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Zitiervorschlag

Vorschulerziehung auf dem Weg nach Europa - Multikulturelle Erziehung und Europäisierung

Christian Büttner

 

1. Interkulturelle Erziehung und Europäisierung

Versuche, so etwas wie eine interkulturelle Erziehung zu verwirklichen, sind nicht nur in Deutschland zu einem Zeichen unserer heutigen Zeit geworden. Überall in den europäischen Nachbarländern wird in Folge wachsender Migrationsbewegungen zwangsläufig darüber nachgedacht, in welchem Verhältnis man zu den neuen Fremden steht, ob und wie man sie in die bestehenden Verhältnisse integrieren kann und soll, und schließlich natürlich auch: wie die folgenden Generationen, also unsere Kinder und Kindeskinder, auf ein Leben mit diesen Verhältnissen angemessen vorbereitet werden können.

Auch der Europäisierungsprozeß ist ein Zeichen unserer Zeit und zwar nicht erst seit heute, sondern schon seit einer ganzen Weile. Dennoch aber schlugen die Herzen in den europäischen Ländern in den letzten Jahren besonders hoch: Erstmalig wurden Anstrengungen, die man im nationalen Alltag nur wenig zu spüren bekommt, unternommen, den Einigungsprozeß der europäischen Nationalstaaten hin zu einem politisch gemeinsamen Europa in den Vordergrund zu rücken. Erstmals sollten die Grenzen wirklich fallen, die Schlagbäume wirklich beseitigt werden, und nun gibt es sogar das gemeinsame Geld, die Euro-Währung.

Ähnlich wie die Zeiterscheinung des Europäisierungsprozesses ist auch die Zeiterscheinung der interkulturellen Erziehung von einem ständigen Auf und Ab, d.h. einer heftigen kontroversen Diskussion begleitet, die in den europäischen Ländern z.T. ganz unterschiedlich geführt wird. Dafür, dagegen, mit Einschränkungen dafür, niemals, die Grenzen auf, die Grenzen zu, Fremde rein, Fremde raus - nichts scheint in diesen beiden Zeitströmungen entschieden. Alles ist nach wie vor offen. Eines aber scheint klar: Es sind in beiden Erscheinungen Fakten gesetzt. Auf der einen Seite gibt es die großen Wanderungsbewegungen zunächst von Süd nach Nord, inzwischen von Ost nach West, die vor keinem Land, keiner Nationalität Halt machen. Und auf der Seite der Europäisierung ist der Prozeß einer ökonomischen Annäherung der europäischen Nationalstaaten bereits so weit fortgeschritten, daß ein großer Teil des wirtschaftlichen Lebens in dem Kontinent Europa (wo auch immer man die Grenzen zieht) von einem übergreifenden Wirtschafts- und Handelssystem abhängig ist. Ohne daß also die Bürger der europäischen Länder jemals darüber hätten abstimmen können, sind in beiden Bereichen - dem der interkulturellen Erziehung und dem des Europäisierungsprozesses - Fakten geschaffen, hinter die niemand mehr zurückgehen kann.

Bisher wurden diese Zeiterscheinungen eher isoliert betrachtet. Vor allem in der erzieherischen Alltagspraxis hat man sich keine Gedanken darüber gemacht, daß das eine mit dem anderen ja durchaus etwas zu tun haben könnte. Vielleicht deshalb nicht, weil das eine zu bedeuten scheint

    interkulturelle Erziehung = Erziehung unter einem gemeinsamen (nationalen) Dach

und das andere

    Europäisierung = das Bauen eines gemeinsamen Hauses (mit einem europäischen Dach), in dem man vielleicht auch gemeinsame Erziehung betreiben kann (von der allerdings bisher nicht die Rede ist).

Das Gemeinsame der Erscheinungen liegt gleichwohl auf der Hand. Interkulturelle Erziehung kann man nämlich als die Integration verschiedener Kulturen inklusive der eigenen (nationalen) begreifen, und die Europäisierung beinhaltet im Prinzip das gleiche: die Integration fremder europäischer Kulturen inklusive der eigenen. Die Ethnozentriertheit in der interkulturellen Erziehung, d.h. Erziehung aus ausschließlicher Perspektive der nationalen Kultur, hat möglicherweise bisher verhindert zu sehen, daß im Europäisierungsprozeß von den jeweiligen Nationalitäten etwas verlangt wird, was möglicherweise bei der interkulturellen Erziehung ebenso geboten wäre: ein interkulturelles Verhalten, das von dem gleichen Respekt und der gleichen Anerkennung den Fremden gegenüber getragen werden muß, wie man sie von diesen gegenüber der eigenen Kultur erwartet.

So schwer das Aufeinanderzugehen (nicht nur in der interkulturellen Erziehung, sondern auch in der Europäisierung) sein mag, so gute Chancen liegen darin aber auch für das Leben in einer multikulturellen Gesellschaft überhaupt: Der Aufbruch zu einer neuen interkulturellen Identität, d.h. einem Bündel von Einstellungs- und Verhaltensweisen, die von der Gleichwertigkeit der Menschen - einerlei, welcher Kultur - ausgehen, steht nicht nur am Anfang des Weges hin zu einer neuen Qualität interkultureller Erziehung, sondern auch am Anfang des Weges nach Europa. Wo aber liegt dieses sagenhafte Land Europa? Wie läßt es sich erreichen, wie läßt es sich dort leben?

Mit den folgenden Ausführungen möchte ich zunächst einige Ideen zu Europa als einem gedanklichen Gebilde referieren, von dem z.Zt. völlig unklar ist, wie es sich in weiterer Zukunft entwickeln wird. Dann entwickele ich einige Überlegungen zur Herausbildung von kultureller Identität. Danach werde ich einen Überblick über einige Grundideen interkultureller Erziehung geben (die zu dem Versuch geführt haben, mit Erzieherinnen und Erziehern an der Frage zu arbeiten, wie wir interkulturelle Erziehung anders als bisher verwirklichen könnten: als Erziehung im Sinne einer Hinführung auf ein zukünftiges Europa). Schließlich werde ich aus den Erfahrungen in der Begleitung interkultureller Vorschulerziehung im Rahmen einer Projektsupervision bei der Fortbildungsstudie der HSFK "Haus Europa. Interkulturelle Erziehung und europäische Identität" ein Fazit zu ziehen suchen, welche neuen Perspektiven für eine interkulturelle Erziehung mit der Entwicklung hin auf ein zukünftiges Europa sich daraus ergeben könnten (Bei diesem Projekt hatten die Teams einer kirchlichen und einer kommunalen Einrichtung insgesamt 33 gruppenanalytisch orientierte Supervisionssitzungen, die eingerahmt waren von einer plenaren Eröffnungsveranstaltung sowie zwei gemeinsamen Zwischenbilanztagungen. Den Abschluß bildete eine Fachtagung, die mit den Erzieherinnen gemeinsam vorbereitet und durchgeführt wurde [vgl. zur Anlage und Begründung von Fortbildungsstudien: Büttner 1994]).

2. Europa

In vielen Veröffentlichungen, die sich mit der Entwicklung des europäischen Kontinents zu einem politischen System Europa beschäftigen, wird die Geschichte wiedergegeben, der die Idee Europa ihren Namen verdankt: Der Göttervater Zeus - so die Sage - entführte die junge Europa, eine phönizische Königstochter, nach Kreta. Er bediente sich dabei der Gestalt eines Stieres, um Hera, seine Frau, über seinen Seitensprung hinwegzutäuschen. Wir, die Europäer, Nachkommen dieses Seitensprungs? "Dieser mythische Vorgang", so Herfried Münkler, "ist nicht gerade schmeichelhaft, stellt er uns doch auf eine Ebene mit jenen Centauren, Mischwesen, halb Pferd, halb Mensch, denen die Griechen nachsagten, sie seien so kriegerisch gewesen, daß sie zuletzt, als keine Feinde mehr da waren, die sie bekämpfen konnten, sich in endlosen Bürgerkriegen gegenseitig ausgerottet hätten... Über den Minotaurus, ein Mischwesen, das halb Stier, halb Mensch war, wußten die Griechen in ihren Mythen auch zu berichten, daß es der Anthropophagie, der Menschenfresserei fröne, denn wie anders soll man es bezeichnen, wenn der Mythos berichtet, die Athener hätten in regelmäßigen Abständen eine bestimmte Zahl junger Männer und Frauen opfern müssen, die vom Minotaurus, dem im Labyrinth eingeschlossenen Ureuropäer, gefressen worden seien" (Münkler 1975, S. 15 f.).

Eine solche Betrachtung gibt selbstverständlich für eine rationale Beurteilung der Gegenwart und der Chancen einer europäischen Zukunft nicht viel her. Aber sie charakterisiert doch, daß sich mit dem Namen Europa vielleicht eher ein Mythos verbindet als der Name eines Landes, mit dem man sich identifizieren und in bezug auf welches man eine eigene Identität herausbilden könnte. In diesem Zusammenhang scheint mir eine weitere Assoziation wichtig, die sich im Laufe der Vergangenheit mit dem Begriff und der Idee Europa immer wieder verknüpft hat: Die Aufteilung der Welt in einen Westen und einen Osten, eine Aufteilung, die schon immer als Projektionsfläche für Ängste und Hoffnungen gedient hat. Je nach Perspektive ließ sich damit das "Gold" im Westen bzw. die "Gefahr aus dem Osten" assoziieren. Dazu gehört die Westausrichtung der Kirchen ebenso wie die politischen Versuche der Vergangenheit, sich gegen Hunnen, Türken und - vielleicht ganz aktuell - Russen aus dem Osten abzuschirmen bzw. zu verteidigen. Ganz unter der Hand ist Europa damit zum inoffiziellen Namen der westlichen Christenheit geworden, die sich von den Heiden abgrenzt.

Politische Vorgänge über den persönlichen, dörflichen, städtischen oder regionalen Lebensbereich hinaus waren eigentlich immer schon besonders für die kulturellen Eliten von Bedeutung. Und so spielte die Idee Europa auch in erster Linie in den Köpfen europäischer Intellektueller eine Rolle. War es die Phantasie einer gebündelten Macht auf philosophischer Grundlage? War es die Überwindung kultureller Beschränkungen und regionaler bzw. lokaler Engstirnigkeiten? War es das gleiche Phantasma, über die Grenzen von Nationalstaatlichkeit hinauszuwachsen, wie es das heute ja vielleicht ebenso ist? Nicht zufällig sind europäische Förderprogramme im Hochschulbereich nach Erasmus von Rotterdam benannt, dem sogenannten ersten Europäer ("Erasmus von Rotterdam wirkte vor allem durch seine historisch-philologisch orientierte Schriftstellertätigkeit, mit der er im Nahmen der Selbständigkeit des Geistes die Grenzen autoritärer Traditionen überwand ... 3000 Briefe zeugen von seinen Beziehungen zur europäischen Geisteswelt" [Meyers 1983, S. 193]).

Das "Volk" spielt für Europa wahrscheinlich erst seit den aktuellen Referenden in Dänemark und Frankreich wirklich eine Rolle. Und dort wurde denn auch sichtbar, daß - so attraktiv die Idee Europa für Intellektuelle sein mag - hinter dieser Idee, wenn überhaupt, nur hauchdünne Mehrheiten stehen. Selbst in der Bundesrepublik fühlen sich - so die Demoskopin Elisabeth Noelle-Neumann in einer neueren Untersuchung - mindestens 75% eher als Deutsche denn als Europäer (Noelle-Neumann 1994, S. 40).

Die vielfältigen Diskussionen um den Europäisierungsprozeß in seinen politischen, ökonomischen und kulturellen Aspekten fassen Walter Hornstein und Gerd Mutz (1993, S. 21) folgendermaßen zusammen: "Das 'Wesen' des Europäischen und das Charakteristische der europäischen Kultur wird - in welcher Form auch immer - stets als Spannungsverhältnis von Vielfalt und Einheit bzw. als Einheit in der Vielfalt gesehen;

  • durch Besinnung und Rückblick auf das Vergangene wird versucht, Orientierung für die Zukunft zu gewinnen;
  • sie hat ihren Gegenstandsbereich weitgehend im Bereich der Hochkultur und bezieht Alltagskultur, Lebenswelt und Lebensformen der 'kleinen Leute' kaum ein;
  • sie reflektiert kaum den Zusammenhang von ökonomischen Entwicklungen, Modernisierungsprozessen und kulturellen Wandlungsvorgängen;
  • die Diskussion gibt kaum eine Antwort oder Hinweise auf die Frage, wie die soziale und kulturelle Einigung aussehen könnte und ob sie überhaupt wünschenswert wäre".

Zur nationalen Ausgangsidentität

Nun könnte man fragen: Sind diese Gedanken und Ideen, selbst wenn sie von Autoren mit fremdländischen Namen wie z.B. Angelucci (1993) oder Tortarolo (1993), also möglicherweise Migranten, stammen, deutsche Ideen? Ist dies eine speziell deutsche Sichtweise? Denken andere Europäer anders? Wenn man als ersten Anhaltspunkt ein paar Zahlen heranzieht, ergibt sich dazu folgendes Bild: Das "Gefühl, ein Europäer zu sein", ist in zahlreichen europäischen Staaten offenbar ganz ähnlich unterentwickelt: Zwischen 10 und 20% (Griechen: 28%) beantworten die Frage danach mit "häufig", zwischen 20 und 40% (Engländer: 16%) mit "manchmal" und zwischen 40 und 70% (Engländer: 71%) mit "nie". Das deutliche Übergewicht von "manchmal" und "nie" verweist in der Tat darauf, daß "Europa" ein Ideenprodukt ohne große Identifikationsbasis in allen europäischen Staaten darstellt.

