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Zitiervorschlag

Familialer Wandel: Entwicklungstendenzen und Auswirkungen

Martin R. Textor


Die Familie ist das wichtigste Lebensfeld für Kleinkinder. Bevor Kinder in den Kindergarten kommen, sind ihre Entwicklung, ihr Verhalten und Erleben mindestens drei Jahre lang von ihren Eltern und anderen Familienmitgliedern geprägt worden. Wollen wir als Erzieherinnen familienergänzend und -unterstützend arbeiten, benötigen wir erstens allgemeine Informationen über die Familien von heute, ihre Struktur, ihre Formen und Probleme. So sollen in diesem Artikel einige wissenschaftliche Erkenntnisse über die Familie dargestellt werden. Dabei werden wir uns auf Entwicklungstendenzen konzentrieren, die im Rückblick auf die letzten 50 bis 150 Jahre deutlich werden.

Zweitens benötigen wir Informationen über die Familienverhältnisse der Kinder in unserer Gruppe. Haben Sie sich schon einmal vergegenwärtigt, wie wenig wir über Eltern, Großeltern und Geschwister unserer Kindergartenkinder wissen? Wir sollten gezielt mit dem Sammeln und Erfassen relevanter Informationen beginnen, uns mehr Zeit für Tür-und-Angel-Gespräche mit Eltern nehmen und uns allgemein nach ihrem Familienleben erkundigen.

Drittens müssen wir uns mit unseren eigenen Erfahrungen in Herkunfts- und Zeugungsfamilie beschäftigen. Durch sie wird unser Familienbild geprägt. Dieses benutzen wir oft unbewusst als Maßstab, um daran die Familien unserer Kindergartenkinder zu messen. Hier besteht die Gefahr, dass wir Familienverhältnisse, die nicht unseren Vorstellungen entsprechen, negativ beurteilen - obwohl diese den betroffenen Kindern durchaus positive Entwicklungsbedingungen bieten können. Das gilt besonders für "untypische" Familienformen wie beispielsweise Teil- und Stieffamilien oder nichteheliche Lebensgemeinschaften.

Familiengröße und -struktur

Im Vergleich zur ersten Hälfte des 19. und den vorausgegangenen Jahrhunderten werden heute Ehen nicht mehr arrangiert, sind sie nicht mehr von der Zustimmung Dritter abhängig. Aufgrund der erst seit wenigen Jahrzehnten zur Verfügung stehenden Mittel für die Empfängnisverhütung und der zunehmenden Toleranz gegenüber Alleinerziehenden sind auch "Muss-Ehen" gegenüber früher selten geworden. So können wir davon ausgehen, dass die meisten Eltern von Kindergartenkindern aus Liebe (oder aus weniger positiven unbewussten Motiven heraus) geheiratet haben und dass die meisten Kinder absichtlich gezeugt wurden. Dies hat natürlich Auswirkungen auf die Familienatmosphäre und das elterliche Verhalten gegenüber den Kindern.

Die Möglichkeit der Geburtenkontrolle - aber auch der Ausbau des Sozialstaates, der mitbedingt hat, dass Kinder nicht mehr als Ernährer alter oder kranker Eltern benötigt werden - hat zu einer Reduzierung der Zahl der Schwangerschaften pro Frau geführt. Jedoch ist die Familiengröße nicht in dem Ausmaß zurückgegangen, wie früher vermutet wurde: Die Auffassung, dass im 19. bzw. in den vorausgegangenen Jahrhunderten Großfamilien vorgeherrscht hätten, wurde inzwischen von der Wissenschaft als falsch entlarvt. So betrug z.B. in Bayern die durchschnittliche Haushaltsgröße in den Jahren 1818, 1852 und 1871 4,6 Personen, stieg 1900 kurz auf 4,7 Personen an und sank dann 1925 auf 4,3, 1950 auf 3,2 und 1980 auf 2,6 Personen (Hubbard 1983). Dabei muss berücksichtigt werden, dass es sich bei diesen Zahlen um die Haushaltsgröße handelt - zieht man die große Anzahl der Knechte und Mägde, des Hauspersonals und der unverheirateten Verwandten ab, die früher mit Zeugungsfamilien zusammenlebten, kommt man für das 19. und beginnende 20. Jahrhundert zu Familiengrößen, die bei weitem unter der von "Großfamilien" liegen. Dies bedeutet, dass Kinder auch damals in ihren Familien relativ selten Spielkameraden fanden, was durch große Altersunterschiede (wegen der hohen Kindersterblichkeit) zwischen vielen Geschwistern mitbedingt wurde. Aufgrund der anderen Struktur der Bevölkerungspyramide gab es aber im Gegensatz zu heute viele Gleichaltrige in ihrem sozialen Umfeld.

