Geborgenheit ausreichend befriedigt werden,
  • wenn es genügend Zuwendung bekommt sowie sozial akzeptiert und integriert ist,
  • wenn es Fähigkeiten und Verhaltensweisen entwicklungsgemäß erwerben kann (vgl. "Fit-Konzept"; Largo 1999).

Jetzt kann Erziehung beginnen.

Die Modellwirkung der Erzieherin

Die Vorbildwirkung der Erzieherin (und generell der Erwachsenen) in Kindertageseinrichtungen wird meist überhöht eingestuft bzw. gewaltig unterschätzt. Würden sich die Erzieher/innen immer ideal verhalten, also ausschließlich optimale Verhaltesmodelle sein, dann müssten alle Kinder in ihrer Nähe super geraten. Umgekehrt dürften Kinder mit negativen Vorbildern kein positives Verhalten entwickeln. Beides ist in der Praxis der Kindertagesstätte nicht zutreffend.

Erzieherinnen haben im Rahmen ihrer Ausbildung viel über das Modelllernen gehört und es als "Methode" auch häufig erprobt. Doch in welche Richtung soll es gehen? "Wir stehen hier an einem Kreuzweg und müssen uns entscheiden, ob wir das Kind systematisch zu unserem bisher erreichten Standard heranziehen – zu unserem Denken und Fühlen und zu unserer Art, mit Dingen und Menschen umzugehen – oder ob wir uns durch das Zusammenleben mit dem Kind in unserem eigenen Leben so berühren lassen, als stünden wir selbst noch einmal am Anfang. Öffnen wir uns für dieses Wagnis, kann es geschehen, dass wir unsere eigenen Sinne noch einmal neu gebrauchen und Situationen fühlen lernen, als wären sie ganz neu, dass wir ein neues Verständnis entwickeln, das nicht nur mit gelernten Kategorien, sondern mit lebendigen Prozessen umzugehen versteht" (Wild 1998, S. 34).

Kinder erziehen, eine Beziehung aufbauen, ist jeden Tag ein neuer Anfang und ein neues Erlebnis. Es gibt keine Methode und kein Angebot, das täglich, bei jedem Kind, bei jeder Erzieherin funktioniert. Deshalb sind starre Förderprogramme mit großer Vorsicht zu betrachten. Sie verhindern oft die Lust am Lernen und die Entwicklung von Lernkompetenz. Wer wagt es denn, im Voraus zu bestimmen, in welcher Situation und mit welchem Material ein Kind etwas lernt oder ob es in einer für uns chaotischen Umgebung mit "wertlosem" Material vielleicht nicht mehr Lernerfahrungen sammelt?

Wie viel stärker ein Modell wirkt, mag das folgende Praxisbeispiel verdeutlichen: Ich habe eine Ausstellung zum Thema Pantomime besucht und einen Ausstellungskatalog sowie ein Poster erworben. Scheinbar ganz zufällig liegen der Katalog und das Poster wenige Tage später auf einem Tisch im Gruppenraum. Etwas Besonderes? Einige Kinder fragen, ob sie das Buch anschauen könnten. Natürlich bejahe ich diese Bitte. Ich beobachte die Kinder, wie sie plötzlich anfangen, Grimassen zu schneiden, und dann wieder im Buch nachschauen, wie dort die Gesichter aussehen. Es ist interessant. Sie tauschen sich untereinander im Gespräch aus, holen sich kleine Taschenspiegel aus dem Regal.

Dann fragt mich Karla: "Hast du das Buch mitgebracht? Wo hast du das her? Es ist toll. Da kann man Ideen finden für Grimassenraten oder Figurenraten". Es dauert eine Weile, bis ich auf die Fragen der Kinder antworten kann: "Ich war in einer interessanten Ausstellung im Foyer des Theaters. Und dort hab ich auch das Buch gekauft". Petra: "Und warum gehen wir da nicht hin?" Sie schaut dabei in die Runde der Kinder und die nicken eifrig. "Ja, wir wollen auch in die Ausstellung. Denkst du, dass nur du in so eine Ausstellung kannst?"

Gemeinsam besuchten wir mehrfach die Ausstellung. Pantomime wurde für mehrere Wochen das Thema im Kindergarten. Und, wir besuchten noch viele Ausstellungen und wurden sogar von einem Maler zu einer Vernissage eingeladen.

Fazit: Kinder lernen am Modell: "Was die Erwachsenen können, das kann ich auch". Wer nicht als Kind in Ausstellungen geht, Bücher liest, Konzerte besucht etc., wird im späteren Alter nur noch schwer den Zugang zu solchen kulturellen Angeboten finden.