Zu den Handelsbeziehungen, Wirtschaftsvereinbarungen und nun schon seit mehr als einem Jahrzehnt verankerter europäischer Institutionen (die auch über viele interne Probleme in den europäischen Nationalstaaten befinden, richten und heftig diskutieren) muß wohl etwas hinzukommen, das zu einem kräftigen Identifizierungsschub beiträgt, wenn es mit der allgemeinen Meinung zu Europa besser werden soll. Allerdings: Es herrscht Uneinigkeit darüber, ob sich Gemeinsamkeiten angesichts der objektiven Unterschiede wie Abstammung, regionale Besonderheiten, Religion, Sprache oder Kultur herstellen lassen, um Europa zu einer Nation zu machen, mit der sich ihre Bürger identifizieren können.

Vergleicht man die historischen Wurzeln nationaler Identität in verschiedenen europäischen Ländern, so ergibt sich hier ein Bild ganz unterschiedlicher Voraussetzungen für eine Identifikationsbasis: Während in Frankreich und England eine lange Tradition als Nation besteht, mit der sich die Staatsbürger von jeher stark identifiziert haben, ist selbst heute in Deutschland die Identifikation mit einer deutschen Nation vergleichsweise gering ausgeprägt. Verständlich wird dies, wenn man den Begriff "Nation" genauer faßt. Jürgen Kocka spricht in diesem Zusammenhang z.B. von einer Volksnation, wenn ihren Mitgliedern eine gemeinsame Abstammung zugrunde liegt, und von einer Staatsbürgernation, wenn die Bindung der Bürger durch den Wunsch nach einer gemeinsame Verfassung, und zwar unabhängig von Blutsbanden, zustande gekommen ist, mithin durch die die Verfassung tragenden Prinzipien (Kocka 1995, S. 40). Man kann unschwer erkennen, daß ersterer Nationenbegriff eher auf Deutschland, letzterer eher auf England und Frankreich zutrifft. Die schlimmen Erfahrungen, die sich für uns Deutsche mit dem Begriff "Volk" in unserer jüngeren Vergangenheit, dem Nationalsozialismus, verknüpfen, mögen für die Vorsicht verantwortlich sein, mit der selbst von jüngeren Generationen die Begriffe "Volk" und "Nation" gehandhabt werden.

Der Parlamentarismus hat in Frankreich und England darüber hinaus weitaus ältere Wurzeln und eine stärkere Integrationskraft für die Bevölkerungen als in Deutschland. Die Übereinstimmung in Ideen und Gedanken, die das Verhältnis der Bürger zu ihrem Staat bestimmen, ist in Frankreich und England wahrscheinlich deshalb weit wichtiger als für uns Deutsche. Bei uns spielt immer noch die gemeinsame Sprache und die Abstammung eine Hauptrolle bei der Bestimmung des Zugehörigkeitsgefühls.

Diesen Unterschieden entsprechen auch die jeweiligen Einwanderungsbestimmungen. In Frankreich kann man nach fünfjährigem Aufenthalt im Lande eingebürgert werden. Es gilt das sogenannte "Recht des Bodens" (jus soli). Kinder ausländischer Eltern erhalten mit Volljährigkeit die französische Staatsbürgerschaft, "...wenn sie in Frankreich geboren sind, zu diesem Zeitpunkt seit mindestens fünf Jahren dort gelebt haben und sich nicht in bestimmten Formen strafrechtlich schuldig gemacht haben. In Frankreich geborene Kinder sind französische Staatsbürger, wenn mindestens ein Elternteil in Frankreich geboren wurde. Auf Antrag der ausländischen Eltern werden in Frankreich geborene Kinder bei der Geburt zu französischen Staatsbürgern" (Münch 1993, S. 50).

Die Möglichkeiten der Einbürgerung in England sind bis auf Nuancen ganz ähnlich: Das Recht auf englische Staatsbürgerschaft begründet sich im wesentlichen ebenfalls aus einer Mindestaufenthaltsdauer im Land. Im Gegensatz dazu kann - nach dem Recht des Blutes (jus sanguinis) - die deutsche Staatsangehörigkeit ohne größere Anstrengungen nur jemand mit deutscher Abstammung erwerben (weshalb z.B. deutschstämmige Rußlandaussiedler - einerlei wie lange sie in der Fremde zuhause waren - leichter zu Deutschen werden können als Türken, die bereits in der dritten Generation in Deutschland als ihrer Heimat leben): "Ausländern, die mindestens 10 Jahre im Land gelebt haben, deutsche Sprachkenntnisse besitzen, unbescholten sind, eine eigene Wohnung haben, für ihren Unterhalt selbst sorgen, auf ihre bisherige Staatsbürgerschaft verzichten und die Staatsangehörigkeit in der Familie einheitlich halten, kann die deutsche Staatsangehörigkeit gewährt werden, wenn allgemein politische, wirtschaftliche und kulturelle Gründe dafür sprechen. Sie haben jedoch kein Recht darauf" (Münch 1992, S. 62 f.).

Das konsequenteste "Recht des Bodens" herrscht im Vergleich zu den europäischen Ländern in den USA. Dort ist amerikanischer Bürger, wer von im Land lebenden Eltern geboren wird, ganz unabhängig von deren Status, selbst wenn diese sich illegal im Land aufhalten. Eingebürgert wird, wer sich mindestens fünf Jahre berechtigt im Lande aufhält, wer einen "guten moralischen Charakter" besitzt, die amerikanische Geschichte kennt und Verfassungstreue gewährleistet. Amerika ist allerdings auch traditionell das Land der "Wiedergeburt", hier war man in besonderem Maße eingeladen, eine "neue" nationale Identität zu erwerben. Dennoch gleicht die amerikanische Gesellschaft "eher einer Ansammlung von Inseln in sich homogener rassischer und ethnischer Gruppen, außerdem gestaffelt nach Einkommensklassen" (Münch 1993, S. 94). Besonders dort, wo diese Gruppen auf engem Raum aneinander stoßen, sind heftige und gewalthaltige Konflikte die Folge: "Der Kampf der Herkunftsgruppen um ihre soziale Stellung verbindet sich mit der amerikanischen Idee des Erfolgs im Wettbewerb mit den anderen, untergräbt jedoch die Idee der individuellen Verfügung über gleiche Bürgerrechte, unabhängig von jeder vorgängigen Gruppenzugehörigkeit" (Münch 1993, S. 94). Nicht zuletzt deshalb kann Amerika kein Modell für eine erfolgreiche multikulturelle Gesellschaft sein.

Es versteht sich von selbst, daß über diese Unterschiede in den Einbürgerungsursachen der europäischen Staaten hinaus eine Vielzahl kultureller Unterschiede herrschen, die kaum zu staatsbürgerlichen Gemeinsamkeiten führen werden. Im Gegenteil weisen diese Unterschiede auf die nationalstaatliche Identifikation der jeweiligen Bürger hin, weshalb man an ihnen so lange festhalten muß, als die persönliche Identität mit der staatsbürgerlichen verknüpft ist. Folgt man den neueren Theorien über Individuum, Gruppe und Nation, dann sind die aus den Abgrenzungen voneinander erwachsenden Unterschiede sogar eine notwendige Grundvoraussetzung für die individuelle wie die kollektive Balance zwischen Angst (vor Verlust der Grundlage von Persönlichkeit) und Neugier (auf Erweiterung der bisherigen Möglichkeiten persönlicher Entfaltung) (vgl. Tajfel 1982).

Das Weiterfortbestehen europäischer Nationalstaatlichkeiten findet darüber hinaus seine Rechtfertigung u.a. darin, daß sie als verfaßte Demokratien die Bürgerrechte garantieren, die ihrerseits wiederum ein Garant für die Menschenrechte sind. Mit anderen Worten: Keine andere Gesellschaftsform als der Nationalstaat nach westlichem Muster kann bisher die Einhaltung basaler Individualrechte garantieren. Nationalstaaten scheinen also für ein Maximum an Sicherheit und Stärke zum Schutz des einzelnen die entsprechende kollektive Organisationsform zu sein.

Nationalgefühl und Identität

Das Nationalbewußtsein ist bei den Bürgern europäischer Staaten allerdings in unterschiedlicher Weise in die persönliche Identität integriert. Obwohl wir Deutschen im Vergleich zu unseren unmittelbaren Nachbarn kein besonders ausgeprägtes Nationalbewußtsein haben, scheinen wir neueren Umfragen zufolge gleichwohl zu den europäischen Schlußlichtern zu gehören, was unsere Toleranz gegenüber nicht-europäischen Fremden im eigenen Land anbelangt: "32% der Deutschen wollen (z.B.) Osteuropäer nicht zuwandern lassen, der höchste Ablehnungswert in der EG" (Münch 1993, S. 79 f.). Eine jüngst veröffentlichte vergleichende Untersuchung zwischen ca. 14-jährigen deutschen und polnischen Schülerinnen und Schülern bestätigt das Faktum eines relativ geringen deutschen Nationalbewußtseins (bei gleichzeitiger negativer Tendenz gegenüber den Fremden aus dem Osten): Gegenüber einer hohen bis sehr hohen Bedeutung der eigenen Nationalität bei den polnischen Schülerinnen und Schülern (ca. 80%) war die Bedeutung der eigenen Nationalität bei den Deutschen deutlich geringer (ca. 36%) (Wilberg 1995, S. 103 f.).

Eine der der Studie zugrunde liegenden Definitionen nationaler Gruppenzugehörigkeit stammt aus der Feder eines amerikanischen Sozialpsychologen: "Die Gruppenmitglieder tendieren dazu, sich selbst als eine Nation zu definieren, und werden von anderen so definiert. Unter bestimmten Bedingungen fühlt sich eine große Mehrheit in diese Gruppenmitgliedschaft einbezogen, teilt ähnliche Gefühle und Einstellungen und handelt relativ einförmig gegenüber ihrer Umgebung" (Turner 1984, S. 521; Übersetzung von mir). Aufgrund dieser Definition sei - so die Autorin der Studie - nicht nur die nationale Identität bei den polnischen Jugendlichen stärker ausgeprägt, sondern auch die individuelle Identität. Dies bestätige die These, daß die Liebe zur eigenen Nation eine Art Selbstliebe sei (Wilberg 1995, S. 164).

Zu den entwicklungspsychologischen Ergebnissen stellt die Autorin zusammenfassend fest, daß "...hinter den Differenzen der gesellschaftlichen Denkstereotype (...) eine grundlegende Gemeinsamkeit in der Orientierung der heranwachsenden Menschen verborgen lag. ... In der Adoleszenz wird die psychologische Wahrnehmungsstruktur daraufhin ausgerichtet, daß der heranwachsende Mensch seine primäre Orientierung in der sozialen Welt findet. Die Grenzen des Selbstbewußtseins erweitern sich" (Wilberg 1995, S. 165). Es könne davon ausgegangen werden, daß die Heranwachsenden in der frühen Adoleszenz über eine gemeinsame Kompetenz verfügen, die soziale Welt und den eigenen Platz darin zu erkunden (S. 165). Dies klingt wie eine Hoffnung, daß man wenigstens in dieser Lebensphase Gemeinsamkeiten über die nach wie vor bestehenden europäischen Grenzen aufbauen könne.

Interessant für die Entwicklung hin zu einer europäischen Identität ist vor allem die Frage: "Würdest Du Dein Land auf Dauer verlassen?" In der Antwort könnte ein Hinweis darauf aufscheinen, inwieweit von einer eigenen Nationalität abgerückt bzw. an eine neue nationale oder gar supranationale Identität überhaupt gedacht wird. Wie zu erwarten sind die deutschen Schülerinnen und Schüler eher bereit, diese Frage mit "ja" zu beantworten ( 33%) als die polnischen Schülerinnen und Schüler (10%), und zwar unabhängig von ihrer sozioökonomischen Herkunft (S. 150). Mit anderen Worten: Je stärker das jeweilige Nationalbewußtsein, desto geringer die Bereitschaft zur Veränderung. Wenn man dazu bedenkt, daß Nationalbewußtsein und Selbstbewußtsein eng zusammenzuhängen, dann stehen die Chancen für die Entwicklung einer europäischen Identität an Stelle des jeweiligen Nationalbewußtseins eher schlecht. Andererseits gehört ein gefestigtes Selbstbewußtsein sicherlich zu den Aspekten persönlicher Ausstattung, die für die Bewältigung der heutigen hoch komplexen Weltanforderungen wünschenswert ist.

In diesem Sinne ist vielleicht auch zu verstehen, daß in der kulturellen Perspektive weniger das Gemeinsame der verschiedenen europäischen Kulturen in Erscheinung tritt als vielmehr ein Drittes: Was Europa auf kulturellem Gebiet zunehmend zu einen scheint, sind die amerikanische Kultur und die technologischen Veränderungen, die die weltweite Kommunikation betreffen. Auch heute noch kommen wesentliche Entwicklungen aus den USA und breiten sich über alle Grenzen, bis in schwer zugängliche Gebirgstäler oder Inselgebiete aus. Frankreich hat unlängst auf diese Entwicklung mit einer Quotierung der "fremdländischen" Beiträge in Rundfunk- und Fernsehsendern reagiert: Mindestens 40% der Sendungen müssen französischen Inhalts sein. Offensichtlich wird in Frankreich als Gefahr wahrgenommen, was von diesem Dritten für die Weiterentwicklung der eigenen nationalen Identität ausgeht. In diesem Zusammenhang ist wohl auch die von vielen beklagte Zunahme eines Nationalismus in den europäischen Staaten zu sehen, der u.a. als Antwort auf aktuelle ökonomische Verunsicherungen (z.B. Arbeitslosigkeit) sowie aus dem Bedürfnis nach überschaubaren Verhältnissen in einer immer komplexeren Welt interpretiert wird. Vielleicht auch in Folge davon ist inzwischen sogar ein regionales Mitspracherecht in europäischen Organisationen vereinbart worden.