Wie konnte der "Mythos von der Großfamilie" entstehen? Zum einen wurde das hohe Heiratsalter zu wenig beachtet, das z.B. Anfang des 19. Jahrhunderts in ländlichen Regionen Bayerns beim Bräutigam durchschnittlich 28 Jahre und bei der Braut 27 Jahre betrug (Ohe 1985). Es ließ in Verbindung mit der niedrigeren Lebenserwartung und dem früheren Eintreten der Menopause nur etwa 15 Jahre für die Zeugung von Kindern übrig. Zum anderen wurde die hohe Mütter- und Kindersterblichkeit zu wenig berücksichtigt.

So sind die heute oft beklagte Instabilität von Familien, die große Zahl von Alleinerziehenden und die Vielzahl von Stieffamilien keinesfalls neue Phänomene. Geändert hat sich nur, dass die Ursachen nicht mehr im vorzeitigen Tod eines Elternteils liegen, sondern in der hohen Scheidungsrate: Beispielsweise stieg in Bayern die Zahl der Scheidungen auf je 1.000 Eheschließungen von 6 in den Jahren 1936/40 auf 274 im Jahr 1986. Viele Kindergartenkinder sind von der Scheidung ihrer Eltern betroffen, da sich diese zumeist in den ersten Ehejahren trennen. Hier müssen wir bedenken, dass es Kinder in der Regel schwerer fällt, das Auseinanderbrechen ihrer Familie zu verarbeiten, als den Tod eines Elternteils. Zum einen geht der Scheidung eine lange Phase der Konflikte und Entfremdung voraus, ist sie mit vielen Auseinandersetzungen verbunden. Dies belastet Eltern und Kinder, verschlechtert die Erziehungsleistung der Familie. Zum anderen existiert der nichtsorgeberechtigte Elternteil weiter, besteht die Gefahr der Fortsetzung von Konflikten und pathogenen Beziehungen. Auch das Leben in Stieffamilien wird oft hierdurch belastet. So ist eine andere Situation gegeben als bei Teil- oder Zweitfamilien in früheren Jahrhunderten.

Die Auffassung, dass heute viele Familien aufgrund der Urbanisierung mit der größeren Anonymität der städtischen Lebensweise, wegen der Mobilität oder der Ausgliederung von Verwandten aus dem Haushalt isoliert seien, wurde ebenfalls als Mythos entlarvt: Nahezu alle Familien sind in ein großes Netzwerk von Verwandten, Freunden und Bekannten eingebettet. Ein besonders intensiver Austausch von Gütern und Dienstleistungen besteht zwischen Herkunfts- und Zeugungsfamilien. Viele Großeltern übernehmen häufig die Kinderbetreuung; rund 80 % der pflegebedürftigen alten Menschen werden im Familienverband versorgt. Jedoch sind Familien heute autonomer geworden, werden weniger durch Verwandtschaft und Nachbarn kontrolliert. Die Familienmitglieder können ihren Lebenslauf selbst bestimmen und individuell gestalten.

Im Vergleich zu vergangenen Jahrhunderten ist ferner eine deutliche Entwicklung weg von patriarchalischen Familienstrukturen und hin zu mehr Partnerschaft und Mitbestimmung festzustellen. Einerseits hat der Ehemann an Macht gegenüber der Ehefrau eingebüßt, andererseits haben die Eltern einen großen Teil ihrer Autorität gegenüber den Kindern verloren. Schon kleinere Kinder werden bei anstehenden Familienentscheidungen nach ihrer Meinung gefragt und bestimmen mit über Familienaktivitäten. Generell wird Kindern mehr Entscheidungsfreiheit gewährt - was z.B. Kleidung, Essen und Freizeit betrifft. Auch werden ihnen zu einem jüngeren Alter als früher Rechte zugesprochen: Beispielsweise dürfen sie eher eine eigene Meinung gegenüber ihren Eltern vertreten oder gegengeschlechtliche Freundschaften schließen.

