Zitiervorschlag

Manipulationen in der pädagogischen Arbeit erkennen und abwehren

Anja Mannhard

 

Die Kraft geht gerade.

Jean Paul

Die pädagogische Arbeit ist von verschiedenen Zielgruppen mit zum Teil unterschiedlichen Interessen geprägt, und manchmal gelangen diese zu Konflikten, bei denen nicht mehr fair gespielt wird. Da gibt es Auseinandersetzungen mit Eltern, im Team, mit der Leitung, mit dem Träger, mit Kooperationspartnern oder in der Öffentlichkeitsarbeit. Es wird zum Beispiel scheinbar harmlos Nichtwissen oder Naivität vorgespielt, oder etwas weniger harmlos offen aggressiv gegen jemanden vorgegangen, der die eigenen Interessen nicht teilt. Wichtig ist, zu erkennen, wenn man manipuliert wird, um nicht gegen den eigenen Willen zu handeln. Man findet sich sonst in Entscheidungen und Ergebnissen wieder, die man ohne Manipulation so nicht getroffen und erwartet hätte.

Warnzeichen Bauchgefühl

Manipulationen können unbewusst oder bewusst ablaufen, aber immer verursachen sie bei dem, der manipuliert wird, ein ungutes Gefühl. Dieses schlechte Bauchgefühl ist die beste Chance, vor einer Entscheidung oder vor einem Handeln ein Stopp zu setzen und zunächst genauer hinzuschauen, wodurch die Missstimmung verursacht wird. Erkennt man Manipulationen, kann man sich dagegen zur Wehr setzen.

Erste Hilfe bei Manipulation

Drohen, Lügen, Gerüchte streuen, Verurteilen, Kommunikation verweigern, Informationen verfälschen oder blockieren, sich dumm stellen, Ausweichen, Angreifen, Erpressen, jemanden umgarnen, sich bedürftig zeigen – all das sind nur einige Möglichkeiten, um jemanden zu manipulieren und um auf eine wenig aufrechte Weise seine eigenen Interessen gegen den Willen des anderen durchzusetzen. Dagegen hilft

  1. die Manipulation zu erkennen und abzuwehren (sich zu schützen),
  2. das Verhalten, das die Manipulation bestreitet, zu erkennen, zu benennen und klar von sich zu weisen,
  3. Gegenmaßnahmen durchzuführen (vgl. Edmüller/Wilhelm 2015,11).

Manipulation mit offener Aggression

Praxisbeispiel

Frau Müller möchte, dass ihr Kind nicht mehr in der Kita schläft, da es dann abends später ins Bett will. Sie hat dann weniger gemeinsame Zeit mit ihrem Mann ohne Kind. Die Erzieherin argumentiert, dass das Kind ohne Schlaf am Mittag so müde ist, dass es sich bei den Angeboten am Nachmittag kaum beteiligen kann und schnell unleidlich wird. Das stört den Ablauf in der Gruppe. Frau Müller geht zur Leitung, und beschwert sich über die Erzieherin. Sie stellt das Konzept der Kita in Frage, und droht damit, sich an den Träger zu wenden, wenn die Leitung die Erzieherin nicht anweist, dass sie das Kind wachhalten soll. Nebenbei streut sie die Bemerkung ein, dass die Erzieherin stets in unfreundlichem Ton mit ihrem Kind spreche. Offenbar könne sie das Kind nicht leiden.

In diesem Beispiel sind gleich mehrere Manipulationen versteckt. Zunächst hält Frau Müller mit ihrem wahren Motiv, abends mehr Zeit mit ihrem Mann ohne Kind zu verbringen, gegenüber der Leitung hinter dem Berg. Sie beharrt auf ihrem Interesse, ohne das Interesse der Erzieherin und vermutlich auch das ihres Kindes angemessen zu berücksichtigen. Sie spricht Anweisungen aus, wie die Leitung sich verhalten soll, als ob diese ihre Nanny wäre, und verbindet dies gleich mit einer Drohung, sich an den Träger zu wenden, wenn die Leitung nicht gewillt sein sollte, ihrem Interesse zu folgen. Frau Müller will Misstrauen sähen, und die Leitung gegen die Erzieherin aufbringen, indem sie unsachlich und global behauptet, diese könne das Kind nicht leiden.

