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Zitiervorschlag

Lernen im Praxissemester. Unterschiede zwischen Inlands- und Auslandspraktika in Studiengängen zur Bildung und Erziehung in der Kindheit. Eine Studie an der Hochschule Esslingen

Lore Miedaner

 

1. Das Forschungsprojekt

Der Studiengang "Bildung und Erziehung in der Kindheit" an der Hochschule Esslingen existiert seit dem Wintersemester 2006. Der Konzeption des Studienganges liegt das Grundverständnis einer engen Verzahnung von Theorie und Praxis zu Grunde. Deshalb sind Praktika wichtige Teile des Studiums: Praktika im In- und Ausland.

Bei Praktika im Inland erhofften wir uns, dass die Studierenden den gegenwärtigen Stand der professionellen Arbeit mit Kindern erleben und reflektieren können und dass sie die aktuelle Fachdiskussion und ihre Auswirkungen in der Praxis verfolgen. Für Auslandspraktika spricht die zusammenrückende internationale Bildungslandschaft und das Kennenlernen andernorts entwickelter innovativer Konzepte. Das Einfinden in Institutionen, das Erkunden der Erlebniswelt der Kinder und ihrer Umwelt sowie das sich selbst Erproben ist hier wie dort ein integraler Bestandteil des Lernens in der Praxis. Die sehr verschiedenen Erfahrungen, von denen die Studierenden aus ihren Stellen im In- und Ausland berichteten, und der unterschiedliche persönliche Lerngewinn waren der Anlass zu einer qualitativen Studie.

Von den 25 Studierenden des Studiengangs wurden 16 mit einem geschlossenen Interviewleitfaden befragt und zwar diejenigen, die in Einrichtungen mit Kindern ihr Praxissemester absolvierten. 10 von ihnen taten dies im Ausland und 6 im Inland (1).

Bei den Praxisstellen im Inland handelte es sich um betreutes und vollstationäres Wohnen für junge Mütter mit Kindern im Alter von null bis vier Jahren, um Hilfen zur Erziehung (HzE) (2) und um klassische Kindertageseinrichtungen. Vier der Praxisstellen waren in öffentlicher Trägerschaft, eine in freigemeinnütziger und eine in privater. Die Stellen in den HzE waren im Jugendamt angesiedelt. Beim Fachpersonal handelte es sich vorwiegend um Sozialpädagog/innen und Erzieher/innen.

Bei den Praxisstellen im Ausland zeigte sich dagegen eine teilweise andere institutionelle Struktur. Die Studentinnen waren in Kindertageseinrichtungen, Vorschulen oder Familienzentren (3) in England, Irland, Polen, Schweden und Thailand tätig. Die Arbeitssprache war in allen Praktikumstellen - bis auf die polnische - Englisch. Zum Teil befanden sich die Einrichtungen in privater Trägerschaft, manche davon gehörten großen international operierenden Trägern an, andere waren von Privatpersonen als Organisation mit ein oder zwei Einrichtungen gegründet worden. Die kleinste Einrichtung hatte 30 Kinder, die größte 150. Die Qualifikation des Fachpersonals war sehr unterschiedlich; die Spanne reichte von einer einjährigen Colleg-Ausbildung bis zu einem Universitätsstudium. In manchen Einrichtungen arbeiteten jedoch auch Personen ohne Ausbildung an verantwortlicher Stelle mit Kindern. In den meisten Einrichtungen war eine Mischung der Qualifikationen vorhanden.

Wie die Praxisstellen im Ausland, so entsprachen auch die im Inland der Ausbildungsintention des Studienangebotes an der Hochschule Esslingen, das nicht nur auf die Arbeit in Kindertageseinrichtungen vorbereiten will, sondern auch auf die in angrenzenden Feldern, wie z.B. in der Frühförderung oder in den Hilfen zur Erziehung. Das Studium verbindet früh-, elementar-, außerunterrichtliche primar- und sozialpädagogische Inhalte. Im Mittelpunkt steht die Altersgruppe von Kindern von null bis 10 Jahren und deren Kindheit im familiären und gesellschaftlichen Kontext.

Es war anzunehmen, dass schon allein die unterschiedlichen Bildungstraditionen und Institutionentypen im In- und Ausland zu unterschiedlichen Lernergebnissen bei den Praktikantinnen führen würden. Bei der Auswertung der Interviews zeigte sich aber, dass die Unterschiede zwischen Inlands- und Auslandspraktika eher graduell denn prinzipiell sind. Dennoch gibt es einige markante Unterschiede, die im Folgenden näher beleuchtet werden.

2. Lernen in Verbindung von Theorie und Praxis

2.1 Theoretische Grundgedanken: Konstruktivismus und Subjektive Theorien

Praktika sind zentraler Bestandteile des Studiums an Fachhochschulen. Ihnen kommt in Verbindung mit den Lehrveranstaltungen eine integrierende Funktion im Hinblick auf die unterschiedlichen Lehrinhalte und Handlungserfordernisse in der Praxis zu. Sie lassen sich jedoch nicht in ein Wissensgebiet oder eine Fächerstruktur einsortieren (4).

Durch die Praktika sollen die Studierenden einschlägige Berufsfelder bereits während ihres Studiums kennen lernen und berufliche Handlungsfähigkeit in Verbindung von Theorie und Praxis erlangen. Sie sollen dabei z.B.

  • Einsichten in die Tätigkeiten und Berufsprofile von Kindheitspädagogen (5) erlangen,
  • Erfahrungen in wissenschaftsbasierter Planung, Durchführung und Reflexion von professionellen Aufgaben gewinnen,
  • Erfahrungen in der Selbst- und Fremdwahrnehmung machen,
  • Einblicke in die Organisation, Verwaltung und Leitung einer Dienststelle erwerben,
  • in Teilbereichen berufliche Selbständigkeit erlangen und
  • sich selbst und andere in ihrer Fachlichkeit einschätzen und bewerten lernen.

Eine gute Praxis bietet den Lernenden die Möglichkeit, ihre Motivation für das Berufsfeld genauer zu klären, sich fachlich und persönlich weiter zu entwickeln und sich auf eine längerfristige berufliche Perspektive vorzubereiten. Ein Praktikum fordert eine andere Form des Lernens, als die Studierenden es bis dahin überwiegend an der Hochschule gewohnt waren. Es bedeutet Lernen in der beruflichen Realität, die ständig neue Handlungsanforderungen in komplexen Situationen stellt und fachliche - nicht nur intuitive Handlungsfähigkeit - verlangt (6). Praktikant/in zu sein bedeutet zugleich, sich in einer abhängigen Position zu befinden, die angemessen gestaltet werden muss.

Die Praktikantinnen nehmen die neue Situation mit allen Sinnen wahr, das bisher theoretisch Gelernte gerät auf den Prüfstand, die Wirkung der eigenen Person wird erfahren. Das Lernen wird durch ihre emotionale Gestimmtheit kontextualisiert, dabei hängt die Qualität der realen Begegnungen für den Lerngewinn stark von der Vorbereitung auf das Praktikum sowie von der Beziehung und Fachlichkeit der Anleitung und von dem Kollegenkreis ab (7).

Ein Praktikum, vor allem eines von längerer Dauer, bedeutet immer eine Herausforderung, die aber beim Auslandpraktikum besonders hoch ist. Hier kommt im Gegensatz zum Inlandspraktikum noch hinzu, dass es in einer anderen Kultur, einer anderen bildungs- und sozialpolitischen Tradition sowie in den meisten Fällen in einer anderen als der Muttersprache stattfindet. Dies stellt besondere Anforderungen und setzt Risikobereitschaft voraus. Die Studierenden beginnen ihr Praktikum - egal ob im In - oder Ausland nicht voraussetzungsfrei, sondern mit vielfältigen lebensgeschichtlichen Erfahrungen sowie mit ersten theoretischen Kenntnissen und praktischen Erfahrungen in ihrem zukünftigen Berufsfeld, die überwiegend in der deutschen Kultur erworben wurden (8).

Ganz allgemein gilt: Die subjektiven Theorien, die das Individuum aus der Vielfalt des bisher Erlebten gebildet hat, werden sich im Praxissemester aller Wahrscheinlichkeit nach verändern. Das Ziel des Praktikums ist es, dass sich die Studierenden durch Erfahrung und Auseinandersetzung unter fachlicher Anleitung entsprechend der professionellen Anforderungen entwickeln. Lernen im Praktikum ist damit ein co-konstruktiver, dialogischer Prozess. Die Aufgabe der Praktikantin ist dabei, "alte" dysfunktional gewordene Wahrheiten und Denkweisen aufzubrechen und Neues, fachlich Angemessenes, zu integrieren.

Damit das Praxissemester produktiv verläuft, haben Praxisanleitung und die Hochschule eine Ausbildungsverantwortung. Ihre Aufgabe ist es, die Studierenden darin zu unterstützen, Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten und eigene Persönlichkeit so aufeinander zu beziehen, dass die Praktikantin eine vertrauenswürdige und kompetente Kindheitspädagogin wird. Die Dozent/innen sowie die Anleiter/innen können jedoch lediglich Strukturen und Angebote schaffen sowie Anforderungen formulieren, von denen sie annehmen, dass sie der Ausbildung und späteren Tätigkeit förderlich sind, sowie das Gelernte durch Leistungsnachweise prüfen. In Anbetracht der Selbstbildung und Selbstverantwortung der Studierenden bleibt offen, wie weit sie sich für Neues öffnen, welche Schlüsse sie ziehen und welche Kompetenzen sie für ihre spätere Berufspraxis tatsächlich entwickeln.

Lernen in der Praxis vollzieht sich in verschiedenen Situationen im Umgang mit unterschiedlichen Inhalten und Personen, z.B. mit Kindern, Eltern, der Anleiterin/ dem Anleiter, dem Kollegenkreis sowie anderen Personen im Umfeld. Es findet in verschiedenen Formen statt, wie z.B. durch

  • Beobachten,
  • Erkunden,
  • selbstständiges Handeln,
  • Reflektieren,
  • Aufnehmen von Anregungen durch Anleitung/ Beratung und explizite Rückmeldung einer Fachkraft, die mit dieser Aufgabe betraut wurde (aber auch von anderen Personen),
  • Auswertung, z.B. in Form von Selbst- und dialogischer Evaluation.