Die bisherigen Gedanken bezogen sich ausschließlich auf die Lebenswelt von Erwachsenen, und man muß sich fragen, ob und welche Bedeutung dies alles für die Vorschulerziehung hat. Wenn auch klar ist, daß politisches Bewußtsein und nationale Identität erst mit Beginn der Pubertät eine Rolle in der kindlichen Entwicklung und damit der schulischen Bildung spielen, so sind doch die Grundlagen entscheidend, die zum einen die Entwicklung des Selbstbewußtseins und der Liebe zu sich selbst betreffen, zum anderen die Entwicklung des sozialen Verhaltens und der damit verbundenen sozialen Identität. Immerhin geben sie die Voraussetzungen für die mehr oder weniger ausgeprägte Fähigkeit zur Identifikation mit nationalen Symbolgehalten ab. Um die Bedeutung der Vorschulerziehung für die Entwicklung dieser Fähigkeit einschätzen zu können, muß man den Zusammenhang zwischen der Entwicklung des Eigenen und des Fremden aufspüren, um die pädagogischen Konzepte, die diesen Entwicklungsprozeß unterstützen sollen, überprüfen zu können.

3. Voraussetzungen: Vaterland und Mutterliebe

Ich und die anderen

Mit der Geburt hat sich der neue Mensch aus der körperlichen Verschmolzenheit mit der Mutter gelöst. Er ist ein eigenständiges Wesen geworden, das sich in einem Zeitabschnitt von nur wenigen Jahren die Ergebnisse kultureller Leistungen von mehreren Jahrtausenden aneignen muß. Bevor er aber das kann, muß er lernen, daß ihm die Welt nicht wie im Mutterleib auf seine Bedürfnisse hin unmittelbar zur Verfügung steht. Er muß erfahren, daß die Mutter ein von ihm geschiedenes Wesen ist, daß sie eigene Interessen und Bedürfnisse hat, die ihm selbst zunächst einmal völlig fremd sind. In gewisser Weise ist sie ihm daher ebenso fremd wie den Eltern das Kind, das nun in ihre Familie eingetreten ist.

Man kann sich gut vorstellen, welche Zuwendung und Sensibilität notwendig sind, um dem Kind in diesem ersten Lebensabschnitt die Unterstützung zu geben, die es jeweils braucht, um die Grundlage für ein positives Gefühl zu sich selbst und zu seiner Umwelt zu entwickeln. Da es ja noch nicht sprechen kann (und auch das Sprechen ja selbst bei Erwachsenen oft nicht zur Durchsetzung eigener Interessen ausreicht!), ist das Neugeborene ganz auf die Empathie der es Umsorgenden angewiesen. Man kann unschwer nachvollziehen, daß entgegengebrachte Empathie wesentlich die eigene Empathiefähigkeit fördert. Und umgekehrt: daß fehlende Empathie zur "Verhärtung" gegenüber der Umwelt führt.

Der beiderseitige Annäherungsprozeß zwischen Eltern und Kindern, der zugleich der Prozeß der Individuation des Kindes ist, d.h. des Werdens einer eigenen Person, vollzieht sich in den bekannten Wachstumsschritten, die kleine Menschen machen: vom hilflosen Liegen über das Krabbeln bis hin zum aufrechten Gang; vom Schreien über Ein-Wort-Sätze bis zur Schulreife. Margret Mahler u.a. (1980) bezeichnen diesen Prozeß der Individuation als die psychische Geburt des Menschen. Aus den vielfältigen detaillierten Beobachtungen, die die Autoren an Säuglingen und kleinen Kindern gemacht haben, ergibt sich, daß verzögertes oder vorzeitiges "Ausschlüpfen" aus der Symbiose mit der Mutter die entscheidende Ursache dafür ist, wie später auf fremde Menschen reagiert wird. Während eine in erster Linie enge und vorwiegend lustvolle Interaktion mit der Mutter das für die Fähigkeit, positive Beziehungen aufzunehmen, notwendige Urvertrauen schafft, ist eine gespannte Begegnung zwischen Mutter und Kind wahrscheinlich für eine ausgeprägte Angst vor Menschen verantwortlich.

Die Hinwendung zum Fremden, bestimmt durch Neugier und Verwunderung oder die Abwendung aus Angst ist von René Spitz (1972) genauer untersucht worden. Die von ihm als Achtmonatsangst bezeichnete Gefühlsqualität im Erleben von Kleinkindern gegenüber fremden Personen scheint das erste Anzeichen einer deutlich erkennbaren Angst vor konkreten Menschen überhaupt zu sein. Bis dahin, so Spitz, existiert lediglich eine unspezifische Furcht bzw. Panik. Während vorher das Kind eher auf Gestaltmerkmale eines Gesichtes reagierte als auf die typischen Konturen einer vertrauten Person, registriert es nun beim Anblick des Fremden das Fehlen der bekannten Gesichtszüge. In dieser Lebensperiode entsteht auch die Fähigkeit zur Herstellung von Objektbeziehungen, d.h., andere Menschen können als vom Selbst getrennte Personen (Objekte) erlebt werden. Das Entscheidende dabei ist aber, daß sie von Anfang an ebenso klassifiziert werden wie das Kind selbst: als mehr oder weniger "gut" bzw. "böse".

In den Vorgängen bei der Geburt und in der darauffolgenden Kleinkindphase spielt neben den individuellen Vertrautheiten mit dem menschlichen Denken und Fühlen zweifellos die Kultur eine entscheidende Rolle. Eltern und Erzieher reagieren nämlich auf die mit den elementaren Bedürfnissen von Kindern vermittelten Gefühle im Zusammenhang einer bestimmten historisch entwickelten Beziehungskultur. Die Herauslösung des Menschen aus der Bindung an die Mutter vollzieht sich im Spannungsfeld zwischen dem, was man unbedingt für das Kind tun muß, daß es am Leben bleibt, und dem, was man an kulturell unterschiedlichen Zurichtungen mit dem Kind veranstalten darf bzw. was man glaubt, ihm zumuten zu dürfen. Die Summe dieser interkulturell höchst unterschiedlichen Erziehungspraktiken macht den größten Teil der gesellschaftlich vermittelten Ich-Identität aus: Ich bin so bzw. nehme mich so wahr, wie ich in meiner Umgebung (über-) leben gelernt habe bzw. welche Lebensziele dort vorherrschend sind.

Identität als ein bewußtes Selbstkonzept beruht auf der Wahrnehmung der Gleichheit gegenüber den anderen. Aber sie ist auch davon abhängig, daß diese anderen die Gleichheit erkennen können: Ich habe ein bestimmtes Bild von mir und arbeite darauf hin, daß auch die anderen mich so sehen; dann bin ich wie sie. Die erhoffte Übereinstimmung von Selbst und Fremdwahrnehmung ist - gerade weil im Anderen das Eigene oft so schwer zu finden ist - ein Wunsch, der zu immer neuen Anstrengungen führt, sich oder die anderen auf diese Gleichheit hin zu verändern zu versuchen - manchmal "mit aller Gewalt".

Wirkliche Gleichheit als stabilisierendes Identitätsmerkmal ist aber noch in anderem Sinne eher der Idealfall als eine alltägliche und normale Erfahrung, wenigstens in unserem Kulturkreis. Im weiteren Sozialisationsverlauf erweist sich nämlich, daß die Wünsche nach Gleichheit (etwa so zu sein wie Vater und Mutter) heftig mit den Erziehungsanforderungen der Eltern zusammenstoßen. Sie können nur begrenzt, wenn überhaupt, den Entwicklungsvoraussetzungen ihrer Kinder entgegenkommen (wenn sie es überhaupt wollen), einerlei, um welche Kultur es sich handelt. Denn auch die Eltern müssen auf gesellschaftlich-kulturelle Zwänge z.T. so reagieren, wie sie es häufig nicht wollen. Zum einen können ihre eigenen Anpassungsversuche an die aktuellen Lebensbedingungen scheitern. Zum anderen können Probleme, die Vater und Mutter mit sich selbst oder mit der elterlichen Partnerschaft haben, die Anstrengungen des Kindes zunichte machen, sich mit Andersartigkeit positiv auseinanderzusetzen. Und hierbei spielt sicher die erste Andersartigkeit, die das Kind aus der frühen Mutter-Kind-Beziehung heraus erfährt, die entscheidende Rolle: die Andersartigkeit des Vaters. Ob diese von der Mutter anerkannt und wertgeschätzt wird oder ob sie die Merkmale väterlicher Identität eher ablehnt, ist entscheidend für die Entwicklung der Einstellung des Kindes gegenüber Fremden überhaupt.

Die Spannung zwischen den eigenen Bedürfnissen und dem Zwang zu einem bestimmten Verhalten führt nicht selten zu einer negativen Identität. Eine Ich-Schädigung mit diesem Ergebnis kann in überwältigenden Ereignissen während der frühen Kindheit oder in der allmählichen Zermürbung durch zahllose Quälereien begründet sein. Sie führt dazu, daß der einzelne Mensch sich selbst so fühlt, wie seine Erzieher ihn etikettieren. In den zentralen ethischen Kategorien von Gut und Böse läßt sich veranschaulichen, daß das von den Erziehern als böse gescholtene Kind im Sinne der Sich-selbst-erfüllenden-Prophezeiung sich schließlich selbst, und zwar gerne, böse fühlt. Es bildet in der inneren Abgrenzung gegen die feindliche Außenwelt eine negative Identität heraus, die es in Übereinstimmung mit den "bösen" Figuren aus der Symbol- und Realwelt erlebt: Der "kleine Teufel" ist zum wirklichen Teufel geworden, und er ist stolz darauf. In den vielfältigen Erscheinungsformen heutiger Jugendkultur, aber auch in den vielfältigen Kriminalitätsformen von Kindern und Jugendlichen, treffen wir dann auf Gruppierungen, die diese negative Identität deutlich und positiv zur Schau tragen.

Wir und die anderen, oder: Die Gruppe - das Bindeglied zwischen Individuum und Nation

Die Identitätsbildung ist nicht mit einer bestimmten Entwicklungsphase abgeschlossen, sondern sie wird damit fortgesetzt, daß bestimmte Identifikationen aus der Außenwelt quasi probeweise angenommen und wieder abgelegt werden. Für diese Identifikationen spielen die "Gleichen" eine besondere Rolle. Sie schaffen oder wählen z.B. die Symbole, die als Erkennungsmerkmal für eine eindeutige Identifizierung gebraucht werden, etwa eine bestimmte Kleidung, eine politische Anschauung oder ein Idol. Durch die Gruppe der Gleichen (peer group) wird die Stabilität der Ich-Bildung aufrechterhalten, ihre Mitglieder vereinigen die wesentlichen und lebensnotwendigen Identifikationsmerkmale.

Die Ablösung des Kindes von den Eltern, die ja am Anfang die wichtigsten Vorbilder des Kindes waren, hebt den Prozeß der Identitätsbildung auf eine neue Stufe. Die Identifikation mit Idolen oder Symbolen und die Versicherung der Identität durch die anderen, die man als gleich erkennt, ist ein lebensnotwendiger Durchgang hin zur eigenen Identität. An der Unterschiedlichkeit von Jugendgruppen etwa kann man die Bandbreite der Identifikationsmöglichkeiten erkennen. Sie stehen in unserer Kultur zu Gebot oder werden als kulturelle Identifikationsvarianten aus einer bestimmten gesellschaftlich-historischen Situation "geboren" (etwa aufgrund bestimmter Notsituationen).

Besonders die Extremformen solcher Identifikationsbildungen sind von starken Angst- bzw. Haßgefühlen gegenüber fremden Menschen geprägt und zeigen das Ausmaß negativer Identitätsbildung. Sie weisen auf die Bedeutung und Notwendigkeit des Organisationssystems Gruppe hin, das durch Umgangsformen, Rituale und bindende Bewußtseinsinhalte das Mosaik persönlicher Identität bestimmt. Es muß allerdings betont werden, daß ritualisierte Arten der Begegnung zwischen Menschen in erster Linie männliche Formen von Angstverarbeitung darstellen. Der Ethnologe Klaus E. Müller betont, daß weibliche Rituale eher "Kammerspielen" als den großen Inszenierungen der Männer gleichen (Müller 1984, S. 336).

In einer patriarchalisch dominierten Kultur ist der (männliche) Rückbezug auf die eigene Gruppe oder den eigenen Staat nämlich mit der Angst vor einem Überfall einer fremden Gruppe oder gar eines fremden Staates gekoppelt bzw. dadurch bedingt. Daß z.B. Repräsentanten eines fremden Staates mit militärischen Ehren empfangen werden, dient nicht nur der Ehrung des Gastes, sondern ebenso der Demonstration des Gerüstet-Seins. Das staatliche Ritual als ein besonders hervorgehobenes Identifikationsmerkmal findet seine Entsprechung in den Gruppenkulturen männlicher Kinder und Jugendlicher.