Was kann die Leitung (und Erzieherin) in diesem Fall tun? Zunächst gilt, wie bei allen unsachlichen und / oder bedrohenden Angriffen, bei emotionalen Ausbrüchen oder bei einem Übergriff in die eigenen Kompetenzen, seinerseits sachlich und fair zu bleiben. Man liefert anderenfalls einem manipulierenden Gegenüber nur Angriffsfläche und einen Boden. Sicher ist man bei einem offen aggressiven Auftreten mehr schockiert und aufgeregt als bei einer passiven indirekten Aggression – dort ist man meist erst einmal verwirrt. Dennoch sollte man so gut wie möglich ruhig bleiben. Die Leitung und Erzieherin sollten ihr Ziel im Auge behalten, das in dem Fall die Bedürfnisse des Kindes sowie das Konzept der Kita sind. Mit dieser gelassenen Haltung gelingt, dass die Leitung (und Erzieherin) das aus ihrer Sicht unsachliche und unfaire Verhalten direkt und konkret ansprechen. Dann sollten sie agieren, indem sie entweder deutlich machen, dass es am Konzept der Kita nichts zu rütteln gibt, zum Beispiel weil es schon oft durchdacht und ausgewogen entschieden wurde, oder dass man sich über mögliche Veränderungen Gedanken machen und ein weiteres Gespräch mit der Mutter führen wird. Dazu kann man sich Zeit erbitten. Je nach Situation kann man offensiv vorgehen, und zum Beispiel gleich die Telefonnummer des Vorgesetzten beim Träger für die Mutter aufschreiben, damit diese sieht, dass man sich von ihr nicht mit Drohungen unter Druck setzen lässt.

Manipulation mit passiver Aggression

Praxisbeispiel

Carla und Maria sind Kolleginnen im Team der Kita mit überschneidenden Kompetenzen als Gruppenleitungen. Sie haben mehrere Zuständigkeiten inne, bei denen sie sich miteinander abstimmen müssen. Maria stört sich daran, dass Carla sich gerne die etwas angenehmeren Aufgaben schnappt und ihr die unangenehmeren zuschiebt. Dies gelingt ihr mit Schmeichelei, dass Maria diese Aufgaben doch viel besser im Griff hätte und darin kompetenter sei. Als Maria diese Diskrepanz anspricht und möchte, dass sich in der Zukunft etwas daran ändert, geht Carla ihr von nun an aus dem Weg. Will Maria eine neue Aufgabenverteilung fixieren, fühlt sich Carla plötzlich unwohl und entschuldigt sich, oder sie muss dringend mit einer Mutter telefonieren oder gerade jetzt einen Behördentermin wahrnehmen, den sie fast „vergessen“ hätte. Acht Wochen später ist die Situation die gleiche, und Maria entwirft zunehmend Gedanken zu einem Stellenwechsel. Mit der Leitung oder dem Träger möchte sie nicht sprechen, da ihr das wie ein Verrat an ihrer Kollegin erschienen wäre.

Was kann Maria in diesem Fall tun? Passive indirekte Aggression ist nicht zu unterschätzen. Hier versucht jemand, sich zum Nachteil einer Kollegin die Rosinen heraus zu picken. Das ist durchaus aggressiv, wenn auch verdeckt, und nur auf den eigenen Vorteil bedacht. Wie es der Kollegin geht, interessiert hier nicht. Leider ist gar nicht selten, dass Erzieherinnen wie Maria eine solche Kollegin nicht offen mit ihrem Verhalten konfrontieren, und sich wegen einer falsch verstandenen Harmonie auch keine Unterstützung bei der Leitung oder beim Träger suchen. „Weil man freundlich sein will, schluckt man Ärger hinunter. Dann sucht er sich versteckte Nebenwege: Jammern, Sabotieren, Sticheln, Krank werden. Der beste Schutz ist regelmäßiges 'Stallausmisten'. Ich suche und gebe Gelegenheiten, bei denen aufgestaute Frustrationen und Ärger ausgesprochen werden dürfen. Vor allem sollte man auf die dahinter liegenden nicht erfüllten Bedürfnisse schauen. Gut ist, wenn die Leitung ihre Mitarbeiter/innen anregt, Unstimmigkeiten frühzeitig mitzuteilen. Sie wird nicht alle Bedürfnisse erfüllen können, aber ihr Team fühlt sich von ihr gesehen“ (Schmale- Riedel in Mannhard 2019a).