Nach Bandura (1979) übernehmen Kinder nicht nur das Verhalten, sondern auch Gedanken und Gefühle ihrer Modelle. Meine Begeisterung an der Ausstellung ist geradezu auf die Kinder übergegangen. Meine Beziehung zu den Kindern hat dazu beigetragen, dass meine Erziehungsziele, wie hier z.B. die Hinführung zur Kunst, auch wirklich zum Tragen gekommen sind. Bandura (1979) hatte Kinder der Altersgruppe vier bis sechs – also im Kindergartenalter – untersucht, ihre Nachahmung von Modellen. Nach einiger Zeit verließ das Modell den Raum, und die Kinder wurden durch eine Einwegscheibe beobachtet. Sie ahmten Modelle nach, die eine Belohnung oder Lob erfahren hatten, mächtig oder großzügig waren, wie z.B. Erwachsene, die Süßigkeiten oder Spielzeug verteilt hatten. Erschreckend war jedoch, dass am allerliebsten aggressive Modelle nachgeahmt wurden. Also sollten wir auf die Erzieherwirkung achten und unser Modellverhalten prüfen!

Die Wirkung des Kindes auf den Erzieher

Wenn von Erziehung gesprochen wird, so geschieht dies meist in der Bedeutung eines Einwirkens vom Erwachsenen bzw. Erzieher/innen auf das Kind. In einer ausgewogenen Erzieher-Kind-Beziehung muss aber auch Raum und Offenheit für die Erziehung (oder das Lernen) des Erziehers durch das Kind sein. Wenn wir dies nur zulassen würden, wir könnten so viel von den Kindern lernen! Dazu muss aber die Bereitschaft bestehen, sich mit dem Kind auf eine Ebene zu stellen und offen zu sein, es anzunehmen.

Ein Schlüsselwort in diesem Kontext ist Beobachtung. Wir kommen schnell zur Erkenntnis, dass so manche unserer Erziehungsstile und -methoden gänzlich überflüssig sind, das Kind schon weit über das hinaus ist, wohin wir es mit unserer Erziehung bringen wollen. Also sind mehr Zurückhaltung und ein größerer Zeitaufwand für die Analyse des kindlichen Verhaltens, die Beobachtung seiner Lernschritte und seiner Aktivitäten notwendig. Kinder agieren von sich aus und warten nicht, bis sie auf einen Impuls vom Erwachsenen reagieren sollen.

In der Erziehungssituation – bei gegenseitiger Annahme und Akzeptanz – wird die Beziehung zwischen Kind und Erzieherin noch intensiver. Das Kind stellt klare Erwartungen und (unausgesprochene) Forderungen an die Erzieherin. Die Erzieherin kann eine positive Situation aber auch (zer-) stören.

Ein Beispiel: Karin ist ein Mädchen mit Spinabifida. Im Kindergarten hat sie sich prächtig entwickelt. Sie kann ihre Bewegungsabläufe täglich besser koordinieren und wird im Laufen an der Hand immer sicherer. Ein Faden genügt ihr für ihre Sicherheit. Nach Aussage der behandelnden Krankengymnastin ist sie fähig, alleine zu laufen. An ihrem Geburtstag hält die Erzieherin sie – für Karin spürbar – am Schürzenband fest. Damit hat Karin ihre Hände frei und kann an die Kinder Kekse verteilen. Die Erzieherin verspricht, das Schürzenband nicht loszulassen. Aber sie tut es trotzdem. Die Kindergruppe ist mäuschenstill. Peter kann es nach kurzer Zeit nicht mehr aushalten und schreit los: "Karin, du kannst ganz allein laufen!" Karin fällt in sich zusammen. Sie blickt nach der Erzieherin: "Du hast mich losgelassen. Du hast versprochen, mich nicht loszulassen, und du hast es trotzdem getan!"

Es dauerte Monate, bis zwischen Karin und der Erzieherin wieder ein normales Gespräch möglich war. So ganz vertraut hat sie ihr während der ganzen restlichen Kindergartenzeit nicht mehr. Karin hat es so formuliert: "Man kann ja nicht wissen, ob du die Wahrheit sagst, ob das stimmt und du wirklich das machst, was du sagst". In diesem Fall war eine positive Erzieherin-Kind-Beziehung nur noch begrenzt möglich.