2.2 Praktika im Studiengang "Bildung und Erziehung in der Kindheit" an der Hochschule Esslingen

An verschiedenen Hochschulen variiert die Studiendauer zwischen sechs und sieben Semestern, demzufolge gibt es auch Praktika von unterschiedlicher Länge, zu unterschiedlichen Zeiten, innerhalb oder außerhalb des Theoriestudiums - und in unterschiedlicher Organisationsform.

Im siebensemestrigen Studiengang "Bildung und Erziehung in der Kindheit" an der Hochschule Esslingen absolvieren die Studierenden insgesamt fünf Praktika: vor dem Studium ein Vorpraktikum, in den ersten drei Semestern je ein Kurzpraktikum bei Kindern von 0 bis 3 Jahren, von 3 bis 6 Jahren und bei Grundschulkindern. Dann folgt im 4. Semester das integrierte Praxissemester. Die Studierenden haben also vor dem Praxissemester Erfahrungen in vier verschiedenen Einrichtungen und mit drei unterschiedlichen Altersgruppen sammeln können. Viele Studierende haben außerdem die Arbeit in Kindertageseinrichtungen, z.B. während eines sozialen Jahres oder als Erzieher/in, bereits über längere Zeit erlebt.

An der Hochschule Esslingen haben wir uns neben den Kurzpraktika nicht für mehrere Praktika von mittlerer Länge wie etwa die Alice-Salomon-Hochschule Berlin, sondern für ein Praxissemester in der Mitte des Studiums entschieden. Ein solches von der Hochschule begleitetes Praxissemester gibt es erst in wenigen Studiengängen. Wir gehen davon aus, dass der Lerngewinn zum Erlangen von beruflicher Selbständigkeit bei einem angeleiteten längeren Praktikum intensiver ist als bei mehreren von kürzerer Dauer. Daher war eine der interessanten Fragen für uns, wie die Studierenden die Dauer und Lage des Praktikums im Studium und die hochschulische Begleitung beurteilen würden.

Für das Gelingen des Praxissemesters ist die Qualität der Praxisstelle von entscheidender Bedeutung; diese muss in der Vorbereitungsphase durch eine entsprechende Auswahl gesichert werden. Die Inlandspraktikantinnen suchen sich eine Praxisstelle mit Hilfe der Praxisstellendatenbank der Hochschule und mit Unterstützung des Praxisamtes sowie der Dozenten. Für das Auslandspraktikum hat die Hochschule derzeit noch keinen Pool an ausgewiesen guten Praxisstellen. Die Studierenden suchen daher ihre Praxisstelle mit Unterstützung des akademischen Auslandsamtes.

Die Praxisstellen im In- oder Ausland müssen vom Praxisamt nach Prüfung verschiedener Kriterien anerkannt werden. Zur Sicherung der Qualität des Praxissemesters erstellen die Studierenden einen Ausbildungsrahmenplan, und es gibt - wie später noch ausgeführt wird - verschiedene Begleitangebote der Hochschule. Als Leistungsnachweis müssen die Studierenden einen Auswertungsbericht und ein Portfolio vorlegen.

Bei Krisen bemühen sich Praxisamt bzw. akademisches Auslandsamt und die zuständigen Dozenten gemeinsam mit den Studierenden und der Praxisstelle um eine Lösung.

3. Entscheidung der Studierenden für ein Inlands- oder Auslandspraktikum

Für die Wahl eines Inlands- oder Auslandspraktikums gab es - wie die Befragung zeigte - sehr unterschiedliche Gründe. Zum Beispiel sind unter den Studierenden einige mit Migrationshintergrund in der ersten oder zweiten Generation. Eine davon ging in ihr Herkunftsland, eine andere in das Heimatland ihrer Mutter, und eine dritte lebte erst seit kurzem mit ihrer Familie in Deutschland; sie sagte, dass sie angesichts ihrer Situation das Kindertageseinrichtungssystem in Deutschland als "Ausland" ansieht. Somit gab es für sie keinen Anlass, ins Ausland zu gehen. Schon allein dies zeigt, wie vielfältig die Situation ist; es ist keinesfalls von einer homogenen Personengruppe auszugehen.

Die Inlandspraktikantinnen (9) gaben für ihre Entscheidung z.B. als Grund an, dass sie erst einmal die fachliche Situation in Deutschland näher kennen lernen wollten oder dass ein Auslandsaufenthalt aus persönlichen Gründen für sie nicht in Frage kommt. Keine von ihnen, stellte den Sinn eines Auslandspraktikums grundsätzlich in Frage. Sie nannten aber verschiedene Gründe für ihre Entscheidung dagegen: fachliche, arbeitsorganisatorische, finanzielle und ihre persönliche Lebenssituation als Ehefrau oder alleinerziehende Mutter eines Kleinkindes. Die Gründe traten in unterschiedlicher Kombination auf; selten wurde nur ein Grund für die Entscheidung angegeben. Dazu eine typische Aussage:

Zum einen waren es persönliche Gründe, dass ich gesagt habe, dass es momentan für mich nicht passend ist, ein halbes Jahr weg zu sein. Zum anderen war es für mich wichtig, hier zu bleiben (10), weil mein Erstberuf Erzieherin ist und ich den Kindertagesstättenbereich schon gut abgedeckt hatte. Das heißt, ins Ausland in eine Kindertagesstätte zu gehen, konnte ich für mich nicht sehen, weil für mich etwas Neues dabei herausspringen sollte. Es gibt so viele Bereiche hier in Deutschland, die mir noch unbekannt sind, in denen ich keinerlei Erfahrungen sammeln konnte.

Von einer anderen Studierenden wurde als Grund für ihre Entscheidung ihre Arbeitsorganisation gepaart mit Überlegungen für ihre Zukunft genannt:

Ich habe ziemlich spät angefangen, mir eine Praxisstelle zu suchen. Ich habe erst die Hausarbeiten geschrieben, dann war es einfach zu spät, sich für das Ausland zu bewerben, obwohl ich das im Nachhinein eigentlich gern gemacht hätte. Aber ich habe mir damals gedacht, im Inland zu bleiben, weil ich später nicht ins Ausland ziehen möchte, ich möchte hier in der Gegend arbeiten.

Weitere gaben vor allem persönliche und finanzielle Gründe an:

Bei mir ist es so, ich bin verheiratet und wollte ... nicht ohne meinen Mann gehen. Weil er zu dem Zeitpunkt noch kein Vordiplom hatte, konnte er noch kein Auslandssemester machen... Ich bekomme überhaupt kein BaföG, und wir können uns nur über Arbeit nebenher finanzieren. Das wäre einfach finanziell nicht möglich gewesen, und ohne meinen Mann wäre ich nicht gegangen.

Bei wieder anderen war die soziale Einbindung das entscheidende Argument:

Eigentlich hätte ich mich genauso für ein Auslandspraktikum entscheiden können, aber vor einem Jahr hatte ich dann eher das Bedürfnis, nach Hause zu gehen, um noch einmal näher bei meiner Familie und bei meinen Freunden zu sei (Die Studierende kam aus einer anderen Region Deutschlands).

Am folgenden Beispiel wird deutlich, dass Studierende auch vor dem Aufwand zurückschrecken, den ein Praxissemester im Ausland bedeutet:

Ins Ausland zu gehen ohne Familie, ohne Freunde, und man weiß nicht, wo man wohnt, und man muss sich um das Geld kümmern - das ist schon ein enormer Aufwand. Ich hätte es zwar interessant gefunden, aber ich glaube, dass ich sonst auch hier geblieben wäre (die Studierende hat ein Kind), weil es unkomplizierter ist. Ich kann hier wohnen bleiben, weiterhin nebenher arbeiten. Man hat seine Familie und Freunde.

Gründe, die für die Wahl eines Auslandspraktikums angegeben wurden: Es lassen sich drei Motivationstypen ausmachen: beim ersten standen private Motive im Vordergrund, eine Aussage dazu war: "Ich wollte die Gelegenheit nutzen, um das Heimatland meiner Mutter kennen zu lernen."

Ein zweiter Typ nannte fachliche Gründe; die Entscheidung wurde entweder vorrangig für ein bestimmtes Bildungssystem, z.B. Schweden, oder für einen pädagogischen Ansatz, z.B. die Reggio-Pädagogik, getroffen. Beim dritten Typ war eine Mischung aus beidem vorhanden. Bei einigen der Studierenden spielten auch Karriereüberlegungen eine Rolle.

Die Folge dieser Wahlmotivation war - Zufall oder nicht -, dass bei Typ eins und drei bei drei Studierenden gleich zu Anfang so gravierende Schwierigkeiten auftraten, dass sie die Praxisstelle wechselten. Dies lässt die Hypothese zu: Studierende, die ihre Praxisstelle nach fachlichen Gesichtspunkten auswählen und dies sowohl in Briefen, E-Mail-Kontakten und eventuell mit Telefonaten absichern, haben keine gravierenden Probleme während des Praxissemesters. Studierende dagegen, bei denen fachliche Motive nicht an oberster Stelle stehen, laufen Gefahr, negative Erfahrungen zu machen.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Sowohl bei der Entscheidung für ein Inlands- als auch für ein Auslandspraktikum gab es Studierende, bei denen persönliche Gründe im Vordergrund standen, sowie solche, bei denen fachliche Gründe entscheidend waren. Folgender Unterschied wurde jedoch bei Inlands- und Auslandspraktikantinnen deutlich: An den Aussagen der Inlandspraktikantinnen zeigten sich zum einen bewusste fachliche Entscheidungen, zum anderen aber auch weniger planvolles Handeln, geringere Risikobereitschaft und Bequemlichkeit sowie der Wunsch, in den privaten Netzen zu bleiben. Bei Auslandspraktikantinnen dagegen wurden deutlicher als bei Inlandspraktikantinnen Karriereüberlegungen angegeben.

4. Studierende als Praktikantinnen

Das Praxissemester in der Mitte des 7-semestrigen Studiums an der Hochschule Esslingen bildet eine Gelenkstelle zwischen den beiden Studienschwerpunkten "(Sozial-) pädagogische Arbeit mit Kindern" und "Bildungsmanagement". Aus diesem Grund wird von der Hochschule gewünscht, dass die Studierenden in beiden Bereichen Praxis erleben und Handlungskompetenz erwerben. Vergleicht man die realen Arbeitsschwerpunkte der Praktikantinnen im In- und Ausland miteinander, so fallen an diesen beiden Bereichen deutliche Unterschiede auf.