Indirekte Manipulation

Indirekte Manipulationen zeichnen sich zum Beispiel durch absichtliche Missverständnisse, Schmeicheleien, Scheinargumente, Gefühlsausbrüche, „Vergessen“, Vernebelungen, fehlende Antworten oder Präsenz und durch ein schlechtes Gewissen erzeugen aus. Typische Verhaltensweisen können sein:

Manipulation nach Kränkung

In das Schema der indirekten Manipulationen passt auch das Verhalten nach (vermeintlichen) Kränkungen. Wer wodurch auch immer gekränkt wurde, oder sich gekränkt fühlt, auch wenn es vielleicht gar keinen Grund dazu gibt, kann manchmal gerne und lange in der Rolle des Gekränkten verbleiben und unglaublich an Macht gewinnen. Irgendwann ist der Gewinn durch die Kränkung (die Manipulation des vermeintlichen Täters) größer als der, den man durch Einlenken und Verzeihen gewinnen würde. Aus dem Grund können manche Menschen nicht mal eine aufrichtig gemeinte Entschuldigung annehmen. „Frauen sind persönlich störbarer, wenn wir davon ausgehen, dass sie eher mit dem Minderwertigkeitsgefühl in Kontakt sind. Dann richten sie schneller Kritik gegen sich als Person. Männer reagieren auf Kritik eher beleidigt, und Frauen mit Schuldgefühlen, etwas falsch gemacht zu haben. Sie schlucken und werten sich als Person ab, obwohl es nur um die Sache geht, und Männer weisen sie stärker von sich. Nach außen hin haben es Männer leichter. Wie es in ihnen aussieht, mag dahingestellt sein. Das Kränkungspotenzial unter Frauen kann hoch sein, gerade wenn es um Neid und Konkurrenz geht. Frauen müssen lernen, Konflikte klar auszutragen, ohne sie persönlich zu nehmen. Das haben Frauen nicht gelernt, und sie mussten es auch nicht, weil sie  früher vor allem mit Kindern zu tun hatten, und die Männer mussten mit klarer Aggression den Kampf in der Welt austragen. Wir alle haben ein schlechtes Konfliktniveau und können kaum mit Konflikten konstruktiv umgehen, unabhängig vom Geschlecht“ (Wardetzki in Mannhard 2019a).

Abwehr von Manipulation

Interessenskonflikte, wie sie immer wieder in der Kita durch die verschiedenen Zielgruppen der Tätigkeit vorkommen, sind normal, und nicht immer wachsen sie zu unfairen Spielen aus. Viele Situationen lassen sich durch eine geschickte Gesprächsführung, zum Beispiel mit klugen Fragen (vgl. Mannhard 2019b) galant lösen. Ein weiterer Ansatz ist das Systemische Konsensieren (vgl. Paulus in Mannhard 2019c). Hier werden Interessenskonflikte nicht wie in der Politik mit einer „Kampfabstimmung“ gelöst, und die Überstimmten bauen hinterher indirekt und manipulativ ihren Frust ab, sondern es wird systematisch nach dem größtmöglichen gemeinsamen Nenner gesucht, auf den sich die Zielgruppen einigen können, und bei dem sie den geringsten Widerstand verspüren.

Gegenwehr einsetzen

Leider gestaltet sich der Kita- Alltag nicht immer so, dass es keine unfairen Spiele und Manipulationen gibt, denen man mit den gerade genannten Mitteln offen begegnen kann. Dann kann man durchaus darüber nachdenken, ob man nicht auch seinerseits mit entsprechenden Mitteln agiert, wenn man sieht, dass man manipuliert werden soll und das Gegenüber (wiederholt) nicht einlenkt. Dazu – komprimiert – ein paar Praxisbeispiele mit Lösungen:

Ich bin groß – Du bist klein (oder: Ich bin Vater – Du das Kind)

Herr Meyer macht keinen Hehl daraus, dass er die Erzieherin seines Sohnes für ein „kleines Mäuschen“ hält. Er macht einen Witz auf ihre Kosten über den „Winterspeck“, den sich die Erzieherin wohl gerade zulegt, und er zeigt sich in einem Elterngespräch betont desinteressiert, schweigt und grinst. Das ist nicht das erste Mal, und die Erzieherin hat im Beisein der Leitung der Kita an den Vater zurück gemeldet, dass sie sein Verhalten ihr gegenüber als respektlos erlebt und sich mehr Respekt wünscht. Im nächsten Elterngespräch hat der Vater ein Anliegen an die Erzieherin.