Das Setzen von Erziehungszielen als Prozess

Anknüpfend an das vorausgegangene Beispiel: Im Fall "Karin" waren gemeinsam mit dem Kind Ziele besprochen worden: "Wir wollen versuchen, dass du bald wieder richtig laufen kannst. Damit dies gelingen kann, müssen wir täglich üben. Schrittweise sollen die Übungen etwas schwieriger werden".

Bis Karin in diesen Prozess einwilligte, dauerte es relativ lange. Erziehung braucht Zeit. Es ist illusorisch, anzunehmen, dass Erziehungsziele binnen kürzester Zeit erreicht werden könnten. Eine Erziehungssituation ist immer komplex und vor allem gegenwartsgebunden. Die Erzieherin muss entscheiden, wie mit der komplexen Situation umgegangen werden soll, und zwar in dem möglichen Erziehungsrahmen.

Die Entwicklung des Kindes verlangt nach Erziehung. Die Erzieherin muss ihre Erziehungsziele ganz individuell am Entwicklungsstand bzw. -bedürfnis des Kindes ausrichten. Eine erfahrene Erzieherin kann dann die Erziehungssituation steuern und beeinflussen – und damit die Entwicklung des Kindes.

Bei der Erzieherin setzt dies nicht nur viel Wissen, sondern auch große Sensibilität voraus. Erziehungsziele ohne Kindbezogenheit führen unwiderruflich zu Spannungen in der Erzieherin-Kind-Beziehung. Das Kind wird leicht zum Instrument für die Erzieherin; sie braucht es, um ihre Ziele zu verwirklichen. Eine ähnliche Situation finden wir vor, wenn beliebige Förderprogramme ohne individuelle Adaption bei Kindern eingesetzt werden.

Erziehungsziele sollten nicht nur auf genauer Beobachtung des Kindes und seinem individuellen Entwicklungsstand basieren, sondern auch auf einer harmonischen, partnerschaftlichen Erzieherin-Kind-Beziehung. Warum partnerschaftlich? Die gegenseitige Anerkennung, Akzeptanz, Verständnis und Handlungsfreiheit müssen offensichtlich sein. Partnerschaftlichkeit führt keineswegs zu einem Autoritätsverlust, vielmehr kann sich eine gesunde Autorität entwickeln – ohne Angst oder Machtspiele.

Die Erzieherin muss sich immer bewusst sein, dass sie neben dem Kind und keineswegs über dem Kind steht, und sollte sich zurücknehmen, wenn notwendig. Sie muss sich "klein machen" – nicht kindisch – und auf die Ebene des Kindes herabsteigen, zuhören und warten, bis die Kinder ihre Lösungen finden. "Die gleiche Schwierigkeit zeigt sich, wenn ich bei einem Kind sitze, das umständlich und langsam mit einem Material arbeitet, das die Möglichkeiten zur Beschleunigung nicht nutzt und mühselig seine eigene Logik und sein eigenes Tempo aufbaut. Wie oft zuckt mir die Hand, auf etwas hinzuweisen, oder die Zunge, den schnellsten Weg vorzugeben. Und immer wieder die Entscheidung, mir selbst Grenzen zu setzen" (Wild 1998, S. 107).

Fazit: Als Erzieherin kann ich die Erziehungssituation steuern und durch mein Verhalten und die Gestaltung der Umgebung beeinflussen. Wenn dies nur nicht so schwierig wäre! Ich muss dem Kind indirekt und direkt vermitteln: "Ich kann aufmerksam aber wohlwollend gelassen zusehen, was du tust. Ich bin aber immer da, wenn du mich brauchst, mische mich jedoch nicht unnötig ein". Das ist ganz im Sinne Maria Montessoris und der Forderung des Kindes "Hilf mir, es selbst zu tun".

In unserer westlichen Welt gelten eine ganze Reihe von Bildungs- und Erziehungszielen quasi als Grundnorm. Dass es sich bei der Erreichung dieser Ziele aber um einen Prozess handelt, der sich in der Kindertageseinrichtung ganz wesentlich zwischen Erzieherin und Kind abspielt, wird leider noch nicht ausreichend berücksichtigt. Solche Ziele sind:

  • Verantwortungsbewusstsein für die Natur, die Umwelt, die Umgebung,
  • Achtung vor der Würde jedes Einzelnen,
  • Selbstbeherrschung, Zurücknahme, aber auch Spontaneität,
  • Verantwortungsgefühl und Verantwortungsfreudigkeit,
  • Hilfsbereitschaft,
  • Aufgeschlossenheit für alles Schöne,
  • Ehrfurcht und Respekt vor allem Lebendigen,
  • Achtung vor der Meinung und Überzeugung des Anderen,
  • Toleranz,
  • Nächstenliebe und Offenheit,
  • Sinn für Gerechtigkeit,
  • sittliches und politisches Verantwortungsbewusstsein,
  • soziales Handeln,
  • freiheitlich-demokratische Haltung,
  • Selbstbestimmung und Selbstentscheidung,
  • Urteilsfähigkeit,
  • Fähigkeit, einen eigenen Standpunkt zu formulieren,
  • Kritikfähigkeit und Bereitschaft zu konstruktiver Kritik,
  • usw.

Zu jedem dieser Punkte ließe sich ohne weiteres ein Beispiel aufführen. Was bedeutet es für die Erzieherin-Kind-Beziehung, wenn das Kind im Umgang mit der Erzieherin immer wieder erleben muss, wie sich die Erzieherin einigen Kindern gegenüber ungerecht verhält, oft die Selbstbeherrschung verliert, die Meinung der Mitarbeiter oder der Kinder nicht gelten lässt, kein Vertrauen in ihr berufliches Können hat und immer wieder resigniert? Wie will sie dann die entsprechenden Erziehungs- und Bildungsziele erreichen? Was bedeutet dieses Erleben für die Entwicklung des Kindes und den Aufbau von Beziehungen?

Soziale Integration – Verhalten – Zusammenleben in der Kindertageseinrichtung

Der Aufenthalt eines Kindes in der Kindertagesstätte bedeutet eine Lebensgemeinschaft auf bestimmte Zeit, mit Kindern gleichen Alters und mit den pädagogischen Mitarbeiter/innen. Dies heißt, dass alle Beteiligten ihren Beitrag für ein gelingendes Zusammenleben, Spielen und Lernen beitragen müssen. Wieder kommt hier die Erzieherin-Kind-Beziehung zum Tragen.

Frauen schreibt man eine höhere soziale Kompetenz zu, ebenso wie eine größere Sensibilität für die Bedürfnisse der Kinder. Das darf aber keineswegs so interpretiert werden, dass Frauen die besseren Erzieher wären. Frauen und Männer haben lediglich eine ganz unterschiedliche Herangehensweise an Erziehung und gehen mit Erziehungsprozessen anders um.

Auf den Konflikt zwischen Integrität und Kooperation macht Juul (1999) aufmerksam: "Generationenlang baut alle Erziehung, Bildung und Behandlung auf einem bestimmten Verständnis dieses Konfliktes auf. Es besagt, Kinder seien potentiell nicht willens zur Zusammenarbeit, sie seien asozial oder egozentrisch. Die Aufgabe der Erwachsenen war mithin einleuchtend: Sie sollten dafür sorgen, dem Kind beizubringen, wie man kooperiert, sich anpasst und Rücksicht nimmt ... Es ist faktisch so, dass Kinder, wenn sie in den Konflikt zwischen Integrität und Kooperation geraten – und das tun sie, genau wie die Erwachsenen, Dutzende von Malen jeden Tag –, in neun von zehn Fällen die Zusammenarbeit wählen. Kinder brauchen keine Erwachsenen, die sie lehren, wie man sich anpasst oder wie man zusammenarbeitet. Hingegen haben sie dringenden Bedarf an solchen Erwachsenen, die sie lehren, wie man in der Interaktion mit anderen für sich selber sorgt" (S. 43-45).

Sollte man vielleicht darunter soziale Integration verstehen? Das wäre zu einseitig. Um in sein soziales Umfeld Kindergarten wirklich hineingebunden zu sein, bedarf das Kind hoher sozialer Kompetenz, aber ebenso die Erzieherin. Erwachsene achten meist erst auf das Verhalten des Kindes, wenn es nicht kooperiert. Dann wird ihm auch sofort mangelnde soziale Kompetenz zugeschrieben. Eine Reduzierung der sozialen Kompetenz nur auf emotionale Intelligenz ist nicht möglich, denn sie geht weit über Gefühle hinaus.

Erst in den letzten Jahren hat man zunehmend die Bedeutung der sozialen Kompetenz für die Lebensbewältigung erkannt und ihr auch einen Stellenwert in Bezug auf die intellektuelle Leistungsfähigkeit eingeräumt. Beim derzeitigen Boom der Förderprogramme für Kindertageseinrichtungen muss man allerdings befürchten, dass sich diese Tatsache wieder umkehrt. Bei aller Individualität und Differenzierung, mit dem Ziel, die Einzigartigkeit eines jeden Kindes zu fördern, darf die soziale Integration nicht vernachlässigt werden, "...die Verbindung mit anderen Menschen, mit Gedanken und Gebilden jenseits des Selbst" (Csikszentmihalyi 1998, S. 63).