Der Übergang des Kindes von der Familie zur Jugendgruppe und damit von der Familien- zur Jugendkultur charakterisiert eine weitere besonders sensible Phase der Herausbildung von Angst vor und Haß auf andere Menschen. Wahrscheinlich werden in dieser zweiten Übergangsphase neben der Geburt die Probleme des ersten Übergangs wiederbelebt. Gefühle von Ohnmacht gegenüber einer verständnislosen Welt konnten in frühen Jahren - wenn überhaupt - durch Allmachtsphantasien etwa in der archaischen Form der Märchengeschichten gebunden oder verarbeitet werden. Sie tauchen in der Phase der Jugend erneut in der Lust an Szenen mit übermächtigen oder furchterregenden Helden z.B. der Horror- und Gewaltfilme oder in realen "Heldentaten" wieder auf, die dann einen meist erschreckend zerstörerischen oder selbstzerstörerischen Charakter haben (etwa politisch motiviert erscheinende Gewalttaten sog. extremistischer Jugendlicher oder "Mutproben" mit möglicherweise tödlichem Ausgang; vgl. Büttner 1996).

Treibendes Moment der jugendlichen Ambivalenz auf der Folie von Allmachtsphantasien ist die Spannung zwischen dem Wunsch nach Rückkehr in die familiäre Geborgenheit und dem Drang, auf eigenen Füßen zu stehen. Es ist in diesem Sinne nicht erstaunlich, wie sehr sich Bilder und. Geschichten der frühen Kindheit und der jugendlichen Lebensphase gleichen (etwa He-Man und Rambo als Identifikationsangebote für Jungen oder Barbie und Dallas als Identifikationsangebote vorwiegend für Mädchen).

An der Schwelle zur Erwachsenen-Identität gewinnen die Bilder des Fremden für das Selbstkonzept erneut an Bedeutung. Annäherung oder Abgrenzung, freundliche Neugier oder feindliche Abwehr sind besonders scharf ausgedrückte Gefühle. An den Beziehungsgrenzen gibt es heutzutage immer häufiger die Überschreitung der Schwelle zur Gewalttätigkeit. Der Andere, der "Fremde", muß in Form einer (unbewußten) Projektion dafür herhalten, die eigene Verletztheit der Ich-Grenzen zu demonstrieren.

Die Bilder und "Vorbilder" aus der Erwachsenenwelt, die nationale und die internationale Politik sowie die kulturellen Unterschiede im eigenen Land bieten eine ungeheure Vielfalt von Bereichen, in denen man seine Identität unter Gleichen leben kann. Je begrenzter der eigene Weg in die Identität war, desto krasser prallen auch kulturelle (und d.h. hier lebensgeschichtlich unterschiedliche) Identitäten aufeinander. Religiöse Enge und freigeistige Lebenswelt in ein und derselben Kultur, streng patriarchalische Familienerfahrungen und das Erleben demokratischer Umgangsformen zwischen Männern und Frauen als ganz verschiedene Lebensvorbilder zur gleichen Zeit müssen in das persönliche Identitätskonzept integriert werden. Diese Verschiedenheiten - so kulturell wertvoll sie sein mögen - sind schwerlich geeignet, gesamtgesellschaftliche oder individuelle Gleichheiten erkennen zu lassen. Vielmehr können gravierende Verunsicherungen die Folge sein, die zu entsprechendem psychischen Druck, impulsiven Gewaltaffekten oder schweren Symptomen der Einsamkeit führen können. Der Druck auf die eigene Identität wird demnach um so stärker, je größer die Spannungen innerhalb einer Kultur zwischen verschiedenen Gruppen sind.

Die Phantasien, die sich unter Gleichen entwickeln, müssen an dieser Stelle durch eine weitere Überlegung ergänzt werden, die Freud in seinen Gedanken über die Massenpsychologie angestellt hat (Freud 1921). Je mehr die Mitglieder einer Gruppe auf festgeschriebene Identifikationen zur Aufrechterhaltung ihrer eigenen Identität angewiesen sind, desto anfälliger sind sie auch für die Abgabe von Ich-Funktionen an denjenigen in der Gruppe, der diese Identifikationen am besten repräsentieren kann, - an den Führer (vgl. den von Hitler gewählten, erfolgreichen Titel "Mein Kampf"). In der Masse verfügt der Einzelne nicht mehr über direkte Beziehungen zum Nächsten. All seine Wünsche, Aktivitäten und Gedanken sind in totaler "Gleichschaltung" mit den Signalen des Führers verknüpft. Die Masse ist zugleich der Ort regressiver symbiotischer Verschmelzung, in der alles andere, alles Fremde zum absoluten Gegner wird. Offenbar geht vom Phänomen der Massenbildung die Verführung aus, sich den Belastungen in der eigenen Identitätsbildung, der Notwendigkeit ihrer ständigen Stabilisierung und Verteidigung gegen andere durch die Abgabe der eigenen Willenskräfte an den Führer zu entziehen. Der "Feind" von außen oder das dem eigenen Wesen Fremde im Feind kann so zu einem Faktor werden, der selbst Nationen gegen Fremde vereint und die Überschreitung gesellschaftlicher Normen und Gesetze legitimiert.

Man kann sich nun gut vorstellen, daß - auch wenn Gruppen in der Identitätsbildung erst ab der Pubertät eine Rolle zu spielen scheinen - bereits ganz kleine Kinder ihre Kompetenzen im Umgang mit Gruppenmitgliedern erwerben. Viele der beschriebenen Erscheinungsformen der Beziehungen des Einzelnen zur Gruppe lassen sich in Rudimenten bereits in den Kindergruppen der vorschulischen Einrichtungen beobachten. So ist der "Anführer", der besonders negative Normen praktiziert, dort auch besonders beliebt, wo eine positive Autorität vermißt wird, also die Sicherheit des Einzelnen in der Gruppe fehlt. Und umgekehrt kann man immer wieder feststellen, daß Ich-schwache Kinder besonders große Schwierigkeiten haben, zu Kompromissen mit den übrigen Gruppenmitgliedern zu finden. Da aus der Perspektive von kleinen Kindern die oder der Erwachsene die einzige Person ist, die mit der Macht ausgestattet ist, Sicherheit zu schaffen und Wachstum zu ermöglichen (wenn sie bzw. er es denn ist!), ist der Blick auf die jeweilige Gruppenleitung und die entsprechend positive bzw. negative Identifikation mit ihr bzw. ihm ein vergleichbares Pendant zu einer späteren Identifikation mit der Autorität eines größeren Gemeinwesens (der Nation, des Staates), von dem man sich als Person respektiert und geschützt fühlt.

Kinder: Fremde im eigenen Land

Die Begegnung mit anderen, fremden Menschen, ihre vorurteilshafte Einschätzung und die individuellen Abgrenzungen zum Schutz der eigenen Identität beeinflussen nicht nur ganz allgemein die intra-individuellen Fremdheiten. Sie verwischen zugleich die Spannungen, die sich aus den individuellen Beziehungen der Menschen untereinander und aus den kollektiven Beziehungen der Erwachsenen gegenüber den Kindern ergeben. Dieter Richter zeigt die verblüffende Parallele zwischen der Art, wie man im alltäglichen Bewußtsein auch heute noch den unzivilisierten "Wilden" begegnet, und der Fremdheit, mit der Kinder wahrgenommen werden (Richter 1987, S. 139 ff.), auf.

Wenn im Prozeß der Sozialisation aus den je individuellen kindlichen Bedürfnissen kulturelle Identitäten erwachsen, wenn das Selbst im Erziehungsprozeß mehr oder weniger gezwungen wird, bis hin zum Erwachsensein eine vom kindlichen Ich verschiedene Identität anzunehmen, wenn Eltern und Erzieher in Koalition miteinander den Kindern wiederum diese Enkulturation angedeihen lassen müssen, dann ist nur allzu verständlich, daß die erwachsene Identität höchstens Reste des kindlichen Ichs in sich bewahrt haben kann.

Statt daß es in den Jahrtausenden menschlicher Entwicklung eine Annäherung von Eltern und Kindern gegeben habe, wie z.B. Lloyd deMause (1980) vermutet, glaubt Richter, daß sich dieses Verhältnis als zunehmend distanzierter erweist. Kinder werden ihren Eltern zunehmend fremder. Die wissenschaftliche Beschäftigung mit der Kindheit, die immer weiter wachsende Literatur darüber, wie Eltern ihre Kinder besser verstehen und erziehen können, nimmt Richter als Beleg für eine zunehmende Verfremdung dessen, was in vergangenen Epochen eher selbstverständlich war. Kindheit wird - wenn man Richters Gedanken weiterdenkt - zum Ghetto, das die Kluft zwischen Bewachern und Eingeschlossenen vertieft.

Die "wilden Kinder" und die "kindlichen Wilden" weisen somit gemeinsame Züge von Fremdheit auf. Familiär ist dieser Fremdheit kaum noch beizukommen, da sich die Familie als Stätte der Identitätsbildung immer mehr aufzulösen scheint. Der gesellschaftlich-kulturelle Einfluß auf Kinder, etwa via Massenkommunikationsmittel, wird immer größer. Vielleicht müssen deshalb mediale Vorbilder herhalten, um Gefühle von Angst und Wut in akzeptable Beziehungsformen gekleidet zu sehen (mit denen man sich dann identifizieren kann). Und akzeptabel erscheinen diese Beziehungsinhalte, wie brutal sie auch immer seien mögen, solange sie unsere Gesellschaft per Satellit quasi von ganz oben in die Wohn- und Kinderzimmer unserer Familien "einspeist".

Die Ablehnung von erwachsenen Gruppierungen untereinander und deren Unverständnis gegenüber dem Denken und Fühlen von Kindern lassen die Kluft zwischen Kindheit und Erwachsensein zunächst einmal noch größer erscheinen als sie vielleicht ist. Die alten Vorurteile - sofern sie an die persönliche Identität von Einzelpersonen oder Gruppen gebunden sind - werden sich deshalb wahrscheinlich weniger durch Strategien ihrer rationalen Beeinflussung verändern als vielmehr dadurch, daß die heutige Eltern- und Erziehergeneration nach und nach ausstirbt, so daß dann niemand mehr genau weiß, mit welchen "Gefahren" sich heutige Kinder und Jugendliche herumschlagen mußten - ebenso wie heute nur schwer ins Gedächtnis zurückzurufen ist, vor welchen Gefahren die Großelterngeneration einst gewarnt hatte.

Eines muß dabei aber bedenklich stimmen: Die politischen Geschicke in der Welt werden in der Mehrzahl von Menschen gelenkt, die eher der Großelterngeneration angehören. Und diese haben die Tendenz, mit allen Mitteln an ihrer Macht festzuhalten, anstelle einer kontinuierlichen Erneuerung Chancen einzuräumen. Die von Hornstein und Mutz (1993, S. 141 ff.) getroffene Feststellung, daß Kinder für die europäische Entwicklung keine Rolle spielten, findet hier ihre Entsprechung. Gerade wenn man unterstellt, daß die Möglichkeiten der Annäherung auch - wenn nicht gar in besonderem Maße - durch die Entwicklungsmöglichkeiten in einem bestimmten Altersabschnitt bestimmt werden, dann lägen die besten Zukunftsaussichten in den Händen der Kinder und Jugendlichen. Das Deutsch-Französische-Jugendwerk und andere vergleichbare Institutionen liefern dafür hoffnungsvolle, wenngleich politisch leider bedeutungslose Beispiele, so z.B. auch dieses, daß französische Schüler heute von den Bildern weitgehend abgerückt sind, die ihre Großväter von den Deutschen hatten (vgl. Nicklas 1996).

Wie aber stand es bisher und steht es heute um die "Ausländerpädagogik" und um das interkulturelle Lernen? Welche Ideen und Ziele zum Thema Identität werden verfolgt und wie sind die Pädagoginnen und Pädagogen involviert?

4. Von der Auseinandersetzung mit fremder Identität

Am Anfang: Die Ausländerpädagogik

In den letzten 20 Jahren hat sich in der Perspektive der Konzepte zur Integration ausländischer Kinder, Jugendlicher und Erwachsener ein Wandel vollzogen. Während man in einer ersten Phase, also etwa zu Beginn der Gastarbeiterzuwanderungen, von Ausländer-Integration, -Pädagogik oder -Arbeit gesprochen hatte, setzt sich heute mehr und mehr der Begriff "interkulturelles Lernen" bzw. Leben und Arbeiten in einer "multikulturellen Gesellschaft" durch. Dieser Begriffswandel geht auf lange praktische Erfahrungen in der Arbeit mit ausländischen Kindern und Erwachsenen zurück, aber auch auf die Resultate politischer Anstrengungen der Ausländerinitiativen, fremde Kulturen in der Bundesrepublik Deutschland zu etablieren.

Bezugspunkt für diese Begriffe bzw. für den Begriffswandel war und ist nach wie vor der eigene kulturelle Standort, das "Inland". Ob Ausländer im weitesten Sinne Europäer sind oder nicht, spielt für diese Begriffs- und Konzeptionsentwicklung ebenso wenig eine Rolle wie die Tatsache, daß sich Kinder von Ausländern in der zweiten oder gar dritten Generation längst als Deutsche fühlen und so zu leben versuchen.

Während es zu Beginn eines intensiven und vor allem wissenschaftlich unterstützten Bemühens in der Ausländerproblematik darum ging, das Fremde an das Eigene heranzuführen, es zu akkulturieren, zu integrieren oder gar zu assimilieren, scheint sich heute eher ein Ansatz abzuzeichnen, in dem das Fremde fremd belassen, aber im Gegensatz zur ersten Phase der Ausländerpädagogik genauso wertzuschätzen versucht wird wie das eigene (etwa dadurch, daß für ausländische Mitbürger die gleichen Rechte und Pflichten wie für Deutsche gefordert werden). Obwohl dies erst in Einzelfällen realisiert ist, wird die Notwendigkeit dieser neuen Perspektive auch von inländischer Seite anerkannt, ja geradezu gefordert (vgl. Haller 1990).