4.1 Schwerpunkte der Arbeit

4.1.1 Sozialpädagogische Arbeit mit Kindern und Familien

Bei Kindertageseinrichtungen im In- (3 Einrichtungen) und Ausland (10) lag der Schwerpunkt vor allem auf der pädagogischen Arbeit mit den Kindern, entsprechend der jeweils praktizierten Ansätze, Methoden und Verfahren. Innerhalb dieses Feldes gab es vier markante Unterschiede zwischen den Einrichtungen im In- und Ausland.

Der erste war, dass sich im Ausland die Gruppeneinteilung der Kinder in den Einrichtungen fast durchgängig von der in Deutschland üblichen unterschied. Die Kinder waren zumeist nach Altersgruppen getrennt, z.B. in 0- bis 2-Jährige, in 3- bis 4-Jährige und in 5- bis 6-Jährige. Der zweite war, dass die Bildungsarbeit mit Kindern eher von den Erwachsenen ausging und weniger von den Interessen der Kinder. Und drittens konnten die Praktikantinnen im Ausland im Vergleich mit denen in deutschen Einrichtungen weniger Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit Eltern und mit gemeinwesenorientierter Arbeit sammeln. Meist beschränkte sich der Kontakt mit Eltern auf "Tür- und Angelgespräche". Gemeinwesenorientiertes Arbeiten war schon deshalb eher selten, weil manche der Einrichtungen von privaten Trägern zum großen Teil von Kindern wohlhabender Eltern besucht wurden und kein direktes Einzugsgebiet hatten, wie dies meist in deutschen Kindergärten der Fall ist. Die Kinder wurden dort aus ganz unterschiedlichen Gegenden in die Einrichtungen gebracht.

Eine Ausnahme bezüglich der beiden Bereiche stellte die Erfahrung einer Praktikantin in einem Children Centre in England dar, das entsprechend der Konzeption dieser Zentren in einem Einzugsgebiet mit sozial benachteiligter Bevölkerung lag. Zu ihrer Tätigkeit gehörte sowohl die Arbeit mit Kindern als auch die aufsuchende Zusammenarbeit mit Eltern. Die englischen Children Centres bildeten auch den Anstoß für den Aufbau von Familienzentren in Deutschland.

Bei den drei anderen Praxisstellen im Inland lag der Schwerpunkt ebenfalls zugleich auf der Arbeit mit Eltern und Kindern. Sie fand nach Problemfeststellung im häuslichen Lebensraum oder im Heim statt, und zwar mit dem Ziel, den Umgang der Eltern (Mütter) mit ihren Kindern anzuregen und Anstöße für eine Verbesserung zu geben sowie gleichzeitig explizit die Kinder zu fördern. Die folgenden zwei Beispiele zeigen die Aufgaben der Praktikantinnen an diesen Praxisstellen. Das erste stammt aus einem Mutter-Kind-Heim, das zweite aus den HzE:

Im Prinzip war es die Begleitung der Frauen ... bei dem, was sie gerade durchmachen, und natürlich auch im Begründen, was das für Auswirkungen im Umgang auf die Kinder hat. Und dann, so gut es ging, mit in die Angebote hineingehen. Ich bin in Mütterberatungen mitgegangen, wo auch viel mit Video-Home-Training gearbeitet worden ist. Ich war in "Pekip-Veranstaltungen" (11), und wir Praktikantinnen haben gemeinsam eine Krabbelgruppe geleitet.

Ich habe teilweise als Familienhilfe gearbeitet. Anfangs habe ich gedacht, man müsse erst einmal auf die Kinder schauen, ... aber es hängt so viel von den Eltern ab, weil die den ganzen Tag mit den Kindern verbringen und den Rahmen bilden. ... Da muss man ansetzen. Das habe ich gemerkt. Ich habe dann überwiegend mit den Eltern gearbeitet. Auch mit den Kindern, ich habe sie gefördert oder Eltern angeleitet, ihre eigenen Kinder zu fördern.

Ist der Arbeitsauftrag in Kindertageseinrichtungen äußerlich gesehen über die Ländergrenzen hinweg durchaus ähnlich, so ist er doch in der Umsetzung unterschiedlich. Die Frage ist hier, ob die Studierenden in ihrer Fachlichkeit schon ausreichend gefestigt sind, um die Unterschiede zwischen dem deutschen und dem jeweils anderen System zu erkennen und beide Systeme mit kritischer Distanz zu beurteilen. Den Studierenden dieses Jahrgangs scheint dies gelungen zu sein; sie konnten die Unterschiede gut beschreiben und eigene Positionen beziehen und meinten, die ersten drei Studiensemester mit dem Schwerpunkt "(sozial-) pädagogische Arbeit mit Kindern" hätten ihnen für diesen Bereich sichere Kenntnisse gebracht.

Ein gravierender Unterschied zwischen den Erfahrungen im In- und Ausland wurde in der Art und Weise der Arbeit mit sozial benachteiligten Eltern und ihren Kindern festgestellt. Im Inlandspraktikum fand sie weitgehend abgekoppelt von Kindertageseinrichtungen in einem Setting statt, das teilweise von den betroffenen Familien als diskriminierend erlebte wurde. Eine Studentin aus den HzE beschrieb dies so: "...manche Familien wollten uns gar nicht herein lassen". Die Praktikantin aus dem Children Centre in England beobachtete dagegen, dass die Outreach Workers bei den Eltern sehr akzeptiert sind, und dass diese, wenn man sie auf der Straße traf, manchmal monierten, dass die Outreach Workers schon lange nicht mehr da gewesen seien. Die Studentin führte diese Akzeptanz darauf zurück, dass die Outreach Workers im Gegensatz zu den unbeliebten Social Workers keine kontrollierende, sondern eine unterstützende Aufgabe haben. Damit konnte die Studentin im Vergleich dieser zwei Tätigkeitsprofile die Erfahrung machen, wie der Auftrag die Arbeitsmöglichkeiten prägt. Den Praktikantinnen in der Arbeit mit Familien in Deutschland ist zu wünschen, dass ihre Erfahrungen sie zur kritischen Reflexion des derzeitigen deutschen Settings anregen.

4.1.2 Verwaltungshandeln und Management

Zu Bildungsmanagement hatten die Studierenden noch keine Lehrveranstaltungen vor dem Praxissemester, da das Praxissemester eine Gelenkstelle zwischen den beiden Schwerpunkten des Studiums "(sozial-) pädagogisches Handeln mit Kindern" in den ersten 3. Semester und Bildungsmanagement ab dem 5. Semester darstellt. Daher konnte es in diesem Bereich für die Studierenden lediglich um Beobachtung, Erkundung und handelnde Teilnahme gehen. Sowohl im In- wie im Ausland traten hier gewisse Unzufriedenheiten bei den Studierenden auf, weil sie ihrer Meinung nach zu wenig Einblick erhielten.

Dennoch konnten die Praktikantinnen Erfahrungen in diesen Bereichen sammeln. Zu unterscheiden ist dabei in Verwaltungshandeln und Leitungsaufgaben. Es zeigte sich, dass dies getrennte Bereiche sind, die oft nicht zusammenfallen. Das heißt auch, dass - wenn überhaupt - manchmal nur das eine oder das andere möglich war.

Verwaltung

Verwaltungshandeln konnte häufiger im Inland als im Ausland erlernt werden, indem die Studierenden z.B. die Handkasse führten, Protokolle schrieben, die Ablage machten u.a.m. Dass es im Ausland schwieriger sein kann, Verwaltungshandeln zu erlernen, begründete eine Praktikantin so:

Direktes Verwaltungshandeln konnte ich leider nicht erleben, dadurch dass die Verwaltung (in einer ansonsten englischsprachigen Einrichtung) auf schwedisch stattgefunden hat. Deswegen habe ich am "Markt der Rückkehrerinnen" allen geraten, dass sie versuchen sollten, die Sprache des Landes so zu beherrschen, dass man möglichst viel Einblick bekommen kann. Weil ich es im Nachhinein als Nachteil empfinde oder als etwas, was ich vorher hätte bedenken müssen.

Wie Einrichtungen aufgebaut sind und wie sie funktionieren, erfuhren die Studierenden vor allem deshalb, weil sie dies für ihren Bericht für die Hochschule recherchieren mussten.

Ein Verwaltungsaspekt, der die pädagogische Arbeit stark beeinflusst hat, wurde insbesondere aus Einrichtungen in Irland und England benannt: Von dort wurde über eine starke Bürokratisierung der Arbeit berichtet. Diese stelle zwar bestimmte Standards landesweit sicher, dadurch laufe man aber Gefahr, einen pädagogischen Einheitsbrei und Unflexibilität über das Land hinweg zu produzieren. In Deutschland sei die Arbeit durch die Vielfalt der pädagogischen Ansätze und die geringere Bürokratisierung viel lebendiger und ließe dem Personal mehr Spielräume, wurde immer wieder betont. Dem wurde jedoch von einer Praktikanten aus einem Naturkindergarten in Schottland insofern widersprochen, als sie sagte, dass die Vorschriften zwar sehr reglementierend sind, aber dass die Entwicklung spezieller pädagogischer Konzepte bei entsprechendem Willen dennoch möglich sei. Als Beispiele für die starke Reglementierung wurden Vorschriften der "Care Commission" in England, einer staatlichen Behörde, genannt, deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in die Einrichtungen kommen, um die Einhaltung der Vorschriften zu kontrollieren, z.B.,

dass man aufgewärmtes Essen bei 86° erwärmen muss und neues Essen bei 81° und so etwas. Oder dass es für jede Wunde eine extra Vorschrift gab oder wie man welche Produkte anfassen muss und wie man was zu reinigen hat. Für alles, was Sicherheit und Hygiene angeht, gab es Vorschriften. "Wie wickele ich ein Baby" und "wie ziehe ich mir Handschuhe an" oder dass man nicht dasselbe Brett für das Apfel- und das Käseschneiden benutzen durfte. Es gibt Vorschriften wie in einer Großküche, was man alles beachten muss. Es gab auch viele Vorschriften für den Außenbereich, wo ich mir gedacht habe: "Na ja, das ist hier nun einmal ein Wald". Und wenn man einmal in der Woche rausgeht, musste man das ganze Gelände nach allem Möglichen absuchen, ob irgendwo Splitter sind oder irgendwelches kleines Zeug im Wald. Auf die Sicherheit wurde sehr viel Wert gelegt.