Soziale Integration ist dann gelungen, wenn Flow erreicht wurde. Flow ist ein seelischer Zustand in Augenblicken, wenn das Bewusstsein harmonisch geordnet ist und das Kind etwas um der Sache selbst willen tut. So kann Spiel Flow auslösen und das Kind glücklich machen. Dies wirkt sich auf sein Verhalten in der Kindergruppe ebenso aus wie auf seine Beziehung zur Erzieherin.

Für die Fachkraft ist wichtig, dass sie es schafft, die Beziehung zu den Kindern und den Eltern erfreulich zu gestalten. Damit schafft sie eine Basis, auf der eine Erziehungspartnerschaft (eine Erziehungsgemeinschaft) zwischen Kindern, Eltern und Erzieherin aufgebaut werden kann. Alle Beteiligten lernen nur, wenn sie frei und um der Sache selbst willen handeln und nicht aus niedrigen Beweggründen, beispielsweise um mehr Macht zu erreichen, auf alle Fälle besser zu sein als andere usw.

Liebe – Vertrauen – Konsequenz – Regeln

Laissez-Faire und autoritäre (Macht-) Strenge beschreiben krasse Gegensätze in der Erziehung: Während eine Erzieherin glaubt, dass sie den Kindern einfach Freiheit geben kann, glaubt eine andere, dass sie durch Strenge und Autorität dem Kind die beste Erziehung zuteil werden lässt. Erziehung in der Erzieherin-Kind-Beziehung wird jedoch getragen von bzw. ist fundiert auf Liebe, Vertrauen, Konsequenz und Regeln. Wie passen diese scheinbar so gegensätzlichen Aspekte zusammen? Für Kinder sind diese Gegensätze nicht gegeben!

Praxisbeispiel: So befragte eine Erzieherin mehrere ehemalige Kindergartenkinder, heute junge Erwachsene, nach Erinnerungen aus ihrer Kindergartenzeit bzw. was für sie besonders wichtig gewesen sei. Frank: "Du warst total streng, aber immer liebevoll, hast zugehört, hast uns in den Arm genommen". Thea: "Man musste alles durchstehen, es gab kein zurück. Das hatte viele Vorteile – wenn ich es heute in der Rückschau mit dem Verhalten meiner Mutter vergleiche. Bei dir wusste man immer, wie man dran ist, man konnte sich immer auf dich verlassen, du hattest keine Launen". Peter (heute selbst Vater): "Ich fand gut, dass du uns Verantwortung übertragen hast und jedes von uns Kindern bestimmte Pflichten zu erfüllen hatte. Da gab es kein Pardon. Man konnte weder kneifen noch entwischen. Aber es war auch wunderschön, wenn man seine Aufgaben ganz selbstständig erfüllen konnte. Du hast uns geholfen, wenn wir es wollten. Aber deine Liebe war da. Und du wusstest immer, was du uns zutrauen kannst". Nikolaus, ein junger Mann mit Down-Syndrom: "Immer erst aufräumen, dann schöne Geschichte und ganz nah bei dir sitzen. Jetzt meckere ich nicht mehr. Aufgeräumt ist besser". Claudia: "Man konnte dich immer alles fragen. Nie hast du gesagt, dass ich das nicht verstehen würde. Geduldig und liebevoll hast du mir und den anderen alles erklärt. Es gibt heute noch Dinge, an die ich mich genau so halte wie damals. Bestimmte Regeln und Konsequenz geben Sicherheit".

Machen diese Aussagen von jungen Menschen nicht deutlich, wie ihre Erziehung eingebettet war in die Beziehung zu ihrer Erzieherin? Wenn eine vertrauensvolle Beziehung besteht, die Gefühl der gegenseitigen Anerkennung und Liebe gegeben sind, dann greifen Erziehungsprozesse, dann werden Erziehungsziele leichter umgesetzt, wie von selbst erreicht – ohne Druck, Drohung oder Machtausübung. Es gilt für die Erzieherin, in der Kindertageseinrichtung eine solche Atmosphäre zu schaffen. Der Alltag wird dann leichter.