Die gesellschaftlich-historische Situation selbst setzte in den aktuellen und zu erwartenden Wanderungsbewegungen von Ost nach West und von Süd nach Nord harte Fakten, für die es nun neue politische und soziale Lösungen zu finden gilt. Ob aber die rechtliche Gleichstellung allein eine kulturelle Entspannung herbeiführen kann, ist mehr als fraglich. Ja, es ist sogar eher zu vermuten, daß diese Gleichstellung die kulturellen Spannungen erhöhen wird, weil kulturell unvereinbar Erscheinendes nicht mehr als Ausnahme betrachtet und toleriert werden kann.

Werner Treuheit und Hendrik Otten haben gezeigt, daß in der Verständigung über Definitionen von Beziehungen zu ausländischen Mitbürgern bisher sehr unscharfe Begriffe verwendet wurden. Sie beziehen sich ihrer Auffassung nach vorwiegend auf sozialisationstheoretische Ansätze der Soziologie (Symbolischer Interaktionismus und Strukturfunktionalismus), soziologische Rollentheorien und kulturtheoretische Ansätze (Treuheit/ Otten 1986). Ingrid Haller geht noch einen Schritt weiter. Sie problematisiert "interkulturelles Lernen", wie es bisher verstanden wurde, als Klischee- und Stereotypenbildung, die dazu beigetragen hat und noch dazu beiträgt, "das Fremde anzueignen, im Sinne des Herrschaftswissens, Menschen in einfache Bilder zu pressen, aber damit auch das Fremde zum Verschwinden zu bringen: 'Die Deutschen wissen zu schnell alles, sie hören gar nicht mehr zu, wollen kein differenziertes Bild unserer Gesellschaften und Kulturen', sagen MinderheitenmittlerInnen" (Haller 1990, S. 338). "Multikulturalität", so Haller, besteht darin, "...die strukturelle Ungleichheit, die noch immer die multikulturellen Industriegesellschaften bestimmt, abzubauen" (S. 343).

Man muß sich hier fragen, was sie mit struktureller Ungleichheit meint, und ob diese nicht eine der Bedingungen für gesellschaftliche Veränderungsprozesse überhaupt darstellt. Und auch in der Aussage Hallers ist die von ihr kritisierte Stereotypenbildung wiederzufinden, wenn sie nämlich von "den Deutschen" spricht und damit unterstellt, es handele sich hierbei um eine einheitliche, meßbare und nicht weiter zu differenzierende Größe. Darüber hinaus muß man wohl gesellschaftliche Prozesse als Vorgänge begreifen, die nicht zu statischen Verhältnissen - etwa der "multikulturellen Gesellschaft" - führen. Vielmehr enthält der Begriff "multikulturell" den Aspekt der sich ständig verändernden Strukturen durch das Zusammentreffen immer neuer Bedingungen von gesellschaftlichen Beziehungen - sei es durch immer neue kulturelle Begegnungen, sei es durch Veränderungen, die sich aus dem Wandel der Generationen ergeben. Es erhebt sich hier generell die Frage, ob es überhaupt eine Gesellschaft mit multikulturellen Identitäten geben kann.

Ähnliche Kritik ist auch an den Identitätskonzepten bzw. den in der pädagogischen Praxis verwendeten Kulturbegriffen geübt worden (vgl. Stienen/ Wolf 1991). Vielleicht sind nicht einmal die Sozialisationsverläufe von Menschen verschiedener Kulturen im Kontext bisheriger sozialisationstheoretischer Konzepte miteinander vergleichbar. Dies müsse, so Gisela Trommsdorf (1989), zwangsläufig dazu führen, daß die Entfremdung von der Heimatkultur um so stärker werde, je besser die Akkulturation gelinge, und dies um so gravierender, je stärker Heimat- und Gastkultur divergieren (Trommsdorf 1989, S. 192).

"Multikulturalität" und Pädagogik

Die vergangene Phase des Umgangs mit ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern, aber auch heutige Ansätze, sind häufig eher von einer folkloristischen Toleranz und von ideologischen als von sozialisationstheoretischen Überlegungen geprägt. Sie vernachlässigen die realiter mehrfach determinierten diffizilen Ursachen und schwerwiegenden Auswirkungen interkultureller Konflikte. So waren die Aktivitäten, das soziale Engagement zur Veränderung auf die sogenannte Mehrheitskultur zu konzentrieren, in der ersten Phase der Beschäftigung mit der Ausländerproblematik von keinem großen Erfolg gekrönt. Nach der sog. "Defizithypothese" (ausländische Kinder, Jugendliche und Erwachsene haben kulturelle Defizite in bezug auf ihr neues Aufenthaltsland, die es durch besondere Maßnahmen auszugleichen gilt) wurde die "Differenzhypothese" entwickelt (Unterschiede sind Unterschiede, jedoch keine Mängel). Es ging schon sehr bald darum, neben der Vermittlung kultureller Inhalte des "Inlandes" die der jeweils eigenen Kultur zu bewahren und zu fördern. In Folge davon wurden in Schulen u.a. Versuche mit muttersprachlichem Unterricht und besonderer Akzeptanz kultureller Besonderheiten der jeweiligen ausländischen Schülerinnen und Schüler eingerichtet.

Aus der Weiterentwicklung der Differenzhypothese ergab sich die Notwendigkeit, daß sich 'Inländer' verstärkt mit fremden Kulturen auseinandersetzen mußten (oder sich verweigerten!). Zunächst ging es zwar nur um geeignete pädagogische Materialien und Informationen. Dabei stellte sich aber schnell heraus, daß es auch - und zwar in entscheidendem Maße - um die Konfrontation der eigenen kulturellen Identität mit dem Fremden ging und um die Beziehungen, die sich daraus entwickelten. Nicht nur oder nicht in erster Linie die Ausländer waren Zielgruppe der pädagogisch-politischen Bemühungen, sondern die Inländer. Helga Marburger (1991) nennt in diesem Zusammenhang drei grundsätzliche Konzepte zur "interkulturellen Erziehung":

  1. die Annahme und Weiterentwicklung der Herkunftssprache;
  2. die Öffnung aller Curricula für die Kulturen der ethnischen Minderheiten;
  3. die Bewußtmachung und Auseinandersetzung mit Ethnozentrismen und Rassismen.

Es gehe aber, so Marburger (1991), nicht nur um das Wissen um diese Vorgänge und Verhältnisse, sondern es gehe auch um die affektiv-emotionale Auseinandersetzung mit fremden Kulturen: "Eine wichtige Voraussetzung sind sicherlich Kenntnisse vom und über den anderen, Informationen, die rational begründet und nicht aus Vorurteilen und Mutmaßungen gespeist sind. Ebenso wichtig ist solch rational begründetes Wissen über mich und meine Bezugsgruppe sowie mein bzw. unser Bild im Spiegel des/der anderen. Notwendig ist also Aufklärung im klassischen Sinne des Wortes. Doch die kognitive ist nur die eine Seite in diesem Lernprozeß, hinzukommen muß die affektiv-emotionale Komponente. Vom Kopf her läßt sich vieles einsehen, doch für die Umsetzung in entsprechende Handlungs- und Einstellungskonzepte bedarf es oft auch der gefühlsmäßigen Basis" (Marburger 1991, S. 33).

Hier sind wir erneut mit Forderungen konfrontiert, deren konkrete Umsetzung auf ein kaum auszulotendes Maß an Schwierigkeiten und Konflikte stoßen würde, wäre man ernsthaft versucht, beispielsweise die Curricula für alle Kulturen ethnischer Minderheiten zu öffnen. Praktisch würde dies bedeuten, in Grundschulen bundesdeutscher Großstädte die Lehrpläne - einschließlich des muttersprachlichen Angebotes - an zehn und mehr unterschiedlichen Kulturen und Sprachen zu orientieren. Wir stoßen in der bisherigen Literatur immer wieder auf idealistische und ideologieverdächtige Formulierungen, die die in der Praxis auftretenden Schwierigkeiten und Konflikte in keiner Weise mitreflektieren.

Pädagogische Umsetzung

In die praktisch-pädagogische Arbeit mit ausländischen Kindern und Jugendlichen sind zwar grundsätzliche adressatenbezogene Überlegungen eingegangen, etwa im Sinne von Zielbeschreibungen, programmatischen oder konzeptuellen Aussagen. Wie jedoch diese einzelnen Aspekte mit den entsprechenden sozialisatorischen Vorgaben der Klientel von Pädagogik und der eigenen Person des Pädagogen sowie den gewählten pädagogischen Methoden zusammenhängen, darüber wird in der Literatur sehr wenig berichtet. So gibt es z.B. kaum einen pädagogischen Vorschlag, der sich explizit auf die Lernmöglichkeiten aus entwicklungspsychologischer und sozialpsychologischer Sicht bezieht (letztere Sicht deshalb, weil Pädagogik fast überall in Gruppen wirksam wird). Dies ist um so erstaunlicher, als der Identitätsbegriff, der ja auch in der pädagogischen Diskussion verwendet wird, eine exquisit psychologische Dimension beinhaltet. Es fehlen Überlegungen zur Entwicklung von Identität (und zwar vom frühesten Kindesalter an) und zu den Prozessen, die eine solche Entwicklung fördern, hemmen oder im Sinne einer Veränderung beeinflussen könnten. Noch viel mehr fehlt die praktische Auseinandersetzung hiermit im Hinblick auf die Person des Pädagogen. Wie ist er zu dem geworden, was er heute (kulturell) repräsentiert und wie ist seine Aufgabe, Kultur zu vermitteln, in sein Selbstkonzept integriert? Ist der Identitätsbildungsprozeß im Erwachsenenalter abgeschlossen? Welche Möglichkeiten einer Veränderung existieren, wenn es überhaupt welche gibt?

Noch unklarer verhält es sich mit den Zusammenhängen sozial auffälliger Verhaltensweisen bei Kindern und Jugendlichen ausländischer Eltern. Hier kommt zur allgemeinen Ratlosigkeit im Umgang mit aggressiven Kindern der Effekt der Wut über Ausgrenzung und Abwertung hinzu (vgl. Büttner 1988, 1993; Finger-Trescher/ Trescher 1991). Und schließlich ist die Reflexion über den Einfluß des pädagogischen Kontextes, also z.B. einer Einrichtung und deren kulturellen "Auftrag", äußerst gering. Es gibt deshalb auch keine Anhaltspunkte für die Bindung pädagogischen Handelns an die besonderen institutionellen Voraussetzungen. Hier wirkt sich die immer wieder beklagte theorielose Praxis in doppeltem Sinne aus. Weder gibt es institutionell anerkannte und praktikable Konzepte zur Bearbeitung von sozialen Problemen - sei es bei deutschen, sei es bei ausländischen Kindern - noch gibt es eine Verknüpfung dieser Diskussion mit den Ansichten über die Begegnung von Menschen mit verschiedenen kulturellen Identitäten und dem entsprechenden institutionellen Kontext (Welche institutionellen Möglichkeiten und Grenzen haben Schule, Kindergarten und Jugendarbeit im Hinblick auf interkulturelle Erziehung allgemein und die Bearbeitung von sozialen Konflikten im Besonderen?).

Die pädagogischen und handlungspraktischen Konzepte entstammen meist alltäglichen und oft unvorhersehbaren Handlungszwängen. Dabei handelt es sich häufig um Angebote "um jeden Preis", die sich allein auf Zielkonzepte stützen. Dies ist aus den historischen Entwicklungen heraus verständlich, gleichwohl den Problemen einer Gesellschaft, die viele verschiedene Kulturen beherbergt bzw. einem (wie auch immer) einmal "gebauten Haus Europa" nicht mehr angemessen.

Eine wissenschaftliche Begründung pädagogischer und politischer Integrations-, Akkulturations- oder sonstiger Beziehungspraktiken steht nach wie vor aus. Einen der wenige Anhaltspunkte, in welche Richtung eine solche Diskussion gehen könnte, gibt Helmolt Rademacher (1991) in seinem Versuch, interkulturelles Lernen durch spielerische Zugänge zu fordern (Probehandeln). Er charakterisiert dabei die Begegnungsprozesse zwischen Pädagogen und Klienten auf der Grundlage theoretischer Ansätze aus der analytischen Sozialpsychologie, führt die Diskussion aber nicht bis in die Entstehungsbedingungen des Zusammenhangs zwischen individueller und kultureller Identität. So klafft selbst in solchen Texten zu Ausländerpädagogik und interkulturellem Lernen eine immense Lücke in den theoretischen Ausführungen, vornehmlich zu den Wissenschaftsdisziplinen Soziologie, Psychologie und Pädagogik. Sie ist z.T. auch darauf zurückzuführen, daß es so gut wie keine interdisziplinäre Denkweise gibt, die in den traditionellen Wissenschaftsdisziplinen vermittelt wäre.

Die Begriffe "Ausländer-Integration", "Akkulturation", "Assimilation" oder "multikulturelle Gesellschaft" beinhalten den Bezug zu ganz verschiedenen theoretischen Zugängen, zur Politikwissenschaft, zur Soziologie, zur Psychologie und zur Erziehungswissenschaft. Werden solche Verknüpfungen nicht geleistet, gerät die "Ausländerpädagogik" meist zur reinen Handwerkelei. Übrig bleiben dann allgemeine und stark idealistische Zielvorstellungen, die höchstens etwas über die alltagsweltlichen Vorstellungen von interkulturellem Lernens aussagen. Dies las sich noch vor zehn Jahren etwa so: "Kindergärten und Kindertagesstätten werden von Kindern mehrerer Nationen besucht. Die multinationale Zusammensetzung spiegelt die Realität einer Gesellschaft wider, in der Bürger verschiedener nationaler Herkunft leben. Die multinationalen Einrichtungen versuchen, mit verschiedenen pädagogischen Konzepten der multinationalen Zusammensetzung der Kindergruppen Rechnung zu tragen und die Kinder auf das Zusammenleben in einer multinationalen Gesellschaft vorzubereiten. Ziel der pädagogischen Arbeit ist also die Integration in die deutsche Gesellschaft" (Pfriem/ Vink 1981, S. 17).