Die Rolle der Frau

Besonders stark hat sich die Frauenrolle verändert: Ehefrauen sind selbständiger, unabhängiger und emanzipierter geworden. Zudem sind sie häufiger außerhäuslich berufstätig. Waren 1882 erst 29,2 % aller Erwerbstätigen weiblich (Hubbard 1983), so galt dies 1988 bereits für 38,8 %. Jedoch ist davon auszugehen, dass früher weniger Frauen als heute Hausfrauen waren: Sie mussten auf dem Hof, in der Werkstatt oder im Geschäft des Mannes mitarbeiten - das eigentliche Neue ist also einerseits die außerhäusliche Erwerbstätigkeit, andererseits die auf Haushalt und Kindererziehung beschränkte Frauenrolle. Dementsprechend muss angenommen werden, dass Mütter früher vermutlich auch nicht mehr Zeit für die Kindererziehung hatten als berufstätige Mütter heute. Jedoch waren die Kinder meistens in ihrer Nähe, lernten von ihnen durch Nachahmung.

Ferner hat sich die Frauenrolle aufgrund der steigenden Lebenserwartung verändert: Diese betrug 1871-1880 (bei der Geburt) 38,5 Jahre, 1981-1983 jedoch 77,1 Jahre (Hubbard 1983). In Verbindung mit der niedrigen Geburtenrate hat dies die Konsequenz, dass das Leben der meisten Frauen ab dem 35. Lebensjahr für die nächsten 40 Jahre nicht mehr mit Kindererziehung ausgefüllt werden kann. Frauen- und Mutterrolle haben sich also in den vergangenen 100 Jahren auseinander entwickelt; Frauen können im Vergleich zu früher über mehr als die Hälfte ihres Erwachsenenlebens frei verfügen, ohne durch Kinder eingeschränkt zu werden.

Im Verlauf der letzten 150 Jahre hat sich ferner der Familienzyklus geändert: Viele Paare leben zunächst unverheiratet zusammen und "legalisieren" ihr Verhältnis erst, wenn sie ein Kind zeugen wollen oder gezeugt haben. Andere schieben nach der Heirat die Zeugung eines Kindes zunächst auf, was früher aufgrund fehlender Mittel der Empfängnisverhütung nicht möglich war. Die durch Schwangerschaften, Geburten und das Vorhandensein von Kleinkindern gekennzeichnete Phase des Familienzyklus ist sehr viel kürzer geworden. Die Phasen mit Schulkindern oder Jugendlichen sind aufgrund der langen Schul- und Ausbildungszeiten im Vergleich zum Mittelalter neu hinzugekommen bzw. im Vergleich zum 19. Jahrhundert länger geworden. Viele junge Erwachsene sind noch bis zu ihrem 30. Lebensjahr (und länger) von ihren Eltern finanziell abhängig - was im Grunde aber kein neues Phänomen ist, da in der Vergangenheit Kinder auch bis in dieses Alter hinein warten mussten, bevor sie den elterlichen Hof oder Handwerksbetrieb übernehmen durften. Die Phase des Familienzyklus nach Ablösung der Kinder und die Phase der "alten" Familie haben hingegen erst in diesem Jahrhundert an Bedeutung gewonnen.

Funktionswandel

Im Verlauf der letzten 150 Jahre ist bei Familien ein deutlicher Funktionswandel zu beobachten. So haben sie einen großen Teil ihrer Produktionsfunktion verloren - selbst auf dem Land gibt es heute keine Familien mehr, die sich weitgehend selbst versorgen. In der Regel ist ihnen nur noch die Haushaltsproduktion geblieben (also Haushaltsführung, Kindererziehung und kleinere Reparaturen). Da sie nicht entlohnt wird, wird ihr nur ein geringer Wert von der Gesellschaft zugesprochen - obwohl eine Bewertung der ihr zugeordneten Tätigkeiten nach dem Bundesangestellten-Tarif (BAT) Mitte der 80er Jahre eine gesamtwirtschaftliche Wertschöpfung von 1.089.071.573.000 DM ergäbe, was 68 % des Bruttosozialprodukts ausmachen würde (Krüsselberg, Auge und Hilzenbecher 1986). Hier wird deutlich, wie stark "weibliche" Tätigkeitsfelder wie Hausarbeit und Kinderbetreuung unterbewertet werden. Auch ist die heute weit verbreitete negative Sicht der Hausfrauenrolle nicht gerechtfertigt.