Außerdem gab es strenge Vorschriften für den Personalschlüssel, der häufig zu skurrilen und unflexiblen Lösungen für die Gruppenorganisationen und einzelne Kinder führte und Spaziergänge fast unmöglich machte.

In diesen Einrichtungen zeigte sich Verwaltungshandeln vor allem in der Kenntnis von Vorschriften: "Was wir andauernd benutzt haben, waren diese ganzen Ordner mit den Vorschriften, was man alles beachten muss. Die musste ich mir auch vorher durchlesen und erlernen".

Leitung

Kenntnisse im Bereich Leitungsaufgaben zu erwerben war im In- und Ausland in den meisten Einrichtungen schwierig. In einer Einrichtung konnte eine Studentin aber die Leiterin zwei Wochen begleiten, eine andere konnte zu Anfang jede Woche einen Tag bei der Leiterin verbringen, und wieder andere wurden zu allen Treffen und Sitzungen mitgenommen, die die Leiterinnen zu absolvieren hatten. Insgesamt bestand die Möglichkeit des Lernens im Bereich Leitung und Management jedoch anscheinend vor allem "im dabei sein". Eine theoretische Durchdringung schien eher selten möglich gewesen zu sein, wie das folgende Beispiel aus dem Ausland zeigt, das jedoch stellvertretend für viele Stellen im In- und Ausland stehen kann:

Relativ viel, was Leitungsaufgaben, Management, Organisation angeht, konnte ich mitbekommen, obwohl ich eigentlich nicht wirklich im Office und der Verwaltung gearbeitet habe, aber allein an dieser Alltagsstruktur, durch den Schichtbetrieb, durch die Gespräche im Team habe ich dann schon etwas mitbekommen.

4.1.3 Besonderheit in Kindertageseinrichtungen

Insbesondere in Kindertageseinrichtungen hatten Studierende im In- und Ausland den Eindruck, dass "die Praxis" auf die Wünsche nach Verwaltungs- und Leitungsanteilen nicht eingehen wollte oder konnte, dass sie auf diesen Ausbildungsanteil nicht vorbereitet war oder dass sich die Leiterinnen überfordert fühlten.

Dafür, dass in manchen Einrichtungen auf den Verwaltungsanteil nicht eingegangen werden konnte, sprachen Aussagen wie, "es fielen kaum Verwaltungsaufgaben an", weil die Einrichtung zu klein war, oder die Verwaltung wurde insbesondere bei privaten Einrichtungen größerer Träger aus dem Ausland an anderen, weit entfernten Stellen erledigt.

Es gibt aber auch Anzeichen dafür, dass sich Anleiter/innen durch diese Anforderung überfordert fühlten. Ein Beispiel aus dem Inland:

Ich habe in einem Gespräch mit der Einrichtungsleitung und teilweise schon in meiner Bewerbung mitgeteilt, dass ich den Anteil (Verwaltung, Leitung) kennen lernen möchte. Ich habe meine Situation ausführlich in zwei Seiten dargestellt. Nach dem ersten Gespräch zu Beginn des Praktikums teilte mir die Leiterin mit, dass sie damit überfordert ist und ich plötzlich so viel von ihr verlange."

In anderen Einrichtungen entstand der Eindruck, dass das Interesse der Praktikantinnen für Verwaltung und Management neu für die Fachkräfte war, weil im Ausland eine solche Aufgabenmischung unüblich war und weil sich im Inland Praktikantinnen von der Fachschule dafür nicht interessieren. Ein weiterer Grund war, dass bisher keine Erfahrungen mit Hochschulpraktikant/innen beziehungsweise mit Praktikant/innen aus Deutschland bestanden:

Was den Verwaltungsanteil angeht, hatte ich das Gefühl, dass er für die Praktikanten eher verschlossen war. Ich glaube, ich war die Erste, die von der Hochschule war, und irgendwie waren die Leute überrascht, dass ich solche Ansprüche und Bedürfnisse habe.

Da diese Aspekte in ähnlicher Weise im In- und Ausland auftraten, ist die Ursache dafür wohl eher im Institutionentyp Kindertageseinrichtung als im In - oder Ausland zu suchen.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Die Studierenden erhielten insgesamt zu wenig Einblick in diese Felder. Die Praktikantinnen im Ausland konnten aber noch seltener explizit und angeleitet Verwaltungshandeln erlernen und Einblick in Leitungsaufgaben erwerben. Ihr Lernen war eher implizit, wenngleich der Unterschied zwischen In- und Ausland nur graduell war.

4.2 Rollenzuteilung

Die Art der Praxisstellen bestimmte den Arbeitsauftrag der Praktikantinnen; damit gab es Unterschiede sowohl zwischen den Praktikantinnen im In -und Ausland als auch zwischen den verschiedenen Einrichtungstypen. Die Rolle der Praktikantinnen war im Inland durch einen klaren Status als Praktikantin geprägt, die durch die Anleiterinnen an die Aufgaben der jeweiligen Einrichtung herangeführt wurden und im Verlauf des Praxissemesters zunehmend selbstständig handeln konnten. Nur an einer Stelle musste die Praktikantin in einer Kindertageseinrichtung eine Zeit lang eine Gruppe selbstständig führen, weil eine Erzieherin ausgefallen war. Sie erhielt dazu aber Unterstützung von ihrer Anleiterin.

Bei den Auslandspraxisstellen war das Rollenspektrum deutlich breiter; es reichte von der Rolle einer Hilfskraft, die nichts selbstverantwortlich tun durfte, über die Rolle der Integrationspädagogin (zusätzliche Pädagogin für die Unterstützung der Integration behinderter Kinder in einem integrativen Kindergarten) bis zur selbstständigen Übernahme einer Klasse in einer internationalen Vorschule gleich von Anfang an.

An diesen unterschiedlichen Rollen lässt sich erkennen, dass die Aufgabe der Praktikantinnen im Inland klarer definiert war als im Ausland. Im Ausland bestand offensichtlich trotz der Korrespondenz mit der Hochschule und den Praktikantinnen keine klare Vorstellung davon, was Praktikantinnen aus Deutschland zum Zeitpunkt ihres integrierten Praxissemesters an Anleitung, Unterstützung und Übung brauchen. Angesichts der Heterogenität der internationalen Bildungslandschaft ist dies auch nicht verwunderlich, stellt aber eine besondere Herausforderung für die Praktikantinnen und die Hochschule dar.

5. Lernunterstützung durch Hochschule und Praxis

5.1 Ausbildungsverantwortung der Hochschule

Wie bereits beschrieben, setzt die Hochschule den Rahmen des Praxissemesters, da dieses in ihrer Organisation und Verantwortung stattfindet. Sie legt fest, welche Unterstützungen die Studierenden erhalten sollen und welche Nachweise die Studierenden erbringen müssen.

5.1.1 Erstellung des Ausbildungsrahmenplans

Der Ausbildungsrahmenplan ist nach Meinung der Hochschule für ein Praxissemester unverzichtbar, wenn man systematisches Lernen in möglichst vielen Bereichen sicherstellen möchte. Daher verlangt die Hochschule, dass die Studierenden in den ersten vier bis sechs Wochen gemeinsam mit der Anleitung einen Ausbildungsrahmenplan erstellen, der - von der Hochschule genehmigt und von der Praxisstelle unterschrieben - zum Teil der Ausbildungsvereinbarung zwischen Praxisstelle und Hochschule wird.

Bei der Erstellung des Ausbildungsrahmenplans zeigten sich deutliche Unterschiede zwischen In- und Ausland. Im Inland war dieses Instrument zumindest an Praxisstellen mit Sozialpädagoginnen als Anleiterinnen bekannt. Auch in Kindertageseinrichtungen, in denen Erzieherinnen die Anleitung übernahmen, scheint diese Anforderung ohne weitere Probleme aufgenommen worden zu sein (12).

Im Ausland dagegen war ein Ausbildungsrahmenplan in dieser Form meist unbekannt. Weil dies im Vorfeld schon angenommen worden war, wurde bereits im Vorbereitungsseminar mit den Studierenden ein vorläufiger individueller Ausbildungsrahmenplan erarbeitet, der jedoch von den Praktikantinnen mit den jeweiligen Anleiterinnen vor Ort noch konkretisiert werden musste. Die Studierenden stellten dann fest, dass die Anleiterinnen erst dadurch wirklich erfassen konnten, welche Ziele die Hochschule mit dem Praxissemester und der Anleitung verbindet. Außerdem waren manche Managerinnen positiv von den hohen Anforderungen der Hochschule überrascht.

Der Ausbildungsrahmenplan wurde denn auch im Inland häufiger als Ausbildungsinstrument genutzt als im Ausland. Das heißt, im Ausland gab es mehr Anleiterinnen, die ihn nicht ernst nahmen, sich durch ihn bedrängt oder überfordert fühlten. Manche wollten einen Ausbildungsrahmenplan, der möglichst an der Oberfläche bleibt, "um alles ganz locker machen zu können".

Für die Praktikantinnen selbst, die die Rolle der Co-Produzentin ihres Praktikums aktiv übernommen haben, diente der Plan im In-, aber insbesondere im Ausland als Orientierungsschnur, an der sie sich entlang hangeln konnten, auch wenn die Anleitungen ihm keine besondere Bedeutung beimaßen. Für andere dagegen blieb er relativ bedeutungslos.

Insgesamt hatte der Ausbildungsrahmenplan also ein sehr unterschiedliches Gewicht, wobei sich ein deutlicher gradueller Unterschied zwischen dem In- und dem Ausland zeigte. Dass er in einigen Einrichtungen im Ausland folgenlos blieb, korrespondierte dort bedauerlicherweise mit fehlender systematische Anleitung. Allerdings bewiesen hier manche Studierende ein hohes Maß an Selbststeuerung.