Lösungsvorschlag: Die Erzieherin stellt sich dumm. Sie versteht das Anliegen einfach nicht, sie lässt es sich mehrfach erklären, aber leider... . Ja, sie muss zugeben, manchmal steht sie auf dem Schlauch, aber das sei gar nicht böse gemeint, das passiere ja jedem einmal – nicht wahr? Schade, dass die Kommunikation zwischen ihr und dem Vater nicht so recht klappt, obwohl sich doch beide Seiten bemühen. Das hat sie schon beim letzten Mal bemerkt, wo der Vater nur dasaß und schwieg, obwohl sie ihm ausführlich die Anliegen zu seinem Sohn erläutert habe. Da könne man wohl nichts machen – sehr bedauerlich, usw. Diese Situation sollte natürlich so gestaltet werden, dass beide ihr Gesicht wahren können, der Vater jedoch ein elegantes Signal erhält, wie er künftig mit der Erzieherin umgehen sollte, damit sie seine Anliegen anhört und seinen Wünschen gegebenenfalls entspricht.

Ich bin wichtig – Du bist unwichtig

Frau Schulz hat mit der Mutter eines Kindes verabredet, dass dieses keine Kleidung mehr in die Kita anzieht, die nicht schmutzig werden darf. Die Mutter hatte sich zuvor stets beschwert, wenn das Mädchen Farb- oder Schmutzflecken auf der Kleidung hatte. Frau Schulz hat mehrere Gespräche geführt, wie wichtig das freie Spiel und künstlerische Gestalten für das Kind ist, und mit der Mutter endlich diese Vereinbarung getroffen. Die Woche darauf steht das Kind wieder mit einem weißen Kleid in der Kita, das eigentlich besser für eine Familienfeier oder in die Kirche als in eine Kita passt. Von Frau Schulz darauf angesprochen, behauptet die Mutter, so klar hätte sie diese Verabredung nicht verstanden, und überhaupt, sie möchte sich erneut dazu mit der Erzieherin abstimmen, sie sei damit so doch nicht einverstanden. Sie hätte sich das nochmal genau überlegt, und sehe doch mehr Vorteile darin, wenn das Kind lerne, auch in der Kita auf seine schöne Kleidung aufzupassen, das müsste es zu Hause auch. Die Kita müsste doch mithelfen, dass das Kind nicht durch unterschiedliche Erziehungsstile verwirrt wird, am Ende würde es der Mutter gar nicht mehr gehorchen.

Lösungsvorschlag: Hier wird deutlich, dass die Erzieherin nur unnötige Energie aufbringt, wenn sie die gleiche Grundsatzdiskussion in zehn Varianten mit der Mutter führt. Diese will nicht, und sie gibt ihr indirekt zu verstehen, dass sie von der Ansicht und dem Anliegen der Erzieherin nichts hält und nicht gewillt ist, sich an getroffene Absprachen zu halten. Hier ist sinnvoller, dass Frau Schulz es ganz kurz macht, und ihre Forderung (nicht mehr Bitte!) wie eine Schallplatte mit Sprung kurz und knapp – deutlich und klar wiederholt. Sie lässt sich am besten auf keine weiteren Erklärungen und Diskussionen mehr ein. Und sie sollte klar machen, dass am Ende eine Konsequenz folgt, wenn die Mutter Absprachen nicht ernst nimmt und nicht umsetzt (die meisten Träger haben für solche Fälle von nicht kooperativem Verhalten der Eltern beim Kita-Besuch ihres Kindes Klauseln im Betreuungsvertrag, die bis zum Ausschluss der Familie aus der Kita gelangen können).

Ich bin Verkäufer – Du bist Käufer (...ob du willst oder nicht!)

Die Kita hat einen Kooperationsvertrag mit einem Caterer für das Mittagessen, mit dessen Leistungen die Mitarbeiter/innen nicht zufrieden sind. Sie wollen den Caterer zum Ablauf des Vertrages wechseln und die Zusammenarbeit nicht fortsetzen. Der Chef der Catering-Firma läuft fast täglich ins Büro der Kita-Leitung, um sie umzustimmen, nachdem er wohl bemerkt hat, dass sie nicht mehr ans Telefon geht, wenn sie seine Nummer auf dem Display sieht. Ihre Argumente hört er gar nicht, oder er will sie nicht hören, und versucht mit ständig neuen Angeboten zu einer Vertragsverlängerung zu „motivieren“.