Obwohl die Familie einen großen Teil ihrer Produktionsfunktion verloren hat, ist ihre Bedeutung als Teilsystem der Wirtschaft größer geworden. Während früher Familien mehr oder minder autark waren und sich kaum an Marktbeziehungen beteiligten, ist heute eine starke Marktverflechtung festzustellen: Familien konsumieren fortwährend und mit noch zunehmender Tendenz Güter und Dienstleistungen. Außerdem sind ihre erwachsenen Mitglieder bis zum Rentenalter in Wirtschaft und Verwaltung produktiv tätig.

Damit ist eine weitere Entwicklung der letzten 150 Jahre angesprochen, nämlich die Trennung von Arbeitsplatz und Familienleben. Eine Folge ist, dass ein Ehepartner häufig keine genaue Vorstellung von der beruflichen Tätigkeit des anderen hat, dass Kinder sich berufliche Fertigkeiten nicht mehr durch Nachahmung ihrer Eltern aneignen können und dass sie häufig der Arbeitswelt fremd gegenüberstehen. Eine weitere Folge ist, dass der Familienzusammenhalt nicht mehr durch äußere Notwendigkeiten gestützt wird: Familien sind zerbrechlicher geworden, weil die Ehepartner nicht mehr wirtschaftlich aufeinander angewiesen sind und auch getrennt voneinander durch Erwerbsarbeit "überleben" können.

Im Vergleich zu früher hat die kulturelle Funktion der Familie an Bedeutung verloren. Während in vergangenen Jahrhunderten Familienmitglieder an der Gestaltung von Volks- und Kirchenfesten beteiligt waren, Gebräuche und Sitten pflegten, Märchen und Sagen mündlich tradierten, Hausmusik und Gesang pflegten, beschränkt sich heute ihre Teilnahme am Kulturleben zumeist auf den Medienkonsum oder den Besuch von Konzerten, Theatervorstellungen usw. Ähnliches gilt für die religiöse Funktion der Familie: Es gibt mehr konfessionelle Mischehen; das gemeinsame Beten oder der Kirchgang sind seltener geworden; nur noch wenige Eltern vermitteln ihren Kindern die kirchlichen Lehren; das Familienleben ist nur noch in Einzelfällen christlich geprägt.

Hingegen hat die Freizeitfunktion an Bedeutung gewonnen. Im Verlauf der letzten Jahrzehnte ist die Wochenarbeitszeit kontinuierlich zurückgegangen, sind die Urlaubsansprüche gestiegen. So steht mehr Zeit für Aktivitäten im Familienverband zur Verfügung. Es gibt immer mehr kommerzielle Freizeitangebote, die von Familien genutzt werden können. Auch wird vermehrt in der Freizeit nach Selbstverwirklichung und Lebenssinn gesucht. Aufgrund der hohen Belastung durch den Beruf und des aus dem Leben in einer hochtechnisierten Gesellschaft resultierenden Stresses hat ferner die Funktion der gefühlsmäßigen Stabilisierung an Relevanz gewonnen: Die Familienmitglieder erwarten daheim Verständnis, Wärme, Zuneigung, Solidarität und emotionale Unterstützung.

Familienerziehung

Während der Zeugung von Kindern als zentrale Funktion der Ehe in den Hintergrund getreten ist (wie auch der Bevölkerungsrückgang zeigt), ist die Sozialisationsfunktion wichtiger geworden. Zum einen sind die Erwartungen der Gesellschaft an die Familienerziehung gestiegen, insbesondere was die Vorbereitung auf die Schule, die Förderung schulischer Leistungen und die Befähigung zum Leben in einer hochkomplexen Gesellschaft betrifft. Zum anderen stellen Eltern an sich selbst als Erzieher höhere Ansprüche und denken mehr über Erziehung nach. Die Entwicklung verläuft in Richtung auf aktivere Elternschaft und intensivere Förderung der Kinder. Es wird mehr Wert auf die Schulbildung, die berufliche Ausbildung oder ein Universitätsstudium gelegt. Hier wird auch deutlich, dass die Familie im Verlauf der letzten Jahrhunderte viele Bildungsaufgaben an spezialisierte Teilsysteme der Gesellschaft abgetreten hat.