5.1.2 Theorie-Praxis-Seminar

Beim Theorie-Praxis-Seminar gibt es von Seiten der Hochschule einen organisatorischen und damit auch einen inhaltlichen Unterschied für In- und Auslandspraktikantinnen. Für die Inlandspraktikantinnen aus der Region findet das Theorie-Praxis-Seminar an 10 Terminen im Praxishalbjahr statt. Für die Studierenden im Ausland gibt es statt des praktikumsbegleitenden Seminars ein jeweils dreitägiges Vorbereitungs- und Auswertungsseminar.

Die Inlandspraktikantinnen hoben die praxisbegleitende Organisation des Theorie-Praxis-Seminars positiv hervor, z.B. weil jede aus ihrem Arbeitsfeld einen Input machte, weil man die Vielfalt der Einrichtungen mitbekam, weil offene Fragen besprochen wurden und "weil wir aktiv mitgestalten konnten. Wir haben die Gesprächsleitung aufgeteilt, an jedem Seminar hat jemand anderes die Leitung für die Runde übernommen".

Die Auslandspraktikantinnen bewerteten das Theorie-Praxis-Seminar ebenfalls positiv. Über das Vorbereitungsseminar sagten sie z.B., dass damit für sie deutlich wurde, dass das Praxissemester beginnt - und dass das kommende halbe Jahr "nicht immer Frohlocken sein wird, sondern dass es auch Probleme geben kann".

Gut fanden die Studierenden auch, dass sich bei diesem Seminar alle, die ins Ausland gingen, noch einmal als Gruppe trafen. Es zeigte sich, dass alle ähnliche Fragen, Ängste und Befürchtungen hatten. Es wurde betont, dass ihnen das Seminar Sicherheit gegeben und den Zusammenhalt auch während des Praxissemesters gefördert hat. Manche Studierende kritisierten jedoch, dass das Seminar zu spät stattgefunden habe, "weil man da Sachen mitbekommen hat, die ich der Einrichtung gerne früher mitgeteilt hätte" oder " die ich selber auch gerne früher gewusst hätte, bevor ich die Stelle suchte".

Das Auswertungsseminar wurde als noch wichtiger angesehen als das Vorbereitungsseminar, weil es "eine Art Reflexion des ganzen halben Jahres darstellte: "Warum ist man überhaupt ins Ausland gegangen? War es ein Zugewinn? ... das war ganz wichtig".

...es hat mir unheimlich viel gebracht, weil man da auf Dinge aufmerksam gemacht wurde, die man sich vorher nicht überlegt hatte. Also dass man vielleicht doch in dem Bereich, gerade bei der Leitung und der Teamarbeit, etwas mitbekommen hatte, wenn man bei den Teamsitzungen dabei war und mitbekommen hat, welche Methoden angewendet wurden. Was mir selber nicht bewusst gewesen wäre.

Aber bedeutsam war nach Aussage der Studentinnen offensichtlich auch, "mit zu bekommen, was die anderen erlebt haben" und davon zu profitieren. Außerdem war es für einige Studierende wichtig, um den "Kulturschock als Rückkehrerin" zu verarbeiten.

Um eine prozessorientierte Begleitung durch die Hochschule zu ermöglichen bot eine Dozentin einen Chat an. Dieser wurde jedoch aufgrund der Eigenart des Mediums nicht von allen Studierenden als sinnvoll bewertet.

Insgesamt zeigte sich deutlich, dass das Theorie-Praxis-Seminar für Inlands- und Auslandspraktikantinnen aufgrund seiner teilweise unterschiedlichen Organisation andere Lern- und Erfahrungsmöglichkeiten bot, dass es aber für beide Gruppen ein wichtiger Lernbereich war.

5.1.3 Auswertungsbericht und Portfolio

Auswertungsberichte

Die Studierenden müssen als Studienleistungen für das Praxissemester einen Auswertungsbericht und ein Portfolio vorlegen. Der Bericht besteht aus verschiedenen Einzelberichten zu unterschiedlichen Schwerpunkten, die zu einem Gesamtbericht zusammengefügt werden. Der Abgabemodus für Inlands- und Auslandspraktikantinnen war insofern unterschiedlich, als die Inlandsstudentinnen die verschiedenen Einzelberichte am Ende des Praxissemester als Gesamtbericht abgaben. Die Auslandsstudentinnen dagegen schickten der zuständigen Dozentin die jeweiligen Berichte in circa monatlichem Abstand. Sie erhielten dann zeitnah eine Rückmeldung. Über die Berichte und die Modalitäten sagten die Studierenden, dass sie zwar diese monatlichen Arbeiten oft lästig fanden, aber dass der Lerngewinn hoch war und zwar deutlich höher, als wenn sie einen großen Bericht am Ende geschrieben hätten. Aussagen hierzu waren:

Die regelmäßigen Berichte hatten eine große Bedeutung. Wenn ich etwas geschrieben habe, habe ich es danach jemandem vorgelesen. Dann wusste ich, wo kann ich mich noch verbessern, wo sollte ich noch mehr nachforschen. Es hat mir sehr gut gefallen, dass ich immer wieder einen Bericht schreiben musste, so konnte ich immer sehen, was ich schon kann und was noch nicht so gut läuft.

Die Fragen, die einem während des Berichtschreibens kommen, die kommen einem im Alltag eigentlich gar nicht... das ist halt der Alltag. In den Berichten fällt einem dann so auf, was man besser machen könnte.

Auch die Inlandspraktikantinnen betonten großenteils die Reflexionschancen und den Lerngewinn durch die Berichte, allerdings wurden sie von manchen Studierenden auch als bloße Erfüllung der Leistungsanforderungen angesehen, die nicht zu ihrem Lerngewinn beitrug.

Bei der Auswertung der Interviews entstand der Eindruck, dass das Schreiben der Berichte während des Praktikums als sinnhafter erlebt wurde als ein abschließender Bericht am Ende des Praxissemesters.

Portfolio

Portfolios werden in Kindertageseinrichtungen und auch in Schulen von und für die einzelnen Kinder angelegt, um den jeweiligen individuellen Lern- und Entwicklungsweg zu dokumentieren. Im Studiengang Bildung und Erziehung sollte dieses Instrument von den Studierenden zur Dokumentation des eigenen Lernprozesses genutzt werden, um seine Sinnhaftigkeit an sich selbst zu erleben. Den Kern des Portfolio sollte der Auswertungsbericht bilden, dem weitere Materialien entsprechend der Entscheidung der Studierenden hinzugefügt werden. Das Portfolio ist Eigentum der Studierenden, sollte den zuständigen Dozenten jedoch zur Ansicht abgegeben werden.

Im Umgang der Studierenden mit dem Portfolio zeigten sich Unklarheiten. Offensichtlich wurde es nicht von allen als ihr ureigenes "Buch" angesehen, in dem sie selbstbestimmt ihren individuellen Lernweg dokumentieren und reflektieren. Da fast alle Studierenden noch ein weiteres Dokumentationssystem neben den Berichten und dem Portfolio für sich wählten, stellt sich die Frage, was sie daran hinderte, alles in einem Instrument zusammenzufassen? Die Studierenden fragten sich möglicherweise auch: Wie muss ein Portfolio aussehen und warum möchten die Dozent/innen es ansehen? Diese Fragen müssen von Seiten der Dozent/innen beantwortet werden, um Klarheit für die Studierenden und sich selber zu schaffen.

5.2 Ausbildungsverantwortung der Praxis

5.2.1 Praxisanleitung

Die Praxisanleitung hat während des Semesters neben der Steuerung durch die Hochschule eine entscheidende Ausbildungsaufgabe. Nach den Wünschen der Hochschule unterstützt sie die Praktikantinnen bei der Abfassung des Ausbildungsrahmenplanes, führt regelmäßige wöchentliche Anleitungsgespräche mit ihnen durch und macht mit den Studierenden eine Zwischen- und eine Schlussauswertung.

Die Inlandspraktikantinnen hatten alle regelmäßige wöchentliche Anleitungsgespräche. Außerdem waren zusätzlich meist auch spontane Nachfragen möglich. Ein Beispiel aus der Arbeit mit Familien macht deutlich, wie umfassend Anleitung sein kann:

Wir haben anfangs vereinbart, dass wir uns freitags morgens 1 ½ oder 2 Stunden zum Austausch frei halten. Wir haben das eigentlich ganz vielfältig gestaltet. Zum einen hatte ich die Möglichkeit, wenn es etwas von meiner Seite gab, dass ich das einbringe. ... Dann sind wir irgendwann dazu übergegangen, dass wir aus den verschiedenen Richtungen, die mir dann aufgezeigt wurden ... die Verfahren besprochen haben, z.B. auch den Szeno-Test.

Anleitung auf diese Weise gestaltet, geht weit über das Beantworten von Fragen zur Alltagsbewältigung "zwischen Tür- und Angel" hinaus.

Bei den Auslandspraktikantinnen war bereits im Vorbereitungsseminar thematisiert worden, dass in anderen Ländern Praktika von so langer Dauer wie bei uns kaum bekannt sind. Demzufolge war auch anzunehmen, dass Praxisanleitung im von uns erwünschten Sinne nicht üblich wäre. Aufgrund dieser Annahme setzten sich die Praktikantinnen schon zu dieser Zeit mit der Frage auseinander: "Wie kann ich Anleitung erhalten, auch wenn sie in meiner Einrichtung nicht vorgesehen ist?"

In der Praxis zeigte sich dann, dass die offizielle Anleitung und die Besprechung des Ausbildungsplanes meist von der Managerin der Einrichtung übernommen wurden. Über die weitere Anleitung wurde dort, wo es sie überhaupt durch die Managerin gab, gesagt: "Ich hatte zwar eine Anleitung, aber ich hatte den Eindruck, dass die gar nicht recht wusste, was Anleitung bedeutet". Oder: "Ich hätte mir mehr direkte Anleitung gewünscht, dass wirklich gesagt wird, so und so ist das bei uns, so sieht das aus, so arbeiten wir. Das hat mir komplett gefehlt." Oder: "Die systematische Vermittlung fachlicher Kompetenzen hat mir gefehlt."