Ebenfalls aus dem Jahr 1981 und einem offiziellen "Handbuch für Erzieher" stammt die folgende Beschreibung dessen, was diesen Zielvorstellungen entgegen steht: "Das Leben der Kinder ist gekennzeichnet durch eine Vielzahl von Brüchen in ihrer lebensgeschichtlichen Kontinuität, durch häufig abrupten Wechsel der ganzen Lebensumgebung, der Bezugspersonen und des durch sie repräsentierten kulturellen Bezugssystems. Die Kinder sind damit Opfer der ungeklärten Situation ihrer Eltern" (Puhan-Schulz 1981, S. 3). Und zu den Voraussetzungen bei den Erzieherinnen und Erziehern wird gesagt: "Die Erzieher in den Einrichtungen sind mit den neuen Aufgabenstellungen weitgehend allein gelassen worden. Sie haben kaum Gelegenheit gehabt, sich in Aus- oder Fortbildung relevantes Wissen anzueignen und Handlungsmöglichkeiten zu entwerfen, und sie bekommen auch nur vereinzelt personelle Unterstützung zur Bewältigung der gewachsenen Arbeitsanforderungen, z.B. im Bereich der Elternarbeit" (Puhan-Schulz 1981, S. 4).

Hier ein Beispiel aus dem heutigen Diskussionsstand, wiederum aus einem "Handbuch für Erzieher": "Je unausgeglichener ein Kind ist, je weniger Selbstwertgefühl es besitzt, desto mehr muß es andere 'klein' halten, um selbst an der vernichtenden Kleinheit der anderen zu wachsen. Solche Aggressionen sind vorprogrammiert. Denn unausgeglichene Kinder mit geringem Selbstwertgefühl und der Sehnsucht nach Anerkennung (haben wir unter den Deutschen) genug. Durch den Gebrauch dieser verbalen Waffe (das ausländische Kind als Ausländer zu beschimpfen und abzuwerten) stellt sich das deutsche Kind über den Ausländer. In diesem Augenblick fühlt es sich als etwas besseres. Das 'Wohlgefühl' stärkt und verfestigt seine Meinung über die Minderwertigkeit und die Abwertung von Ausländern, die es im nonverbalen und oft genug auch verbalen Verhalten der Erwachsenen wahrnimmt" (Pausewang o. J., S. 3).

Bei diesem Text findet sich auch bereits der Bezug auf die pädagogische Arbeit am "Inländer", nämlich der Erzieherin: "Zunächst muß die Erzieherin sich klarmachen, daß ihre eigenen Gefühle gegenüber Ausländern, auch wenn sie von ihr nicht verbal geäußert werden, vom Kind wahrgenommen werden und es beeinflussen. Wichtig ist deshalb:

  1. sich der eigenen Gefühle bewußt zu werden und
  2. sie nicht unter den Teppich zu kehren und so zu tun, als existierten sie nicht.

Es ist nicht leicht, sich eigene Gefühle, die man nicht haben will und deren man sich schämt, bewußt zu machen. Dafür ist eine angstfreie Umgebung wichtig und ein gutes Selbstbewußtsein. Bei einem niedrigen Selbstbewußtsein ist Kritik an der eigenen Person schwer, weil die Angst besteht, dann ganz ins Nichts zu fallen, umzukippen" (Pausewang o. J., S. 6).

Die Frage, wie man denn diese Selbstkritik nicht nur üben, sondern dazu noch die notwendige Selbstsicherheit erwerben könne, und dies im Arbeitszusammenhang eines Kolleginnen-Teams, bleibt hier offen, auch, wer dabei helfen könnte oder müßte. Es werden also weder Methoden den theoretischen Zusammenhängen zugeordnet, noch diese dem Entstehungsprozeß von Angst und Selbstunsicherheit. Dennoch wird im Vergleich der aus historisch verschiedenen Etappen der Ausländerpädagogik stammenden Konzepte deutlich, wie sehr sich die Problematik auf die Person der Pädagogen verlagert hat. Es bleibt aber offen, ob es nicht doch "nur" darum geht, ausländische Kinder an die deutsche Kultur, sprich die Person der Erzieherin, heranzuführen, oder ob (um es in den Kategorien des Umgangs mit Erwachsenen zu formulieren) das ausländische Kind die gleiche kulturelle Wertschätzung erfahren soll wie das deutsche. Und dann wäre weiter zu fragen, inwieweit eine Erzieherin bzw. ein Erzieher selbst den Prozeß des interkulturellen Lernens (erfolgreich) durchschritten haben müßte, und zwar für jede Kultur, mit der sie bzw. er in der Kindergruppe konfrontiert wird.

Während wir uns bei der interkulturellen Erziehung immer noch auf den Standpunkt zurückziehen können, daß diejenigen, die fremd zu uns kommen, letztlich sich uns anpassen bzw. angleichen müssen (einerlei, wieviel Attraktives wir von ihnen in unsere kulturelle Eigenart integrieren), können wir dies im Hinblick auf Europa wohl kaum von unseren europäischen Nachbarn erwarten oder gar fordern. Im Gegenteil: Wir werden uns mit den Versuchen der anderen auseinandersetzen müssen, uns so zu behandeln, wie wir unsererseits die Fremden in unserem Lande behandeln. Vielleicht ist genau dies die Furcht, die so manchen Bewohner eines europäischen Staates davon abhält, positiv an ein politisches Europa zu denken.

Im folgenden Abschnitt soll es nun darum gehen, den Weg und seine Hindernisse im Versuch zu beschreiben, die eigene Identität auf die des fremden Kindes mit seinen Eltern zu beziehen und zu beschreiben, welche Art von Erziehung dabei herauskommt.

5. Auf dem Weg ins "Haus Europa"

Zwei Kindergartenteams auf dem Weg zur Klärung ihrer Identität

Wenn im Zuge der Europäisierung "Ausländer" zu "Inländern" werden - einerlei, ob im Rahmen der nationalen deutschen Realität des Umgangs mit Kindern aus verschiedenen Kulturen oder in der Perspektiven eines "Hauses Europa" - dann bedeutet dies in jedem Fall, daß unabhängig davon, um welche Nationalität es sich bei den zu betreuenden Kindern handelt, eine Identitätsveränderung bei den Erzieherinnen und Erziehern gefordert ist. Sie müssen sich dann zugleich auch den Identitäten der Kinder aus den europäischen Ländern annähern. Italienische, griechische oder portugiesische Kinder, deren Integration bisher vergleichsweise wenig Mühe gemacht haben mag, hätten dann wie ihre Erzieherinnen und Erzieher einen supranationalen Identitätsstatus, der für alle gleich sein sollte. Fremdheit, wie sie sich durch kulturelle Vielfalt oder Sprache ausdrückt, wäre dann nicht mehr der Sonder- sondern der Normalfall.

Die Problematik einer Gesellschaft, in der viele verschiedene Kulturen beheimatet sind, gewinnt dadurch zumindest für den begrenzten Rahmen "Europa" eine operationalisierbare Perspektive. Der Anforderungsrahmen an integrative Begegnungen ist damit festgelegt, und zwar so, daß Kinder europäischer Länder (selbst wenn sie Farbige sind) sich "im Haus" befinden, und Erzieherinnen und Erzieher lernen müssen, mit ihnen als Gleiche unter Gleichen zu leben, Kinder aus außereuropäischen Ländern jedoch nach wie vor zu den "Fremden" zählen. Begreifen wir multikulturelle Gesellschaft nicht als etwas allumfassendes, sondern beziehen die Gesellschaft mit ihren verschiedenen Kulturen auf Grenzen, die vom Individuum in ihren organisatorischen, politischen und ökonomischen Aspekten überschaubar bleiben müssen, dann haben wir in den Reflexionsprozessen hin zu einer solchen Perspektive die Chance zu erfahren, ob und welche Veränderungen der persönlichen Identität möglich sind. Dazu werde ich den Verlauf der Auseinandersetzung mit eigener und fremder Identität anhand des Supervisionsprozesses zweier Kindergartenteams im Rahmen des HSFK-Projektes "Haus Europa" skizzieren (Die zunächst fallorientierten Supervisionssitzungen wurden zunehmend zur Bearbeitung kollegialer und schließlich institutioneller Probleme genutzt. Zugrunde lag eine gruppenanalytische Orientierung [vgl. z.B. Pühl/ Schmidbauer 1986]. Die Supervisoren waren PD Dr. U. Finger-Trescher und Dr. C. Büttner).

Anfang und Ende

Der Weg der beiden Teams begann mit einer gemeinsamen Beschreibung der Vorstellungen über Europa: "Ein Bild vom Europa der Zukunft: das Europäische Haus" (Hiller 1991, S. 106). Jedes Team malte ein Bild des Hauses Europa mit allen Nationalitäten, die nach Meinung der Erzieherinnen dazu gehörten. Es ergaben sich zwei ganz ähnliche Vorstellungen. Deren Inhalt und der weitere Weg der Diskussion um Europa und interkulturelle Erziehung während der Eingangstagung des Projektes "Haus Europa" wurde von den Erzieherinnen selbst protokollarisch folgendermaßen umschrieben:

"Gemeinsamkeit im Team bei der Herstellung der Wandbilder 'Haus Europa',

  • offenes Haus - viel 'reinlassen' wollen,
  • Versuch, gemeinsame Ziele der Integrationsarbeit in Erfahrung zu bringen,
  • Thema: Hausbesuche bei ausländischen und deutschen Familien, Vergleiche gezogen bezüglich der Gastfreundschaft usw.,
  • jedem Zeit zur Eingewöhnung lassen,
  • schlechte personelle Besetzung,
  • hohe Anzahl wechselnder Kolleginnen,
  • Problem, neue Kolleginnen zu integrieren (sich öffnen können oder distanzieren?)".

Hier ist implizit bereits der spätere Weg beider Teams aufgezeigt: von der Beschäftigung mit Konzeptionen im Umgang mit einzelnen Kindern über einen gemeinsamen Standpunkt gegenüber der Außenwelt (Eltern) bis hin zur Beschäftigung mit der institutionellen Identität (welche Kollegin gehört dazu, welche nicht?). Was sich im Detail hinter diesem Protokollauszug, angefertigt von Team I, verbirgt, charakterisiert das Team II folgendermaßen: "Am Anfang unseres Weges hatten wir bereits in einem vorangegangenen Projekt Prinzipien zur interkulturellen Erziehung entwickelt. Sie lauteten u.a.:

  • Alle Kinder müssen sich willkommen geheißen fühlen,
  • das Prinzip der Wertschätzung und das Prinzip der Repräsentanz müssen gewährleistet sein,
  • Kinder dürfen nicht als Repräsentanten einer nationalen oder einer ethnischen Kultur gesehen werden,
  • Abbau von Überlegenheits- und Unterlegenheitsgefühlen,
  • Eltern und Familien als Experten für herkunfts- und (unleserlich) familienkulturelle Erfahrungen der Kinder.

Wir halten diese Prinzipien auch weiterhin für richtig, doch wurde uns im Laufe des Projektes 'Haus Europa' deutlich, wie schwierig die tatsächliche Umsetzung in der Praxis ist" (aus dem letzten Zwischenbericht Team II).

Am Endes des gemeinsamen Weges steht für beide Teams der Vorbehalt der Klärung eigener kultureller Standorte und Identitäten der einzelnen Kolleginnen sowie das Wissen um die Notwendigkeit, sich ständig neu um eine gemeinsame Definition von inneren und äußeren Grenzen zu verständigen, sei es, um gemeinsame Wege und Ziele für die Arbeit mit den Kindern zu finden, sei es, um die kollegiale Offenheit so gestalten, wie es den professionellen Anforderungen durch Träger und pädagogische Grundhaltungen angemessen ist. Das Ende wird - wiederum von den Teams selbst - so beschrieben:

"Uns ist deutlich geworden, daß eine Voraussetzung zur Integration die Sicherheit der eigenen Identität ist. Gemeinsam müssen wir einen festen und sicheren Rahmen erarbeiten, erst dann ist es möglich, das Anderssein anderer Kulturen zulassen zu können. Unsere Zielsetzung, ein 'Haus Europa' werden zu können, ist die gleiche geblieben. Allerdings hat sich der Anspruch bzw. die Wertigkeit verändert. D.h., für uns bedeutet Integration nicht mehr 'Vereinnahmung' sondern die Ergänzung unserer Arbeit durch Bestandteile anderer Kulturen. Die Erkenntnis, daß nicht alles und jeder integrierbar ist, beinhaltet eine größere gegenseitige Toleranz und schließt die wechselseitige Abwertung aus" (aus dem letzten Zwischenbericht Team I).

Das zweite Team formuliert etwas vorsichtiger: "Sich mit der kulturellen Andersartigkeit auseinanderzusetzen ist aus unserer Sicht eine notwendige Sisyphusarbeit, ohne die wir nicht in der Lage wären, unsere pädagogische Arbeit wirklich den Bedürfnissen der Kinder entsprechend zu verändern. Solange wir glauben, daß unsere kulturelle Wahrnehmung allgemeingültig ist, können wir nicht wirklich das Kind in seiner Persönlichkeit wertschätzen. Dies kann aber nicht bedeuten, das wir unsere Identität völlig aufgeben, sondern nur, daß wir bewußter und flexibler mit unserer Identität umgehen und sie eventuell um einige Aspekte erweitern. Gleichzeitig müssen wir akzeptieren, daß andere Identitäten gleichberechtigt neben uns sind. Wichtig erscheint uns auch, unsere Identität weitmöglichst transparent zu machen, z.B. durch viel Kommunikation. Wie dies genau funktionieren soll, wäre ein Aspekt, an dem wir noch arbeiten müssen. Ebenso ist uns noch nicht klar, wie eventuell auch Grenzen gesetzt werden müssen" (aus dem letzten Zwischenbericht Team Il).