Es ist anzunehmen, dass Erziehung heute als eine schwierigere Aufgabe betrachtet wird als z.B. vor 100 Jahren. So ergab eine nicht repräsentative Befragung von 155 Elternpaaren mit mindestens einem Kind im Kindergartenalter, dass 52 % der Mütter und 40 % der Väter öfters Probleme im Umgang mit ihren Kindern erlebten (Stein 1983). Hier spielt sicherlich auch das Fehlen eindeutiger Orientierungsmaßstäbe eine Rolle. Während sich früher wohl viele Erwachsene an der eigenen Erziehung orientiert haben, hat heute gut die Hälfte aller Erwachsenen mit der Erziehungstradition ihrer Eltern gebrochen (Jugendwerk der Deutschen Shell 1985). Auch verunsichert die Vielzahl miteinander konkurrierender Erziehungsziele und -stile, die den die heutige Gesellschaft charakterisierenden Wertepluralismus widerspiegelt. Schließlich ist anzunehmen, dass Eltern heute mehr Problembewusstsein haben und den eigenen Erziehungsbemühungen kritischer gegenüberstehen als früher. (Auch dürften sie sehr viel höhere Anforderungen und Erwartungen an familienergänzende Kinderbetreuungseinrichtungen stellen.)

Im Verlauf der letzten 150 Jahre sind die Kinder immer mehr in das Zentrum der Familie gerückt, beanspruchen sie mehr Zeit, Energie und Geld. Ihrer Individualität wird mehr Raum zugestanden, ihre Einzigartigkeit anerkannt. Auch die Erziehungsziele haben sich verändert: Anstatt von Gehorsam, Fleiß, Höflichkeit, Ordnungsliebe usw. werden heute Selbständigkeit, Mündigkeit, Verantwortungsbewusstsein, Toleranz u. Ä. betont. Die Erziehung ist weniger geschlechtsspezifisch geworden; ein gesellschaftsuntypisches Verhalten wird von Eltern eher akzeptiert.

Schlussbemerkung

Wie unsere Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur befinden sich auch unsere Familien in einem fortwährenden Wandel: In der Vergangenheit und in der Gegenwart sind viele unterschiedliche Familienformen und Lebensweisen festzustellen. Nur wenn wir die Entwicklungstendenzen kennen, kann der Kindergarten seine familienunterstützende und -ergänzende Funktion erfüllen. So können viele der sich eher negativ auswirkenden Veränderungen zum Teil aufgefangen und kompensiert werden. Beispielsweise kann der Kindergarten die soziale Erziehung von Einzelkindern fördern, Kindern durch Besuche von Eltern an deren Arbeitsplatz einen Eindruck von der Arbeitswelt verschaffen, sie in die Welt der Märchen, Überlieferungen und Gebräuche einführen, ihre religiöse Erziehung unterstützen und ihnen bei Scheidungsproblemen u. Ä. helfen. Ferner kann er ihren Eltern den Austausch über Erziehungsfragen und -probleme ermöglichen.

Literatur

Hubbard, W.H.: Familiengeschichte. Materialien zur deutschen Familie seit dem Ende des 18. Jahrhunderts. München: Beck 1983

Jugendwerk der Deutschen Shell: Jugendliche und Erwachsene '85. Generationen im Vergleich. Band 3: Jugend der fünfziger Jahre - heute. Opladen: Leske & Budrich 1985

Krüsselberg, H.-G., Auge, M., Hilzenbecher, M.: Verhaltenshypothesen und Familienzeitbudgets - Die Ansatzpunkte der "Neuen Haushaltsökonomik" für Familienpolitik. Stuttgart, Berlin, Köln, Mainz: Kohlhammer 1986

Ohe, W. von der: Bayern im 19. Jahrhundert - ein Entwicklungsland? Möglichkeiten und Grenzen des Beitrages der vergleichenden Sozialforschung. In: C. Grimm (Hg.): Linien der Entwicklungsgeschichte. Aufbruch ins Industriezeitalter, Band 1. München: Oldenbourg 1985, S. 169-202

Stein, A.: Selbstbild und Erziehungsverständnis junger Ehepaare. Konstanz: Hartung-Gorre 1983

Textor, M.R.: Familien: Soziologie, Psychologie. Eine Einführung für soziale Berufe. Freiburg: Lambertus 1991

Autor

Dr. Martin R. Textor studierte Pädagogik, Beratung und Sozialarbeit an den Universitäten Würzburg, Albany, N.Y., und Kapstadt. Er arbeitete 20 Jahre lang als wissenschaftlicher Angestellter am Staatsinstitut für Frühpädagogik in München. Von 2006 bis 2018 leitete er zusammen mit seiner Frau das Institut für Pädagogik und Zukunftsforschung (IPZF) in Würzburg. Er ist Autor bzw. Herausgeber von 45 Büchern und hat 770 Fachartikel in Zeitschriften und im Internet veröffentlicht.
Homepage: https://www.ipzf.de
Autobiographie unter http://www.martin-textor.de