Studierende in dieser unbefriedigenden Situation wählten unterschiedliche Wege, um dennoch ein gewisses Maß an Anleitung zu erhalten, z.B.:

Anleitung in dem Sinne gab es nicht wirklich. Da ich aber schon so darauf vorbereitet war, dass das wahrscheinlich nicht existiert, war ich eher diejenige, die ziemlich viel gefordert hat und die auch gleich gesagt hat: "Da machen wir einen Termin, da treffen wir uns, ich möchte Folgendes besprechen". Und dann lief das eigentlich. Ich habe mir auch Anleitung von meiner Kollegin geholt, mit der ich privat auch relativ gut befreundet war... Ich konnte sie immer fragen, ob das o.k. war, wie ich das gemacht habe oder nicht. Sie hat mir dann auch ehrlich geantwortet. ... Ich konnte auch immer zur Managerin gehen und sagen, ich habe das und das Problem, und sie hat auch zugehört. ... Wenn ich mich auf Gespräche vorbereitet habe, habe ich mir Mindmaps gemacht oder habe mir meine Gedanken oder Fragen aufgeschrieben, weil ich nicht wollte, dass etwas in Vergessenheit gerät.

Dass auf Nachfrage jederzeit Gespräche mit der Leitung möglich waren, wurde bis auf eine Einrichtung aus allen anderen berichtet. Allerdings stieß die Terminfindung oft an Grenzen durch den Termindruck der Managerinnen.

Weil die Auslandsstudierenden weniger Anleitung hatten, als sie und die Hochschule sich wünschten, suchten sie sich zur Verbesserung ihrer Anleitungssituation auf Anraten der begleitenden Dozentin Fachkräfte in der Einrichtung als Modell, die ihrer Meinung nach gut arbeiten. Dieser Weg wurde durchgängig als sehr wichtig angesehen.

Man könnte annehmen, dass aufgrund der geringeren Anleitung die Nutzung von Fachliteratur bei den Praktikantinnen im Ausland höher gewesen sei, als im Inland. Aber das Gegenteil war der Fall. Die Studierenden im Inland, insbesondere diejenigen im Familienbereich, wurden von ihren Anleiterinnen mit viel Fachliteratur versorgt. Im Ausland dagegen zeigten sich bis auf die Situation der Muttersprachlerin in Polen Schwierigkeiten. Die Praktikantin aus Schweden berichtete:

Wenn es Fachliteratur gegeben hat, dann war die auf schwedisch. Das war schon ein Problem; und die Fachliteratur, die die Schule selber auf englisch hatte, war ziemlich dürftig und ziemlich wenig. Also wenn, dann war es wirklich so, dass ich mich selber informiert habe, im Internet oder in bestimmten Broschüren.

Solche Schwierigkeiten wurden von anderen Studierenden bestätigt, indem sie sagten, dass es in manchen Einrichtungen schwierig war, Passendes zu finden, dass die Qualität der Literatur zu wünschen übrig ließ, dass überhaupt kaum Literatur zur Verfügung stand oder dass es nahezu ausschließlich Literatur des jeweiligen Trägers gab, wie das folgende Beispiel zeigt:

Es gab einen Raum, den Ressourcenroom, da waren alle Bücher, Prospekte, Hefte und der PC, aber wissenschaftlich fundiert war das nicht. Ich habe auch kein Buch eines großen Pädagogen da stehen sehen. Es war alles von dieser Firma, diesem Träger.

Zusammenfassend lässt sich sagen, Studierende im Ausland bekamen weniger Sicherheit durch Anleitung, daher waren sie mehr als diejenigen im Inland auf Beobachtung, kritische Überprüfung und Nachahmung und auf eher implizites Lernen angewiesen. Die Studierenden schauten sich viel von ihren Vorbildern ab, baten sie um Rückmeldung zum eigenen Handeln und stellten ihnen Fragen. Bedauerlicherweise konnten sie auch Literatur weniger nutzen als die Inlandsstudierenden. Dies reduzierte die Möglichkeit der Verbindung von Theorie und Praxis.

Markant ist zudem, dass es in den meisten Kindertageseinrichtungen im Ausland wie auch im Inland eine geteilte Anleitung zwischen Managerin/ Leiterin für Leitungsfragen sowie den Gruppenpädagoginnen oder anderen Fachkräften für die pädagogische Arbeit gab. Die Vor- und Nachteile dieser Form müssen bei der Gestaltung des Praxissemesters von Seiten der Hochschule beachtet werden.

5.2.2 Auswertung

Im Inland hatten alle Praktikantinnen eine gemeinsame Auswertung mit ihren Anleiterinnen, aber nur bei einem Teil der Studierenden spielte dabei der Ausbildungsrahmenplan eine Rolle. Bei der Art und Weise der Auswertung lassen sich verschiedene Wege erkennen, die mit graduellen Unterschieden im In- und Ausland vorkamen.

Permanente, angeleitete Reflexion entlang des Ausbildungsrahmenplanes

Diese Form gab es nur in einer Kindertageseinrichtung und an einer HzE-Stelle im Inland. Aus der Kindertageseinrichtung wurde berichtet:

Bei uns war das so, dass ich erst meinen Ausbildungsrahmenplan erstellt habe und dann haben wir es so gemacht, dass ich Zeit hatte, mich umzuschauen und einzuarbeiten. Dann haben wir geplant, dass ich z.B. in diesen zwei Wochen ein Projekt durchführe, dann bei Rhythmik etwas mache, dann in den nächsten zwei Wochen etwas bei den Vorschulkindern mache. Es war für jede Aktivität ein gewisser Zeitraum vorgeplant. Nach jedem Angebot haben wir reflektiert, wie es mir dabei ging, und sie hat mir Rückmeldung gegeben.

Zwischen- und/oder Schlussauswertung mit Plan

Die Auswertungen, bei denen der Ausbildungsrahmenplan eine Rolle spielte, scheinen von recht unterschiedlicher Intensität gewesen zu sein. Aus einer Inlandsstelle mit Familienarbeit wurde berichtet:

Wir haben uns einmal getroffen, quasi als Zwischenauswertung. Da sind wir schön zusammen im Café gesessen, ... das war ganz schön, aber meines Erachtens nach leider etwas zu spät. Es war zwei Monate vor Ende, als man dann auch nicht mehr so viel machen konnte. Das war auch das erste Mal, an dem ich 100%ig gefragt worden bin. Bei so einer Situation sagt man das auch noch einmal anders, als im Alltag... Das Gespräch fand ich sehr gut, weil man gegenseitig einen Einblick darüber bekommen hat, was der andere denkt... Meine Anleiterin hat zum ersten Mal jemanden gehabt, deswegen war es für sie neu. ... Wir hatten ganz am Schluss auch noch einmal eine Reflexionsrunde. Da habe ich mich vorbereitet und seitenweise geschrieben, was ich alles anders machen würde oder was gut war, und das hat sie sich alles notiert. Da sind wir auch noch einmal den Ausbildungsrahmenplan durchgegangen... Ich habe Ziele erreicht, aber ob das alle sind? Ich war schon etwas enttäuscht, dass ich da nicht mehr theoretischen Input in der Praxis gesehen habe. Das war mein einziges großes Defizit.

Im Ausland gab es sowohl die Evaluation anhand des Plans als auch einfach immer wieder die Frage der Managerin an die Praktikantin, wie es mit ihrer Umsetzung stehe.

An anderen Stellen im In- und Ausland erfolgte die Zwischenauswertung tatsächlich in der Mitte des Praxissemester im Sinne einer systematischen dialogischen Auswertung.

Auswertung ohne Plan

Stellvertretend für diese Form steht die folgende Aussage:

Den Ausbildungsrahmenplan haben wir dazu nicht verwendet. Der hatte am Anfang eine Bedeutung, sie musste den ja auch machen und absegnen, unterschreiben, aber wir haben ihn dann nicht noch einmal auf den Tisch gelegt.

Insgesamt lässt sich sagen, eine systematische und dialogisch angelegte Zwischen- und/oder Schlussauswertung mit dem Ausbildungsrahmenplan als Grundlage fand häufiger im In- als im Ausland statt. Im Ausland wurde der Plan dementsprechend häufiger von den Studierenden zu ihrer Selbstkontrolle verwendet als zur dialogischen Auswertung.

5.2.3 Supervision

Die Inlandspraktikantinnen konnten im Gegensatz zu den Auslandspraktikantinnen zusätzlich zur Anleitung und zum Theorie-Praxis-Seminar freiwillig an Gruppensupervisionen teilnehmen, die aus Studiengebühren finanziert werden. Die Studierenden, die das Angebot angenommen haben, erlebten Supervision als großen Gewinn:

Ich finde, die Supervision war ein super Angebot. Wir haben eine erfahrene Supervisorin bekommen und konnten im Team Fachliches besprechen und professionelle Tipps bekommen, aber auch unser persönliches Verhalten reflektieren. Wir konnten alles einbringen. Das fand ich super.

Die Auslandspraktikantinnen erhielten aus Verwaltungsgründen leider keine Supervision, damit hatten sie kein explizit personenbezogenes Reflexionsangebot.

6. Lernen im Praktikum im In- und Ausland

6.1 Bewertende Aussagen der Studierenden

Geht man dem Gewinn durch das Praktikum nach, den Studierende benennen, so zeigt sich bei Inlands- und Auslandpraktikantinnen eine deutlich unterschiedliche Gewichtung. Dies lässt sich an Hand von drei Kategorien verdeutlichen, an dem persönlichen und dem fachlichen Lerngewinn sowie an den Gewinn für das Studium.

Persönlicher Gewinn

Sowohl von den Inlands- als auch von den Auslandspraktikantinnen wurde der persönliche Gewinn durch das Praktikum benannt. Bei den Inlandspraktikantinnen lag er jedoch teilweise auf anderen Ebenen, als bei den Auslandspraktikantinnen. Bei einer von ihnen stellte sich die ganz persönliche Bestätigung ein, "dass ich es mit meinem Kind gar nicht so schlecht mache". Eine weitere setzt ihre neuen Kenntnisse so um, dass sie allen in ihrem Freundeskreis, die Kinder haben, zeigt, wie sie diese halten sollen. Eine andere merkte, dass sie eine Gruppe leiten kann und wieder eine andere, das sie in der Lage ist, sich in ein Team einzufinden. Eine weitere Inlandspraktikantin beschrieb ihren umfassenden persönlichen Gewinn wie folgt:

Das lebenslange Lernen ist mir deutlich geworden. Wenn das Studium vorbei ist, kann man nicht einfach stehen bleiben und sich ausruhen. Das ist mir dort auch klar geworden. Da sind teilweise auch Frauen dabei gewesen, die schon lange bei der Stadt ... beim Jugendamt arbeiten und nie aufgehört haben, sich weiterzubilden. Sie haben immer geschaut, was es Neues gibt und wo man noch mehr für die Kinder herausholen kann. Und was noch für die Arbeit mit den Eltern sinnvoll wäre. Oder auch was es an Neuerungen gibt. Die waren einfach total offen und bereit.