Leider werden Regeln und Konsequenz nur zu oft als überholte Erziehungsmethoden eingestuft. Fühlt sich ein Kind in der Zuneigung der Erzieherin aufgehoben – ohne Abhängigkeit –, und zwar in einer Bindung, die ihm aber auch Entscheidungsfreiheit und Selbstverwirklichung lässt, und bei Grenzen, die Orientierung geben, dann werden Erziehungsziele erreicht, die man gar nicht zu planen gewagt hätte. Deshalb ist es unabdingbar zu beobachten, in welchen Situationen was in der Erziehung erreicht wurde und zu überlegen, warum gerade in diesen Situationen. Wichtig ist, zu erkennen, dass Freiheit auch Grenzen braucht. Kinder fordern sie immer wieder. Aber auch die Erzieherin muss für sich Grenzen stecken: "So nahe lasse ich das Kind nie kommen". Eine zu enge und zu feste Bindung kann und soll sie nicht zulassen. Ihre Privatsphäre muss sie auch vor den Kindern schützen.

Häufig entwickeln Eltern unbegründet richtige Eifersucht. Sie haben Angst, dass sich ihr Kind zu stark an die Erzieherin binden könnte. Das kommt nicht zuletzt auch daher, dass Kinder auf Drängen der Eltern kaum etwas aus der Einrichtung erzählen. Sie berichten nur, wann und was sie wollen. Außerdem lassen sie die Eltern auch deutlich spüren, dass sie eine andere Beziehung als diese zur Erzieherin haben, über andere Dinge mit ihr sprechen und eben auch bestimmte Fragen lieber mit der Erzieherin diskutieren.

Eva: "Nein Mama, du darfst nicht Elisabeth sagen. Du musst Frau Fischer sagen". Gleichzeitig schmiegt sich Eva an die Erzieherin und sagt: "Die ist nämlich meine Freundin". Eva hat damit begonnen, sich in ihren Bindungen und Beziehungen von der Mutter abzugrenzen und ein "eigenes Leben aufzubauen". Umso wichtiger ist es, dass sie sich auf die Erzieherin verlassen kann. Das muss auch die Mutter wissen. Sie "verliert" ihr Kind nicht an die Erzieherin, sondern sie erlebt ihr Kind in der neuen Situation, in der es sich einen Bezugskreis aufbaut. Vielleicht schätzt das Kind auch die Konsequenz, die es bei der Erzieherin erfährt, während die Mutter recht wankelmütig und launenhaft ist.

In der Kindertageseinrichtung gewöhnen sich die Kinder sehr schnell an Regeln. Sie werden den Kindern von der Erzieherin auch anschaulich erklärt und können so vom Kind aus Überzeugung akzeptiert werden. Vielleicht könnte das Thema Regeln und Konsequenz in der Erziehung auch einmal in einem Elterngesprächskreis erörtert und diskutiert werden. Eltern könnten dann lernen, das Verhalten ihrer Kinder besser zu verstehen.

Brazelton und Greenspan (2002) geben in ihrem Buch "Die sieben Grundbedürfnisse von Kindern" interessante Hinweise zu Grenzen, Regeln und Konsequenz: "Indem wir Grenzen und Erwartungen mit umsichtiger Fürsorge verbinden, fordern wir unsere Kinder auf liebevolle Weise. Diese überaus wichtige Verbindung ermöglicht es ihnen, zu produktiven, schöpferischen Mitgliedern unserer Gesellschaft heranzuwachsen... Erwartungen müssen in Beziehungen eingebettet sein. Kinder müssen die Erfahrung machen, dass die sie umgebenden Erwachsenen den Anforderungen, die sie stellen, auch selbst gerecht werden. Kinder lernen nicht allein durch Beobachtung, sondern indem sie sich als Teil von Beziehungen erleben..." (S. 266).

Ideal ist es, wenn Eltern und Erzieherinnen ein wirkliches Team bilden. Erziehungsziele können gemeinsam abgesteckt und Grenzen gezogen werden, die dann auch von allen konsequent eingehalten werden. Das Kind lernt so am Modell, Regeln zu respektieren, und dies erleichtert ihm, Selbstdisziplin zu erlernen. Wenn die Beziehung zwischen Kind (und Elternhaus) und Erzieherin stimmig ist, dann wird Erziehung zu einem konstruktiven Prozess, der auch "Stürme überlebt" und in Problemsituationen Lösungen finden lässt.