Der erste Abschnitt des Weges: Die persönliche Identität

Was vielleicht nicht besonders spektakulär erscheint, ist das Resultat eines langen Auseinandersetzungsprozesses im Detail. In ca. 30 Supervisionssitzungen über einen Zeitraum von drei Jahren standen nicht nur die Probleme mit einzelnen Kindern bzw. Eltern im Mittelpunkt, es ging gegen Ende des Weges zunehmend um die differenzierten Probleme der Zusammenarbeit und die Schwierigkeiten der kollegialen Kommunikation. Der Schwerpunkt der Supervision wurde darauf gelegt, das scheinbar Bekannte und unproblematisch Erscheinende als etwas Fremdes herauszustellen, um daran die eigene Position zu erkennen und die Annäherungs- bzw. Abgrenzungsprozesse erfahrbar zu machen. Wenn z.B. von ausländischen Eltern die Rede war,. die Schwierigkeiten mit der täglichen Organisation hätten, dann wurde der Kindergarten in die Perspektive des neuen, unbekannten Landes gerückt, in das man "einwandere" - Haustür (die zu bestimmten Zeiten verschlossen ist!) und Flur markieren die Grenzen, an denen - wie bei wirklichen Einwanderungen - sich entscheide, ob und wie man in das neue Land, die Gruppenräume, "hinüberkomme". Diese Perspektive erwies sich bei nahezu allen Konflikten als außerordentlich hilfreich. So beschreibt z.B. Team I an folgenden Beispielen, wie sich Änderungen in der Haltung dem scheinbar Vertrauten gegenüber ergeben haben:

"Ein Punkt ist die Vereinnahmung ausländischer Kinder aus den europäischen Kulturen. Da sie in unseren Augen 'deutsch' sind, wird auf ihre Identität wenig Rücksicht genommen. Es existiert zwar der italienische 'Macho', aber er wird eher belächelt ... Bei den ausländischen Eltern sind wir nicht nur auf sprachliche Mißverständnisse gestoßen. Schon der Begriff 'Kindergarten' ist Familien aus anderen Kulturkreisen fremd. Folglich sind die für uns so selbstverständlichen konzeptionellen Inhalte ausländischen Familien nicht bekannt" (aus dem letzten Zwischenbericht Team I).

Ein besonders gravierendes Problem, der Umgang mit aggressiven Jungen, entpuppte sich so als die Konfrontation von Frauen mit der ihnen fremden Identität von Jungen. Die Jungen befinden sich im Kindergarten in einem 'fremden Land".

Oder: Der Umgang erithreischer Mütter mit ihren Kindern ließ den deutschen Umgang mit kleinen Kindern in einem völlig neuen Licht erscheinen: Während die fremden Mütter ihre kleinen Kinder prinzipiell der Gruppe der Kinder überlassen, herrscht bei den deutschen Müttern die Vorstellung, sich selbst müßten sich ganz intensiv um ihre Kinder kümmern; während erithreische Jungen gegenüber den Mädchen ihres Kulturkreises häufig Beschützerfunktion übernehmen, suchen die deutschen Mädchen den Schutz bei der Erzieherin.

Oder: Alle Kinder springen nackt im Garten umher, nur die moslemischen Kinder nicht. Sie werden zum Entkleiden überredet, weil die Erzieherinnen glauben, sie müßten sonst schwitzen. Die Erzieherinnen handeln in bestem Glauben, den Kindern gutes zu tun, bringen sie aber in große Konflikte.

Oder: Die anstehende Neuaufnahme von Zwillingen führte zu der Überlegung, ob man sie gemeinsam in eine Gruppe oder in getrennten Gruppen betreuen solle, zugleich aber auch zum bewußten Wahrnehmen von Fremdheit, mit der man es im Umgang mit Zwillingen, also etwas eher Seltenem und deshalb weitgehend Unvertrauten, zu tun hat.

In fast allen Supervisionssitzungen ging es um Problemfälle und Außenseiter. Besonders an der Rolle des Außenseiters wurde denn auch die Fremdheit persönlicher Wahrnehmungen und Haltungen gegenüber abweichendem Verhalten deutlich, die nicht nur bei ausländischen Kindern sondern auch ganz alltäglich bei deutschen Kindern das pädagogische Handeln (mit den typischen Reaktionen des Ausgrenzens oder Bestrafens) bestimmt. Die Kinder selbst sind häufig die Fremden, in die man sich nicht einfühlen kann, die eigentlich die "Übergangshilfe" in das Land "Kindergarten" bzw. "Kindergruppe" als das Bündel von (manchmal recht widersprüchlichen) Vorstellungen und Erwartungen der Erzieherinnen bräuchten. Viele der durchgearbeiteten Fälle erwiesen sich so als Beispiele für die Schwierigkeit des erzieherischen Umgangs mit der Fremdheit einzelner Kinder. Allzu oft wurde das Sich-Einfühlen in diese Andersartigkeit durch normative Vorstellungen ersetzt. Ein Beispiel:

"Mädchen - 6 Jahre - wird beleidigt, weil es eine Brille trägt. Es sähe aus wie eine Oma. Das Mädchen löst den Konflikt, indem es seine Brille versteckt. Wir können diese Lösung aus medizinischen Gründen nicht akzeptieren, mischen uns ein. Selbst wenn sie aussehen würde wie eine Oma, würden wir sie verteidigen. Gedanken wie 'Sie kann nichts dafür, daß sie eine Brille braucht' können die Unsicherheit bei dem Kind verstärken - positive Diskriminierung. Der Verdacht tritt auf, daß etwas (hier: Brille) auffällt auf der Oberfläche, jedoch etwas Tieferes gemeint ist, in diesem Fall Neid und Eifersucht auf das Mädchen, das sehr beliebt ist bei den Jungen und eine besondere Rolle im Kindergarten hat ... " (aus dem Supervisionsprotokoll Team II).

Besonders dramatisch zeigte sich das Bemühen um Einfühlung in die Fremdheit kindlichen Erlebens am Thema Kriegskinder aus dem ehemaligen Jugoslawien. Ist es wichtig, genau zu wissen, was diese Kinder erlebt haben? In welchen Verhältnissen sind sie aufgewachsen, bevor der Krieg ausbrach? Wie leben die Kinder jetzt in ihren Familien? Es wurde deutlich, daß diese Fragestellungen eigentlich für die Beziehung zu allen Kindern, nicht allein für ausländische Kinder, gelten könnten. Kann es z.B. eine Hilfe sein - wenn man selbst das Schlimme, was ein Kind aus seiner Vergangenheit erzählen könnte, sei es eine Mißhandlung, sei es der Krieg, nicht aushalten kann -, daß ein anderes Kind in seiner Sprache mit ihm spricht? Oder soll das Kind Deutsch im Kindergarten lernen, damit man es als Erzieherin versteht? Kommt das Kind nicht in eine Art "Niemandsland", wenn es - unabhängig von seinen Problemen - weder die eigene noch die fremde deutsche Sprache richtig lernt? "Niemand weiß, wie ein Kind sich wirklich fühlt", resümieren die Erzieherinnen von Team II in dem entsprechenden Protokoll.

Von den Problemen der Einigung auf eine gemeinsame professionelle Identität

Das scheinbar Vertraute als das Fremde zu sehen, öffnete den Blick auch für die kollegialen Fremdheiten. War bisher die Teamauseinandersetzung eher als Gruppen- und Kommunikationsproblem betrachtet worden, so wurde sie unter dem Gesichtspunkt des Fremden in der Kollegin verstanden. Die Beziehungen zu Kolleginnen, deren Verhalten und Einstellungen im Team trotz vieler Bemühungen unverständlich blieben, führten in Einzelfällen zu unerträglichen Spannungen: "Wir mußten feststellen, daß in uns recht enge Grenzen existieren, und diese waren schon in der Arbeit mit dem Team zu erkennen. Zwei Beispiele: Ein gravierendes Problem zeigte sich in der konzeptionellen Arbeit durch die Öffnung der Gruppen. Schon hierbei waren die Grenzen einiger Mitarbeiterinnen erreicht mit der Konsequenz des (R)ausscheidens dieser Kolleginnen. Eine weitere Schwierigkeit zeigte sich im Versuch, die Integration zweier Kolleginnen aus den neuen Bundesländern zu erreichen, die u.E. kein Interesse an der Team-: und Integrationsarbeit hatten. Auch von ihnen trennten wir uns" (aus dem letzten Zwischenbericht von Team I).

In Team II wurde das Problem der Trennung von einer Kollegin in Zusammenhang mit der Neuaufnahme von Kindern am Anfang des Kindergartenjahres gebracht: Wie kann man aus dem Konflikt so unbeschadet wie möglich heraus kommen? Und: Wie kann man Eltern und Kinder im Prozeß der Übergangs aus etwas Vertrautem in etwas Neues, Fremdes, am besten unterstützen? "Für alle Beteiligten ist der Beginn des neue Kindergartenjahres eine schwierige Zeit. Die 'alten' Kinder und wir (die Erzieherinnen) müssen uns neu orientieren ... Das Konzept könnte lauten: Den Eltern je nach Bedarf mehr Übergangsraum zur Verfügung zu stellen (Transiträume) ... Sinnvoll ist es, die Trennung aktiv zu gestalten ... Trennung ist zugleich auch Fortschritt ... In anderen europäischen Ländern geht es nicht um die Entscheidung, ist es gut oder schlecht für das Kind, sondern es ist selbstverständlich ... Unverständnis auch bei unserer kolumbianischen Kollegin. Als sie nach Deutschland kam, verstand sie nicht, wieso man kleine Kinder in Kindergärten stecken konnte. Sie war es gewohnt, daß Kinder in Großfamilien leben" (aus dem Supervisionsprotokoll Team II).

Die offene Auseinandersetzung um Unvereinbarkeiten in den pädagogischen Vorstellungen dieser einen Kollegin mit dem Team war beängstigend ungewohnt. Sobald aber die Trennung positiv im Sinne einer Weiterentwicklung gesehen werden konnte, und zwar von beiden Seiten, fiel es dem Team sowie der ausscheidenden Kollegin leichter, alle Phasen der Trennung bewußt und letztlich im Konsens zu durchlaufen. Für beide war somit ein Übergang in eine neue fremde Situation weitgehend ohne Vorbelastung möglich.

Alt und neu, das alte Team" und "die neuen Kolleginnen", war auch in Team I ein wichtiges Thema auf dem Weg zu einem sichereren Standort. Wie integriert man eine neue Mitarbeiterin, für die zunächst einmal alles fremd ist? Was kann man von ihr erwarten, was nicht? Welche Hilfestellungen sind sinnvoll, welche nicht? ("Ich komme aus einer anderen Einrichtung, und da wurde es erst einmal anders gemacht. Und jetzt bin ich hier"). Welche Verhaltensweisen kann man als Übergangsverhalten erkennen, das sonst üblicherweise als sich-weigernd oder abwertend wahrgenommen wird. Am Beispiel des Eintritts einer neuen Kollegin wurde deutlich, daß deren Rückzug in ihre Gruppe und ihre Verhaltenheit im Team ein Schutz war, um am Anfang ihrer Tätigkeit im neuen Team einen sicheren Raum ("Transit") zu haben, von dem aus sie ja durchaus bereit war, auf die anderen zuzugehen.

Das Team und die Einrichtung

Einen entscheidenden Impuls bekam die Arbeit "auf dem Weg nach Europa" durch die erste Begegnung der Teams nach einer Weile des "Alleingangs" in getrennten Supervisionssitzungen. In einer Zwischenbilanztagung sollten die Erzieherinnen über sich und den Stand ihrer Arbeit berichten. Was dann folgte, war für die einen wie ein Zwang und für die anderen eine unerträgliche Abgrenzung. Statt eines wechselseitigen Interesses der sich fremden Teams aneinander wechselten sich Darstellung und Abgrenzung ab ("In einer solchen Einrichtung würde ich niemals arbeiten wollen"). Team I: "Wir fühlten uns in eine Rolle gedrängt, die wir nicht beabsichtigt hatten - die Rolle der Kritiker". Und Team II findet später über sich heraus: "Wir kommen oft in die Position, uns zu rechtfertigen."

Diese erschreckende Erfahrung steckt auch heute noch in den Knochen aller Beteiligten. Sie wurde abgemildert durch die gemeinsame Erfahrung der Fremde: Während eines Frankreichaufenthaltes zur Hospitation in französischen Écoles Maternelles näherten sich die Teams in der gemeinsamen Abgrenzung gegenüber der französischen Vorschulerziehung wieder an. Wie sie ihre Begegnung als verunsichernd erlebt hatten, erlebten sie nun gemeinsam die französische Kinderwelt als verunsichernd. Wohltuend war die Versicherung eines gemeinsamen deutschen Standortes - auch wenn dieser vielleicht gar nicht so gegeben war.