Der hohe persönliche Gewinn, den Auslandspraktikantinnen fast durchweg beschrieben, soll an einigen Beispielen verdeutlicht werden. Die erste Aussage stammt von einer Studentin, die wegen anfänglicher Schwierigkeiten die Praxisstelle gewechselt hat:

Ich würde es sehr bereuen, wenn ich es nicht gemacht hätte. Ich komme mir so vor, dass ich seit meinem Auslandsaufenthalt ganz anders bin als vorher. Eigentlich in allen Dingen. Ich denke, das hängt einfach an der Einstellung. Ich weiß nicht, vielleicht war ich vorher auch so - man sagt ja, die Deutschen sind immer so brummig und jammern viel, das schlägt mir jetzt auch ganz oft entgegen bei Leuten, die einfach noch nie im Ausland waren. Die sind einfach nicht gelassen. Da haben sich meine Einstellungen auch verändert. Dadurch, dass ich manches jetzt gelassener sehe, kann ich auch viel mehr erreichen, so kam es mir vor. Und ich lasse jetzt mehr Kritik an mich heran, und die Qualität meiner Reflexion hat zugenommen. Auf jeden Fall auch die Selbstständigkeit, das Durchsetzungsvermögen und dass man einfach erkennt, dass wenn man vielleicht auch erst gerade in der Ausbildung ist, auf dem beruflichen Weg, dass man dann nicht gleich irgendwo hoch oben einsteigen kann und nicht Alles wissen kann. Dass Alles irgendwo einen Weg vor sich hat und dass, wenn man sein Ziel am Ende kennt, den Weg gehen kann, egal wie lang er ist. Für mich hat das Ausland sehr viel gebracht. Ganz viel auch persönlich, würde ich sagen. Es war zwar schwierig für mich, aus dem ganzen sozialen Umfeld herausgerissen zu sein, ich habe es aber auch teilweise genossen, einfach mal ohne äußeren Einfluss zu schauen, was ich will und brauche und mir das dann zu nehmen. Auch die Selbsteinschätzung und das Selbstwertgefühl haben ganz stark zugenommen. Auf jeden Fall habe ich mehr Sicherheit, weil man, wenn man ins Ausland geht, finde ich, doch mehr ins kalte Wasser geschmissen wird, als wenn man jetzt nur in seinem Kreis irgendwo bleibt.

Persönlich habe ich unheimlich viel gelernt. Kulturell auch. Sich in eine Kultur einzuleben, sich so anzupassen, dass da Freundschaften und Kontakte entstehen können. Eigentlich für mein ganzes Leben. Ich habe die ersten vier Wochen hier in Deutschland wirklich Probleme gehabt, ich bin mit der Mentalität hier nicht mehr klar gekommen, weil ich die Mentalität in England so genossen habe. Die war einfach so toll, vom Menschlichen her. Und hier in Deutschland versuche ich, vehement das fortzuführen, was ich in England gemacht habe.

Mein Blick ist breiter geworden, ich habe einiges Positive und einiges Negative gesehen und ich kann vergleichen... Ein halbes Jahr Praxis ist schon gut, ich weiß jetzt, wo sind meine Schwerpunkte, was kann ich verbessern, wo sind meine Stärken, wo sind meine Schwächen, in welche Richtung möchte ich mich weiter entwickeln. Was macht mir Spaß, was nicht, was möchte ich vermeiden, weil ich dafür nicht geeignet bin.

Ich habe mir viel selber angeeignet. Ich muss auch sagen, wenn ich jetzt sagen sollte, in welchem Gebiet ich am meisten gelernt habe, dann wäre meine Antwort: im Bezug auf mich selber. Im Bezug auf meine berufliche Rolle, im Bezug auf meine Einstellung, im Bezug auf meine Meinung über Kindertagesstätten und die Berufsausbildung hier in Deutschland. Ich muss sagen, auf dem Gebiet habe ich am meisten gelernt, und das sind persönliche Einstellungen.

In beiden Gruppen wurde zudem benannt, dass sie Ideen für das gewonnen haben, was sie in Zukunft machen wollen. Zusammenfassend zeigte sich, dass bei den Auslandspraktikantinnen der persönliche Gewinn ein deutlich höheres Gewicht hatte als bei den Inlandsstudentinnen.

Fachlicher Gewinn

An den Aussagen zum fachlichen Gewinn zeigt sich dagegen das umgekehrte Bild: Die Inlandspraktikantinnen berichteten sehr ausführlich über ihren Zuwachs an Wissen und Können. Dies wird insbesondere in der Familienarbeit deutlich. Bei den Praktikantinnen in Kindertageseinrichtungen scheint der Unterschied zwischen In- und Auslandspraktikum nicht vergleichbar groß gewesen zu sein. In beiden Gruppen wurden vor allem zwei Lernbereiche immer wieder als fachlicher Gewinn benannt. Zum einen der Zuwachs an Handwerkszeug:

Ich denke, ich habe mehr Handwerkszeug bekommen, vielleicht auch noch einmal eine präzisere Haltung zur Pädagogik, zu den Kindern, eigentlich zu dem ganzen Feld. Ich habe ein besseres Bild von dem, was ich möchte und was ich nicht möchte.

Und zum zweiten war es offensichtlich für die Studierenden besonders interessant, die Teamstrukturen und die Art und Weise der Arbeit der Leitung zu beobachten sowie die Vernetzung der Personen und der Fachdienste untereinander. Die Studierenden in der sozialpädagogischen Familienarbeit betonten zudem den besonderen Lerngewinn durch den direkten Kontakt mit sozial benachteiligten Familien:

Für mich war es ein Gewinn, in diese Familien zu dürfen. Man geht wirklich in die Wohnung hinein und bekommt das mit, wie sie miteinander reden und miteinander umgehen, wie sie leben, wie sie nach außen gehen, mit Ärzten und Lehrern reden. Das habe ich vorher schon immer gewusst - klar gibt es verschiedene Familien und die, die von Hartz 4 leben sind, ganz arm dran, aber es ist wirklich sehr verschieden. Das fand ich total interessant.

Vergleichbare Erfahrungen konnte nur eine Auslandspraktikantin in einem englischen Children Centre erwerben.

Aber auch vom Zuwachs im Bereich anderer fachlicher Kenntnisse, die vorher nicht im Blick waren, wurde von den Inlandspraktikantinnen berichtet, z.B. über die Förderung von Kindern mit Autismus, über die Anwendung von Testverfahren, über die Arbeit mit sozial- und heilpädagogische Methoden wie z.B. der Biographiearbeit und der Spieltherapie. Als besonders interessant und lehrreich wurden auch die Fallbesprechungen im Team oder im Anleitungsgespräch hervorgehoben. Als ebenfalls sehr wichtig wurden die gewonnenen Erfahrungen mit dem Jugendhilfesystem und seine Abhängigkeit von der Politik bewertet.

Die Auslandspraktikantinnen betonten dagegen die Bedeutung ihrer Auslandserfahrungen für das Verständnis von Migranten:

Wenn ich jetzt in Deutschland auf einen Menschen mit Migrationshintergrund treffe, habe ich ein ganz anderes Verständnis für diese Person, weil ich selber in dieser Situation war und mich jetzt viel besser, oder überhaupt mal richtig einfühlen kann.

Zum zweiten wurde die Kenntnis von unterschiedlichen Bildungs- und Gesellschaftssystemen und die Fähigkeit, sich hierin zurechtfinden zu können, benannt:

Man hat andere Eindrücke, man lernt ein anderes System kennen und kann das auch vergleichen und erkennen, dass es in Deutschland gar nicht so schlecht ist, wie immer behauptet wird. Dass es dort, wo man gehört hat, dass es toll wäre, auch nicht immer so stimmt. Dass man das vergleichen kann, und das ist wichtig für das weitere Studium.

Ich habe viel über das System gelernt habe, und wenn ich das letztendlich auch in Fachlichkeit einbeziehe, wenn ich mich in einem neuen System zurechtfinden kann und in so einem System arbeite, empfinde ich das als einen Gewinn für Deutschland, weil ich das hier einbringen kann. Das heißt, ich hänge nicht an starren Strukturen fest.

Gewinn für das Studium

Die Aussagen zum Gewinn für das Studium sind von Inlands- und Auslandspraktikantinnen relativ ähnlich. Hervorgehoben wurden z.B. immer wieder die Bereiche, in denen eine Verbindung hergestellt wird zwischen dem Praxissemester und den Inhalten im weiteren Studium, z.B.:

Ich habe oft bei Gesprächen mit Eltern gemerkt, dass ich ganz oft nicht wusste, wie ich jetzt weiter machen soll, was ich sagen kann und was nicht, und wie ich es sage, ohne dass es verletzend ankommt. Wir haben jetzt ein Seminar, das Gesprächsführung heißt, und das ist super. Was wir alles lernen, was es für theoretische Modelle gibt. Ich hatte ganz oft ein Gefühl, was ich machen könnte und was nicht, aber eben nur ein Gefühl, und das bekommt jetzt alles Wörter, Namen und einen Hintergrund für mich.

In allen Themen, ob Leitung oder Öffentlichkeitsarbeit, alles was wir jetzt haben, habe ich immer schon ein Beispiel parat, und wenn es ein Negativ-Beispiel ist. Ich habe ein Bild davon, wie so etwas funktionieren kann.

Deutlich zeigt sich an den Aussagen der Studierenden, dass sie die Rolle der Co-Produzenten ihres Studiums angenommen haben und teilweise enorme Fortschritte in ihrer persönlichen und professionellen Entwicklung sehen. An der folgenden Aussage einer Auslandspraktikantinnen wird auch sichtbar, wie sehr die persönliche und die fachliche Entwicklung als miteinander verwoben erlebt wurden:

Das hat bei mir das Interesse geweckt, noch mehr lernen zu wollen und das vertiefen zu wollen. Ich denke auch, gerade wenn man im Privaten wächst, nimmt man das in den Beruf mit. Und ich denke auch, nur wenn man sich privat entfaltet und das zulässt, kann man sich auch beruflich darauf einlassen, anders kann ich mir das schwer vorstellen.

