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Zitiervorschlag

Rahmenvereinbarung zur Ausbildung und Prüfung von Erziehern/Erzieherinnen

(Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 28.01.2000)


1. Ziel der Ausbildung

Ziel der Ausbildung ist die Befähigung, Erziehungs-, Bildungs- und Betreuungsaufgaben zu übernehmen und in allen sozialpädagogischen Bereichen als Erzieher oder Erzieherin selbständig und eigenverantwortlich tätig zu sein. Die Ausbildung soll eine berufliche Handlungskompetenz vermitteln, die Fach-, Methoden- und Sozialkompetenz verknüpft. Die berufliche Qualifikation kann durch Vermittlung der Fachhochschulreife ergänzt werden.

2. Ausbildungsdauer und Ausbildungsstätten

Der gesamte Ausbildungsweg dauert unter Einbeziehung der beruflichen Vorbildung in der Regel fünf Jahre, mindestens jedoch vier Jahre. Er enthält eine in der Regel dreijährige, mindestens jedoch zweijährige Ausbildung an einer Fachschule. Eine Teilzeitausbildung dauert entsprechend länger. Die praktische Ausbildung findet in unterschiedlichen sozialpädagogischen Tätigkeitsfeldern statt.

3. Zulassungsvoraussetzungen

Zur Ausbildung wird zugelassen, wer

a) einen mittleren Schulabschluss oder einen als gleichwertig anerkannten Bildungsabschluss nachweist und

b) über die geforderte berufliche Vorbildung verfügt. Sie umfasst eine abgeschlossene einschlägige Berufsausbildung oder eine in Abhängigkeit von der Dauer der Ausbildung nach Landesrecht als gleichwertig anerkannte Qualifizierung.

4. Inhalt der Ausbildung

4.1 Rahmenvorgaben

Die Ausbildung umfasst mindestens 2400 Stunden Unterricht und mindestens 1200 Stunden Praxis in sozialpädagogischen Tätigkeitsfeldern. Aus einer zweijährigen einschlägigen vollzeitschulischen Vorbildung können bis zu 600 Stunden des praktischen Anteils in die Ausbildung eingebracht werden.

Rahmenstundentafel

Berufsübergreifender Lernbereich: mindestens 360 Std.*

Berufsspezifischer Lernbereich: mindestens 1.800 Std.*

Praxis in sozialpädagogischen Tätigkeitsfeldern: mindestens 1.200 Std.

Gesamtstunden: mindestens 3.600 Std.

* Die Differenz zum Mindestgesamtumfang ist länderspezifisch auszugleichen.

Die Ausbildung umfasst folgende Bereiche:

  • Kommunikation und Gesellschaft
  • Sozialpädagogische Theorie und Praxis
  • Musisch-kreative Gestaltung
  • Ökologie und Gesundheit
  • Organisation, Recht und Verwaltung
  • Religion/Ethik nach dem Recht der Länder.

4.2 Qualifikationsbeschreibungen

Kinder und Jugendliche zu erziehen, zu bilden und zu betreuen erfordert Fachkräfte,

  • die das Kind und den Jugendlichen in seiner Personalität und Subjektstellung sehen.
  • die Kompetenzen, Entwicklungsmöglichkeiten und Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen in den verschiedenen Altersgruppen erkennen und entsprechende pädagogische Angebote planen, durchführen, dokumentieren und auswerten können.
  • die als Personen über ein hohes pädagogisches Ethos, menschliche Integrität sowie gute soziale und persönliche Kompetenzen und Handlungsstrategien zur Gestaltung der Gruppensituation verfügen.
  • die im Team kooperationsfähig sind.
  • die aufgrund didaktisch-methodischer Fähigkeiten die Chancen von ganzheitlichem und an den Lebensrealitäten der Kinder und Jugendlichen orientiertem Lernen erkennen und nutzen können.
  • die in der Lage sind, sich im Kontakt mit Kindern und Jugendlichen wie auch mit Erwachsenen einzufühlen, sich selbst zu behaupten und Vermittlungs- und Aushandlungsprozesse zu organisieren.
  • die als Rüstzeug für die Erfüllung der familienergänzenden und -unterstützenden Funktion über entsprechende Kommunikationsfähigkeit verfügen.
  • die aufgrund ihrer Kenntnisse von sozialen und gesellschaftlichen Zusammenhängen die Lage von Kindern, Jugendlichen und ihren Eltern erfassen und die Unterstützung in Konfliktsituationen leisten können.
  • die Kooperationsstrukturen mit anderen Einrichtungen im Gemeinwesen entwickeln und aufrechterhalten können.
  • die in der Lage sind, betriebswirtschaftliche Zusammenhänge zu erkennen sowie den Anforderungen einer zunehmenden Wettbewerbssituation der Einrichtungen und Dienste und einer stärkeren Dienstleistungsorientierung zu entsprechen.