Erst bei einem zweiten Aufenthalt in der Fremde (in London) wurde aus dem wechselseitigen Mißtrauen ein kollegialer Respekt vor der jeweiligen Andersartigkeit. Gemeinsam konnte man nun das Fremde in England würdigen, das Interessante in Ruhe beschauen und sich eine Meinung bilden, die weitgehend unabhängig von einer gegenseitigen Stabilisierung war. Mit der Abnahme der Ablehnung des Fremden ging eine Zunahme der Identifizierung mit der eigenen deutschen Professionalität einher. Sowohl in der Fallarbeit als auch in der kollegialen Auseinandersetzung gab es eine wachsende Offenheit, Sicherheit und Beruhigung gegenüber den alltäglichen Problemen der Erziehungsarbeit.

Das Fremde mußte wohl zunächst abgelehnt werden, und zwar sowohl in den eigenen Reihen (unabhängig davon, wer ablehnte bzw. wer abgelehnt wurde, sozusagen als eine gemeinsame unbewußte soziale Inszenierung) als auch in der Fremde selbst. Ein weiterer Punkt war aber auch der Leitungsstil in den jeweiligen Einrichtungen, dem gegenüber man sich vertraut bzw. fremd fühlte. Beide Teams waren sich in dieser Hinsicht in hohem Maße fremd: "Jeder Leitungsstil weist etwas auf, das der andere nicht hat und umgekehrt. So war die Leiterin des anderen Teams sehr viel mütterlicher, versorgender und vermittelte mehr Nähe. All diese Dinge könnte unsere Leiterin nur geben, wenn sie an ihre Grenzen gehen würde. So etwas verursacht Wut, Unsicherheit und Kommunikationsstörungen" (aus dem Protokoll der ersten Zwischenbilanz Team I).

Resumée am Ende des Weges

Die eigene Kultur hat sich bei den Erzieherinnen nicht als etwas Selbstverständliches und schon gar nicht als etwas Bewußtes und Eindeutiges erwiesen. In einer multikulturell orientierten Gesellschaft kann sie das auch gar nicht sein. Im Gegenteil: Sie muß immer wieder neu ausgehandelt werden, wenn man gewaltsame Konflikte vermeiden will. Dabei kann man allerdings zu eindeutigen Grenzen vordringen, etwa inwieweit man bereit ist, die eigenen kulturellen Vorstellungen zu verändern.

Auch die Identität scheint nichts Sicheres zu sein, und die eigene kulturelle Identität ist nur bedingt positiv besetzt. Die Stabilisierung dieser eher unsicheren Identität verläuft offenbar über die "bösen Fremden". Im eigenen Land hat man es einfacher und kann sich unter Gleichen wähnen. Im fremden Land verschwinden die konflikthaften Unterschiede zwischen Gleichen. Die eigene Situation ist dort derjenigen der Fremden bei uns sehr ähnlich: So wie es mir in der Fremde ergeht, könnte es den Fremden bei mir zuhause ergehen. Damit haben die Erzieherinnen aber einen Zugang gefunden, die Gefühle der Fremden besser zu verstehen und sich darauf einzustellen. Daraus ließen sich die Schlußüberlegungen am Ende des Projektes ableiten: Sich auf das Eigene besinnen und dann weitergehen, nicht nur mit dem Ziel, die Differenzen zum Verschwinden zu bringen, sondern auch, um sie als ein zwischenmenschliches Faktum zu respektieren und mit der Andersartigkeit koexistieren zu lernen ("Ungleichheit für alle!").

In diesem Sinne ist das abschließende Statement von Team II zu verstehen: "Wir sind eine Institution mit Regeln und Strukturen. Wie wandelbar müssen diese in einem 'Haus Europa' sein, in dem es nicht mehr 'Drinnen' und 'Draußen' gibt. Sicherlich ist dies zur Zeit eine Fiktion, aber interkulturelle Pädagogik hat immer auch einen idealtypischen und fiktiven Anspruch" (aus dem letzten Zwischenbericht Team Il).

6. Interkulturelle Erziehung auf dem Weg nach Europa

Was könnte dies für ein neues Konzept einer interkulturellen Erziehung heißen?

Zunächst einmal muß man sich wahrscheinlich von den Vorstellungen globaler Fremdenfreundlichkeit verabschieden. So gut gemeint der Wunsch nach Offenheit für "alle Menschen" auch ist, er kann nicht länger die Grundlage einer professionellen Erziehung in einer multikulturellen Gesellschaft sein. Da Erziehung auf pädagogische Ziele hin ausgerichtet ist, die wiederum aus kulturellen Grundhaltungen abgeleitet sind, ergeben sich daraus immer auch Einschränkungen (die Zivilisierung der "wilden Kinder"). Multikulturelles Leben verlangt in diesem Sinne vor allem Kompromisse, am besten zwischen gleichwertigen Partnern - seien dies die ausländischen Nachbarn mit ihren Vorstellungen von Pädagogik (wenn sie überhaupt entsprechende Vorstellungen haben!) oder die Bürger der europäischen Nachbarländer (mit ihren von uns z.T. erheblich abweichenden pädagogischen Konzepten).

Zum zweiten gehört zur Erziehung in einer multikulturellen Gesellschaft die Selbstsicherheit in bezug auf den eigenen kulturellen Standort. Sich öffnen, Kompromisse eingehen oder sich verschließen kann nur der, der auch etwas zum Öffnen, zum Verschließen und zum Hergeben hat, also jemand mit einer klaren und sicheren eigenen kulturellen Position. Den anderen, Fremden, einerlei ob Eltern oder Kinder, respektieren heißt in diesem Sinne auch, den Respekt für sich selbst einfordern. Dazu zählt nicht zuletzt der Respekt vor den Verhältnissen, in denen man lebt und erzieht. Diese Verhältnisse bilden ja einen großen Teil der Stabilität und der Grundlagen für die Selbstsicherheit der eigenen Lebensvorstellungen. Nicht, daß sich diese Verhältnisse nicht ändern ließen. Änderungen sind aber wahrscheinlich kaum über Vorschulpädagogik zu erreichen. Vielmehr müßten sich zunächst einmal die Erwachsenen verständigen. Die Bindungen an das Elternhaus und die Autoritäten der jeweils eigenen Kulturen sind zu groß, als daß Kinder "ungestraft" ihren eigenen

Weg gehen könnten. Man müßte also die Veränderungen als Erwachsener selbst und mit den anderen Erwachsenen in die Hand nehmen - vielleicht zuviel neben einem beruflich anstrengenden Alltag. Immerhin könnte es zu einer Entlastung führen, klar zu erkennen, welche Ziele durch pädagogische Interventionen und welche nur durch Änderung der politischen Verhältnisse herbeigeführt werden können. Hierbei wäre vor allem die Unterstützung durch den Träger der jeweiligen Einrichtung notwendig. Nur wenn man in sicheren (Beziehungs-) Verhältnissen arbeiten kann, lassen sich Veränderungen positiv bewerten und Energien freisetzen, um über den "normalen" Alltag hinaus auch besondere Anstrengungen zu leisten.

Drittens: die Gestaltung der interkulturellen Beziehungen. Hier sind aus der Perspektive institutioneller Vorschulerziehung die Fragen wichtig: Wer ist in der Einrichtung der "Hausherr", wer ist "Gast", wer "Durchreisender", wer hat die "Aufenthaltsgenehmigung" beantragt, wer die "Einbürgerung", wer befindet darüber? All diese Rollen, verstanden als Metaphern in den Beziehungen zwischen Eltern und Erzieherinnen und Erziehern, verlangen eine unterschiedliche Behandlung. Man muß sich wahrscheinlich die Mühe machen, in der Beziehung zu den Eltern genau hinzuschauen, welche Wünsche gegenüber der Einrichtung bestehen, damit man zu klaren und überschaubaren "Arbeitsvereinbarungen" kommt, die man auch erfüllen kann. Die Beziehung zwischen Familie und Einrichtung als eine Art Vertragsverhältnis zu sehen mit wechselseitigen Leistungen und Rechten erleichtert meist das Erkennen unterschiedlicher Positionen, das Verhandeln über einen Kompromiß und schließlich das Herstellen eines Arbeitsbündnisses in wechselseitiger Zufriedenheit. Dabei kann es nicht um die Eltern allgemein gehen oder um die Eltern aus einem bestimmten Kulturkreis. Man wird nicht umhin können, zu den Eltern einer Einrichtung differenzierte Beziehungsverhältnisse herzustellen, um nicht nur den ausländischen Eltern, sondern auch den deutschen die kulturellen Abweichungen zu ermöglichen, die diese zur Stabilität und Selbstsicherheit ihrer familiären Kultur brauchen. Dies sicher nicht grenzenlos, sondern so, daß die eigenen Vorstellungen (wenn sie denn klar sind und von allen Kolleginnen und Kollegen geteilt werden) durch das Fremde - einerlei ob von ausländischen oder deutschen Eltern - nicht so behindert werden, daß die Toleranz zu Verletzungen zu führen droht.

Solche Überlegungen werden vielleicht in Zukunft auch im Zuge der Europäisierung von Vorschulerziehung von Bedeutung sein. Vorerst jedoch ist Europa fern. Man kann es sich leisten, das Fremde niemals gesehen, niemals davon gehört zu haben, selbst wenn es hinter der nächsten Grenze praktiziert wird. Die Probleme interkultureller Erziehung bieten uns allerdings den Vorteil, uns in dem Versuch ihrer Lösung auf das vorbereiten zu können, was uns in zukünftiger Zusammenarbeit mit unseren europäischen Nachbarn möglicherweise erwartet.

Die heutige Realität: Mit dem Rucksack nach Europa?

Die Komplexität, mit der wir es in den sozialen Aspekten des Europäisierungsprozesses zu tun haben, wird vielleicht an dem Bild eines Jugendlichen (in Erinnerung an die zitierte deutsch-polnische Untersuchung) deutlich, der mit seinem Interrail-Ticket durch die europäischen Länder reist und schließlich wieder "zuhause" ankommt. Ist er dann auch in sein Zuhause "Europa" gereist? Oder mit anderen Worten: Kann man in ein Land auswandern (oder in einen Teil davon), in dem man immer schon gelebt hat? Oder noch anders und auf die Innenwelt der Identifikation angewandt: Kann man seine nationale Identität aufgeben zugunsten einer neuen, größeren? Kann man sie erweitern, so daß man die alte behält und eine neue, größere dazu erwirbt? Die politischen Antworten darauf sind diese: Die Identifikation mit einer Idee kann soweit gehen, wie die Wirklichkeit sie durch die Verhältnisse unterstützt. Ansonsten bleibt sie ein Phantasma, in der Alltagssprache: eine "Spinnerei". Erst wenn es Europa wirklich gibt, kann man dort ein- und ausreisen. Nummernschilder mit Europazeichen machen noch keinen Europäer, wenngleich immerhin eine gewisse Bereitschaft dazu zu erkennen sein mag.

Die Identifikation mit der eigenen Nationalität wird auch in Zukunft die Grundlage bleiben, in Verhandlungen der europäischen Staaten untereinander zu Verbesserungen ihrer Verhältnisse zu kommen. Das betrifft in erster Linie die für die westlichen Industriegesellschaften zentralen Werte: die militärische Sicherheit (garantiert durch das "Bündnis"), die wirtschaftliche Entwicklung der Nationalstaaten, damit verknüpft die zunehmende Ausweitung und Verbesserung der Kommunikations- und Werbemöglichkeiten. Nicht zufällig ist die Geschichte des Europa der letzten 40 Jahre eine Geschichte des militärischen und wirtschaftlichen Zusammenrückens von der NATO und der EG für Kohle und Stahl bis zu dem gerade aktuellen Ziel der Osterweiterung der NATO und einer gemeinsamen Währung.

Die derzeitigen europäischen Institutionen allein reichen nicht aus, etwas abzugeben, aus dem sich eine supranationale Identität herleiten ließe, ganz abgesehen davon, daß sie in keiner Weise zu den entsprechenden nationalstaatlichen Institutionen wie Regierung und Parlament ein Pendant böten. Und von einem europäischen Bundesstaat, der z.B. auch die Unterschiedlichkeiten europäischer Vorschulerziehung in den Griff bekäme, sind wir weit entfernt - wenn denn überhaupt eine solche Perspektive sinnvoll wäre: "Auch in Deutschland lehnten bei einer Umfrage im September 1992 drei Viertel der Deutschen den Bundesstaat Europa ab" (Schauer 1993, S. 15).

Bleibt zu überlegen, wozu eine Identifikation mit Europa - mit der Idee ebenso wie mit den bereits vorhandenen oder in naher Zukunft zu erreichenden Gemeinsamkeiten - sinnvoll sein und mithin so etwas wie eine europäische Identität abgeben könnte. Damit könnte sich zum einem der Wunsch verknüpfen, die Beziehungen zwischen uns und unseren unmittelbaren Nachbarn nicht nur weiter zu entwickeln, sondern darüber hinaus zu Kompromissen zwischen unseren deutschen Anschauungen etwa zur Vorschulerziehung zu kommen (dies um so nötiger, als wir gegenüber der Mehrheit der europäischen Staaten eine andere Linie "fahren"). Dann zum anderen, uns in unserer Selbstsicherheit zu stärken, um so zu einem "satisfaktionsfähigeren" Partner für unsere europäischen Nachbarstaaten zu werden (attraktiv ist nämlich derjenige, der etwas zu bieten hat). Und schließlich könnte das Engagement für eine europäische Identität in diesem Sinne Ausdruck für eine neue Einstellung gegenüber anderen Kulturen im eigenen Land nach sich ziehen: mit denen wir einerseits Kompromisse schließen müssen, die andererseits unsere Kultur als etwas schätzen lernen sollen, das sich zu leben lohnt. Und dazu muß man unsere Kultur positiv vorzeigen, d.h. leben können.

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Autor

Prof. Dr. Christian Büttner
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