Abschließend ist zu sagen, dass sich einzelne In- und Auslandpraktikantinnen noch mehr Lerngewinn und eine höhere Qualität der Einrichtungen gewünscht hätten. Auslandspraktikantinnen sagten z.B., dass sie möglicherweise unter fachlichen Gesichtspunkten in Deutschland mehr gelernt hätten, dass sie das Auslandspraktikum aber auf Grund ihrer persönlichen Entwicklung keinesfalls missen wollen.

6.2 Zusammenfassend: Die Möglichkeiten integrierter Praxissemester

Ein integriertes Praxissemester bietet aufgrund seiner Dauer die Möglichkeit, einen fundierten Einblick in die Tätigkeit von Kindheitspädagogen zu gewinnen und in Teilbereichen zu selbstständigem, verantwortlichem Handeln zu gelangen. Alle Studierenden bis auf eine betonten. "Wenn ich kürzer da gewesen wäre, z.B. nur ein oder zwei Monate, hätte ich nur eine Fassade gesehen und alles super gefunden, so konnte ich aber dahinter schauen." Einige meinten sogar, es sei zu kurz gewesen. Auslandspraktikantinnen und Studierende ohne vorherige Erzieherinnenausbildung begründeten dies damit, "dass man ja zuerst sprachliche Sicherheit gewinnen muss" oder "dass man erst eine Einrichtung und ihre Arbeitsweise kennen lernen muss, um sich selber sinnvoll einbringen zu können". Außerdem wurde von den Studierenden darauf verwiesen, dass man bei kürzeren Praktika fundiertes, prozesshaftes Handeln kaum lernen kann und dass Personen so nicht fachlich zu begleiten sind und ihre Entwicklung nicht verfolgt werden könne.

Auch die persönliche Entwicklung von Studierenden im fachlichen Kontext kann leichter in einem Praktikum von längerer Dauer erfolgen. Den Studierenden ist es in diesem Setting möglich, ihre subjektiven Theorien zu verändern und zu erweitern, wie dies an vielen Beispielen deutlich wurde, etwa an der Aussage von Auslandspraktikantinnen zu ihrem neuen Verständnis für Migranten oder an der ländervergleichenden Bewertung des Systems von Kindertageseinrichtungen und bei den Inlandspraktikantinnen z.B. an der Auseinandersetzung mit der Situation sozial benachteiligter Familien. Außerdem haben die Studierenden die Chance, ihren Lernprozess aktiv in die eigene Hand zu nehmen und ihre Rolle als Praktikantin bewusst zu gestalten.

Die Vorgaben der Hochschule und ihr Unterstützungsrahmen - auch für Auslandspraktikantinnen - waren nach Aussagen der Studierenden sinnvoll und hilfreich. Ebenso positiv bewertet wurde die Lage des Praxissemesters in der Mitte des Studiums.

Betont wurde jedoch, dass die Suche nach guten Praxisstellen insbesondere im Ausland von Seiten der Hochschule verstärkt werden muss, denn der Lerngewinn des Praxissemesters steht und fällt mit der Qualität der Praxisstelle. Außerdem wurde gefordert, dass auch für die Auslandspraktikantinnen Supervision ermöglicht werden muss.

6.3 Zusammenfassend: Unterschiede eines In- und Auslandspraktikums

Die Aussagen der Studierenden sowie die Schlüsse, die sich aus der Auswertung der Interviews ergaben, werden im Folgenden unter dem Gesichtspunkt von Vor- und Nachteile in tabellarischer Form zusammengefasst:

Tabelle: Unterschiede eines In- und Auslandspraktikums

Inlandspraktikum Auslandspraktikum
Vorteile Vorteile
  • Man bekommt vom deutschen System mehr mit
  • Es gibt viele Möglichkeiten/ Bereiche, die man sich erschließen kann
  • Man kennt die Sprache und kann daher fachlich schneller und besser einsteigen
  • Evtl. lernt man fachlich mehr
  • Probleme sind leichter zu besprechen und zu lösen
  • Die Anleitung ist qualifizierter
  • Es können Kenntnisse des deutschen Jugendhilfesystems und der Jugendhilfe- und Bildungspolitik gewonnen werden
  • Man kann evtl. als Honorarkraft an der Stelle weiterarbeiten, an der man das Praxissemester gemacht hat
  • Man stellt sich auf die Globalisierung ein
  • Man lernt ein anderes System und eine andere Kultur kennen
  • Man sieht das eigene System mit anderen Augen
  • Man gewinnt die Fähigkeit zur Beurteilung verschiedener Systeme
  • Man lernt andere Ansätze und Konzepte kennen
  • Man bringt neue Ideen nach Deutschland
  • Man stellt fest, dass es in Deutschland gar nicht so schlecht ist, wie oft gesagt wird
  • Man kann sich besser in Migranten einfühlen
  • Es ist ein starker persönlicher Gewinn
  • Einstellungen verändern sich
  • Man zeigt Risikobereitschaft
  • Man stellt sich auf Neues ein
  • Man beißt sich durch
  • Das Selbstmanagement und die Selbsterkenntnis werden gestärkt
  • Man erweitert seine Sprachkenntnisse
  • Es ist ein Karrierebaustein
Nachteile Nachteile
  • Man bekommt keine Distanz zum deutschen System und ist dabei eventuell für Innovationen weniger offen
  • Man entwickelt sich eher fachlich als allgemein persönlich weiter
  • Man lernt sich nicht vergleichbar in die Situation von Migranten einzufühlen
  • Man muss sich nicht so durchbeißen
  • Man entwickelt nicht so viel Selbstkompetenz
  • Qualität der Einrichtungen ist schwer zu überprüfen
  • Andere Sprache und andere Systeme machen die Einarbeitung schwerer
  • Man gewinnt keinen so tiefen Einblick in das deutsche System
  • Man gewinnt evtl. geringere bzw. eine andere Fachlichkeit für die Arbeit in Deutschland
  • Es herrscht überwiegend ein anderes Bild vom Kind vor, und die pädagogische Arbeit ist häufig leistungsorientierter
  • Man erfährt die deutschen Verwaltungs- und Rechtsstrukturen nicht in ihrer Auswirkung
  • Man erhält weniger Anleitung
  • Keine Supervision
  • Es wird weniger Literatur genutzt
  • Man knüpft keine Kontakte für später

Die Auflistung bestätigt die Aussagen der Studierenden, dass es Vor- und Nachteile bei Auslands- und Inlandspraktika gibt, und konkretisiert diese zugleich. Unter dem Strich steht die Erkenntnis, dass Studierende teilweise Ähnliches und teilweise deutlich Anderes in ihrem Praktikum im In- und Ausland lernen. Die Vor- und Nachteile lassen damit keine eindeutige Aussage zu, welche Art des Praktikums besser ist,. Somit sind die Vor- und Nachteile als Unterschiede zu werten, die unterschiedliche Kompetenzprofile für die Studierenden mit sich bringen.

Deutlich wurde jedoch, dass bei Auslandspraktika mehr Risiken für die Studierenden bestehen als bei Inlandspraktika. Dies zeigt sich bereits an den Problemen, über die Ländergrenzen hinweg gute Einrichtungen zu finden. Zudem sind auftretende Schwierigkeiten im Ausland schwerer zu bearbeiten als im Inland. Ein Indiz dafür könnte sein, dass im Ausland drei Studierende, im Inland aber nur eine die Praxisstelle wechselten. Das erhöhte Risiko eines Auslandspraktikums kann jedoch durch eine sorgfältige Vorbereitung und Begleitung durch die Hochschule während des Praxissemesters zumindest teilweise aufgefangen werden.

Die in der Befragung deutlich gewordenen Vor- und Nachteile können Unterstützung für die Beratung der Student/innen bei der Wahl ihres Praktikumsortes geben. Außerdem enthalten sie Hinweise, die es Studierenden ermöglichen, eine eigene Entscheidung zu treffen, denn letzten Endes müssen diese die Chancen und Risiken für sich selbst abwägen.

7. Anmerkungen

  1. Andere Studierende absolvierten ein theoretisches Studiensemester im Ausland oder, sofern sie Vorerfahrungen als Erzieherinnen haben, waren sie z.B. in der Forschung oder in der Lehre an einer Fachschule tätig.
  2. Zusammenfassend wird für diese Formen im Folgenden von Familienarbeit u.ä. gesprochen - außer wenn eine bestimmte Form hervorgehoben werden soll, dann wird diese speziell genannt.
  3. Im Folgenden werden alle diese Einrichtungsformen unter der Bezeichnung Kindertageseinrichtungen zusammengefasst. Nur wenn es zum Verständnis eines Sachverhaltes wichtig ist, werden die speziellen Bezeichnungen verwendet.
  4. Frühpädagogik studieren - ein Orientierungsrahmen für Hochschulen. Stuttgart: Robert-Bosch-Stiftung 2008
  5. Beschluss der BAG-BEK vom 28.04.2009: Die Berufsbezeichnung der Absolventinnen und Absolventen von Bachelorstudiengängen zur Bildung und Erziehung in der Kindheit (Sammelbegriff) soll in Zukunft Kindheitspädagogin/ Kindheitspädagoge lauten. Diese Berufsbezeichnung umfasst die Arbeit mit Kindern ebenso wie mit Familien und dem Umfeld, in dem sie leben.
  6. Schwarz-Govaers, R.: Subjektive Theorien als Basis von Wissen -und Handeln. Ansätze zu einem handlungstheoretisch fundierten Pflegedidaktikmodell. Bern: Huber 2005, S. 17
  7. Ebd., S. 19 f.
  8. Ebd., S. 18
  9. Es wird nur die weibliche Form benutzt, da es sich ausschließlich um Frauen handelte.
  10. Die zitierten Aussagen enthalten Ergänzungen, die zur Verbesserung der Verständlichkeit vorgenommen wurden.
  11. Prager-Eltern-Kind-Programm
  12. Dennoch ist es ein Problem, dass Erzieherinnen die Anleitung für Hochschulpraktikantinnen übernehmen müssen, obwohl sie selbst nicht für ein entsprechendes Profil ausgebildet worden sind.