In der derzeitigen Diskussion um frühe Bildung und deren (fast schon schulischen) Ausdifferenzierung in einen Förderkanon finden Beziehungs- und Bindungsaspekte leider kaum Berücksichtigung. Dies birgt die Gefahr in sich, dass der Kindergarten zu einem reinen Wissensvermittlungsort "verkommt" und kognitives Lernen isoliert von emotionalen Bezügen eingestuft wird.

In einer Reihe von Praxisbeispielen soll nun nochmals deutlich gemacht werden, wie sich Erziehung in der Erzieherin-Kind-Beziehung gestaltet:

Erstes Beispiel: Eine Erzieherin lehnt ein Kind ab. Frau K. hat eine große Abneigung gegenüber einem Jungen, der nach einem Unfall ein stark entstelltes Gesicht hat. Sie gibt ganz offen zu, dass sie dieses Kind nicht anschauen könne und sich ekeln würde, es anzufassen. Doch gerade dieses Kind, Sven, scheint Frau K. besonders zu lieben. Er sucht ihre Nähe und erfährt immer wieder, dass er nicht angenommen wird. Frau K. schließt ihn bei manchen Aktivitäten aus. Das führt dazu, dass Sven sich zurückzieht oder gar stört. Er will Aufmerksamkeit und Zuneigung. Er kämpft dafür. Durch die gestörte Erzieherin-Kind-Beziehung kommt es zu keiner Annäherung, und alle Erziehungsversuche schlagen fehl. Glücklicherweise entscheidet die Leiterin, dass das Kind in eine andere Gruppe gehen soll. Es dauert lange, bis Sven in die "Normalität" zurückfindet und mit der neuen Erzieherin ein vertrauensvolles Verhältnis und emotionale Bindung aufbauen kann.

Zweites Beispiel: Die Kinder lieben Frau B. und ihre Art, mit ihnen umzugehen, sie ernst zu nehmen. Plötzlich verändert sich Frau B. Die Kinder merken es und sind irritiert. Frau Bs. Vater liegt im Krankenhaus und befindet sich in einer Krise. Sie glaubt ihr Handeln im Griff zu haben und trotzdem merkt sie, wie sie immer häufiger ein Kind ungerecht behandelt, autoritär reagiert. Da fasst ein Kind, Karola, den Mut und fragt: "Was ist los mit dir? Du bist so anders und auf einmal so ungerecht". Frau B. erschrickt und weint. Dann fasst sie sich und erklärt Karola: "Mein Papa liegt im Krankenhaus. Vielleicht muss er sterben". Karola nimmt Frau B. in den Arm, streichelt sie. Wenig später beobachtet Frau B., wie Karola den anderen Kindern erklärt: "Ihr müsst ganz lieb zu Frau B. sein, ihr Papa liegt im Krankenhaus, vielleicht muss er sterben. Frau B. ist traurig". Wochen später wurde die Situation nochmals aufgegriffen. Gemeinsam wurde in der Gruppe diskutiert, was Gefühle sind, wie sich Gefühle entwickeln und äußern, wie man auf Gefühle reagieren kann. Dieses Gespräch war aufgrund des guten Klimas in der Gruppe offen und angenehm.

Drittes Beispiel: Susanne ist das vierte Kind in einem sehr strengen Elternhaus. Am liebsten wäre sie sieben Tage in der Woche in den Kindergarten gegangen. Immer wieder will sie wissen, wie es bei den anderen Kindern daheim ist und wie die Erzieherin lebt. Frau W. lädt immer wieder mal ein Kind zu sich zum Tee ein. So auch Susanne. Sie ist ganz besonders glücklich und schaut sich ganz gründlich um. Besonders interessiert sie sich für das Bad von Frau W. Und dort gefallen ihr die vielen kleinen Parfümfläschchen. Bei einem weiteren Besuch hält sich Susanne ganz besonders lange im Bad auf. Frau W. sieht ihre dicken Hosentaschen, als sie herauskommt, fragt aber nichts. Bevor sie Susanne wieder zurück zu ihren Eltern bringt, bemerkt sie nur, dass Susanne wohl noch einmal ins Bad gehen müsste. Verunsichert blickt Susanne Frau W. an und geht. Mit leeren Taschen kommt sie zurück. Frau W. nimmt sie in den Arm: "Dann können wir jetzt gehen!" Auch hier kommt die Beziehung zwischen der Erzieherin und dem Kind zum Tragen.