4.3 Didaktisch-methodische Grundsätze

Die Qualifizierung erfordert eine prozesshafte Ausbildung in enger Verzahnung der unterschiedlichen Lernorte, die den subjektiven Lernprozess der künftigen Erzieher und Erzieherinnen berücksichtigt.

Zur vertiefenden Auseinandersetzung mit eigenen und fremden Erwartungen an die Tätigkeit eines Erziehers/einer Erzieherin in sozialpädagogischen Arbeitsfeldern ist im Verlauf der Ausbildung ein Konzept der Berufsrolle zu entwickeln.

Durch Analyse und Überprüfung der eigenen Reaktionsmuster und Einschätzungsmöglichkeiten sind Konzepte zu entwickeln, die die angehenden Erzieher und Erzieherinnen befähigen, ihr sozialpädagogisches Handeln auf der Grundlage eines reflektierenden Fremdverstehens zu begründen.

Im Verlauf der Ausbildung ist die Fähigkeit zu entwickeln, eigenverantwortlich und zielorientiert bei Kindern und Jugendlichen Erziehungs-, Bildungs- und Betreuungsprozesse zu gestalten.

Zur Professionalisierung des eigenen sozialpädagogischen Handelns bedarf es der Wahrnehmung der beruflichen Tätigkeit als Prozess, in dem es darauf ankommt, Strategien für ein selbständiges und eigenverantwortliches Handeln zu entwickeln, sie zu dokumentieren und zu überprüfen und dabei gleichzeitig die wechselnden Anforderungen der Praxis zu berücksichtigen.

5. Abschlussprüfung

5.1 Zweck der Abschlussprüfung

In der Abschlussprüfung soll nachgewiesen werden, dass das Ziel der Ausbildung erreicht worden ist.

5.2 Durchführung der Prüfung

In der schriftlichen Prüfung werden mindestens zwei Arbeiten aus dem berufsspezifischen Lernbereich unter Aufsicht angefertigt. Die Prüfungszeit beträgt dafür insgesamt mindestens sechs Zeitstunden.

Die schriftliche Prüfung kann in einem Bereich durch eine schriftliche Facharbeit mit anschließender Präsentation der Ergebnisse im Rahmen eines Kolloquiums unter prüfungsmäßigen Bedingungen ersetzt werden.

Zusätzlich ist durch ein geeignetes Verfahren festzustellen, ob der Prüfungsteilnehmer bzw. die Prüfungsteilnehmerin die in der Ausbildung erworbenen Qualifikationen in der praktischen sozialpädagogischen Arbeit umsetzen kann.

Eine mündliche Prüfung kann vorgesehen werden.

5.3 Ergebnis der Prüfung

Das Gesamtergebnis der Abschlussprüfung lautet "bestanden" oder "nicht bestanden". Die Abschlussprüfung ist bestanden, wenn mindestens ausreichende Leistungen erbracht sind. Der Notenausgleich für nicht ausreichende Leistungen richtet sich nach den Bestimmungen der Länder.

Die Prüfung kann wiederholt werden. Die Einzelheiten bestimmen die Regelungen der Länder.

5.4 Abschlusszeugnis und Berufsbezeichnung

Wer die Abschlussprüfung bestanden hat und die weiteren nach den Bestimmungen der Länder erforderlichen Voraussetzungen erfüllt, erhält ein Abschlusszeugnis. Das Abschlusszeugnis ist eine Voraussetzung zur Führung der Berufsbezeichnung "Staatlich anerkannter Erzieher/Staatlich anerkannte Erzieherin". Verfahrensregelungen hierzu treffen die Länder.

6. Prüfung für Nichtschüler/Nichtschülerinnen

Eine Prüfung für Nichtschüler/Nichtschülerinnen kann vorgesehen werden. Zur Prüfung wird zugelassen, wer die Voraussetzungen nach Ziffer 3 erfüllt. Darüber hinaus müssen Bildungsgang und Berufsweg erwarten lassen, dass die Qualifikationen erlangt wurden, wie sie an einer entsprechenden Fachschule erworben werden.

Die Prüfung kann nicht früher abgelegt werden, als es bei normalem Schulbesuch möglich gewesen wäre.

Die Prüfung soll grundsätzlich in allen Lernbereichen durchgeführt werden. Umfang und Anforderungen müssen denen der Regelausbildung entsprechen.

Nach bestandener Prüfung wird ein Abschlusszeugnis erteilt, aus dem hervorgeht, dass die Prüfung für Nichtschüler/Nichtschülerinnen abgelegt wurde.

7. Gegenseitige Anerkennung

Die Länder erkennen die nach dieser Rahmenvereinbarung erteilten Abschlusszeugnisse gegenseitig an.

8. Schlussvorschriften

Die Rahmenvereinbarung über die Ausbildung und Prüfung von Erziehern/Erzieherinnen (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 24.09.1982) wird aufgehoben.