Kinderkonferenz – Rückhalt und Verständnis in der Gruppe

Die Bedeutung der Erzieherin-Kind-Beziehung zeigt sich auch in der Kinderkonferenz: Bietet sich doch hier die Möglichkeit, dass die Erzieherin sich aus dem Erziehungsgeschehen "ausklinken" kann, indem sie eine "Person", z.B. in Form einer Handpuppe, einführt und ihr die Moderation überträgt. Sie kann sich dann ganz auf die Seite der Kinder bzw. des Kindes "schlagen" und die Fragen stellen, die das Kind sich vielleicht nicht traut oder nicht artikulieren kann.

In der Kinderkonferenz kann über alles gesprochen werden: über Gefühle, positiver und negativer Art, es können Fragen gestellt, Wünsche geäußert, Projekte vorgeschlagen werden etc. – ohne dass einer der Partner sich dem anderen "auferlegen" wolle (Martin Buber). Die Kinderkonferenz bietet einen sicheren Rahmen für jedes Kind. Es ist nicht allein, sondern geschützt und eingebettet in die Atmosphäre und in die Beziehungen innerhalb der Gruppe. Die Erzieherin kann den Dialog beeinflussen, und auch Vorschläge machen, wie Erziehungsziele praktisch umgesetzt werden können. Indem sie den Kindern objektiv Lösungsvorschläge macht, kann jedes Kind für sich wählen, inwieweit es diese akzeptiert und für sich annehmen will. Erzieherisches Handeln wird so zu einem spannenden Prozess.

Schlusswort

Erziehung in der Erzieherin-Kind-Beziehung kann gelingen, wenn Klarheit über das Erziehungsverständnis, die Erziehungsziele und -methoden herrscht und es der Erzieherin gelingt, die Chancen zu nutzen, die ihr die Möglichkeit der "Vorbereitung der Umgebung" – im Sinne Maria Montessoris – eröffnet. Natürlich ist eine gute Beziehung immer auch ein schwieriger Balanceakt. Der Preis ist aber gering, wenn man damit ein gutes Ergebnis erreicht. Über Störungen in der Erziehung macht man sich viele Gedanken und entwickelt sogar Therapien, die helfen sollen. Beschäftigen wir uns doch stattdessen intensiver mit der Erzieherin-Kind-Beziehung! Steht diese Beziehung auf sicheren Füßen und ist harmonisch ausgewogen, dann wird Erziehung gelingen und werden Störfaktoren außerhalb des Kindergartens auch viel leichter bewältigt werden können.

Literatur

Bandura, A.: Sozial-kognitive Lerntheorie. Stuttgart: Klett-Cotta 1979

Brazelton, T.B./Greenspan, S.I.: Die sieben Grundbedürfnisse von Kindern. Weinheim: Beltz 2002

Csikszentmihalyi, M.: Flow. Stuttgart: Klett-Cotta, 6. Aufl. 1998

Juul, J.: Das kompetente Kind. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 3. Aufl. 1999

Largo, R.H.: Kinderjahre. München: Piper, 4. Aufl. 1999

Wild, R.: Kinder wissen, was sie brauchen. Freiburg: Herder 1998

Autorin

Ingeborg Becker-Textor ist Kindergärtnerin und Hortnerin. Sie studierte Diplom-Sozialpädagogik an der Fachhochschule Würzburg und Diplom-Pädagogik an der Universität Würzburg und hat mehrere Zusatzqualifikationen wie z.B. den Abschluss als Fachlehrerin für Werken und das Montessori-Diplom erworben.
Frau Becker-Textor arbeitete als Kindergartenleiterin in Würzburg, als Regierungsfachberaterin für Kindertageseinrichtungen in Unterfranken, als nebenberufliche Dozentin in der Ausbildung für Kinderpfleger/innen und Erzieher/innen, in der Fortbildung für Erzieher/innen und Fachkräfte in der Jugendhilfe sowie mehr als 20 Jahre lang als Referatsleiterin im Bayer. Sozialministerium (nacheinander in den Bereichen Jugendhilfe, Kindertagesbetreuung und Öffentlichkeitsarbeit). Im Ministerium war sie auch für zahlreiche Forschungsprojekte auf Landes- und Bundesebene zuständig. Von 2006 bis 2018 leitete sie zusammen mit ihrem Mann das Institut für Pädagogik und Zukunftsforschung (IPZF) in Würzburg.
Ingeborg Becker-Textor ist Autorin bzw. Herausgeberin von mehr als 20 Büchern und über 40 Medienpaketen. Sie hat ca. 140 Fachartikel in Zeitschriften, in Sammelbänden und im Internet veröffentlicht.
Homepage: https://www.ipzf.de

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