Lösungsvorschlag: Da die Leitung ihre Perspektive und Argumente bereits (vermutlich mehrfach) vorgetragen hat, macht es keinen Sinn, noch weiter auf dieser Ebene zu verbleiben. Stattdessen muss sie diese Situation klar beenden. Sie sollte sich auf keine weiteren Gespräche mit dem Caterer mehr einlassen, und ihm klar verbieten, sie weiter in dieser Weise zu behelligen. Zusätzlich sollte sie den Träger zu diesem Verlauf informieren, und sich natürlich zuvor abgesichert haben, dass sie befugt ist, den Caterer zu wechseln.

Du bist die Leitung – aber ich mache, was ich will!

Frau Wald hat in Wiederholung an sie delegierte Aufgaben nicht erfüllt. Das ganze Team ist davon in Mitleidenschaft gezogen, weil die Abläufe nicht mehr störungsfrei sind. Die Leitung der Kita hat bereits mehrere Gespräche mit Frau Wald geführt, bei denen sie versucht hat, die Sicht von Frau Wald nachzuvollziehen und sie dazu zu bewegen, ihre Aufgaben zu erfüllen. Diese stellt jedoch offensichtlich auf stur, denn schon wieder beschweren sich Teammitglieder bei der Leitung, weil Frau Wald nicht mitzieht.

Lösungsvorschlag: Damit die Situation nicht eskaliert, kann die Leitung zum Einstieg in ein weiteres Gespräch nochmals kurz benennen, dass sie sich bemüht hat, die Sicht von Frau Wald ebenfalls wie die der restlichen Teammitglieder nachzuvollziehen. Sie kann an eine gemeinsame Basis appellieren, die da heißt, dass in der Ablauforganisation einer Kita alle ihre Aufgaben erfüllen müssen, will man eine gute Qualität in der pädagogischen Arbeit sichern. Sie sollte der Mitarbeiterin grundsätzliche Kooperation „unterstellen“. Dann jedoch sollte sie – weil sie dieses Gespräch ja nicht zum ersten Mal führt – die Blockade von Frau Wald und ihr Nichtwollen deutlich und klar ansprechen. Sie kann sagen, dass sie den Eindruck hat, dass Frau Wald mauert und ihren Teil zu einer guten Teamarbeit nicht beiträgt. Sie sollte der Mitarbeiterin ein letztes Angebot machen, zu einer konstruktiven Zusammenarbeit zurück zu kehren. Sie sollte gleichzeitig deutlich machen, dass sie im Fall einer weiteren Nichteinhaltung von Absprachen als Leitung agieren wird (zum Beispiel ihren Vorgesetzten hinzuziehen, das Verhalten der Mitarbeiterin an die Personalstelle melden usw.). Schließlich sollte die Leitung diese Punkte auch umsetzen.

Ich bin Anleiterin – Du bist Azubi

Eine Praxisanleiterin schnauzt in der Kita ihren Auszubildenden immer wieder an, dass er unzuverlässig und schlampig sei. Dieser versteht die Welt nicht mehr, denn das empfindet er nicht so, und auch die Kollegin in der Gruppe meint, sie müsse sich mäßigen und beurteile den jungen Mann zu hart. Als dieser an einem Morgen wegen einer Fahrradpanne zu spät in die Kita kommt, schreit sie ihn an: „Das darf doch nicht wahr sein, von wegen Fahrradpanne! Sicher hast du verpennt und lügst mich an.“

Lösungsvorschlag: Hier gibt es keinen anderen Weg für den Azubi als einen abrupten Abbruch des „Gesprächs“, und eine umgehende Beschwerde über die Praxisanleiterin, zunächst bei der Leitung, und falls diese sich nicht klar auf seine Seite stellt, beim Träger und der Auszubildendenvertretung. Zu seiner Praxisanleiterin kann er sagen: „Für mich ist dieses Gespräch hier zu Ende, und voraussichtlich auch unsere Zusammenarbeit. Ich lasse mich von Ihnen weder anschreien noch beleidigen. Bis heute Abend zum Dienstschluss erwarte ich von Ihnen eine offizielle Entschuldigung im Beisein der Kita-Leitung, zu der ich jetzt gehe, und sie um (zeitweise) Versetzung in eine andere Gruppe bitte. Dort wird auch geregelt, ob und wie ich weiter mit Ihnen zusammen arbeite. Mit Ihrem Verhalten gibt es für das Ausbildungsverhältnis zwischen uns keine vertrauensvolle Basis.“ Sicher benötigt es Selbstbewusstsein für einen Auszubildenden, so klar aufzutreten und sich abzugrenzen, aber auch in einer Hierarchie muss sich niemand in einem Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnis derart despektierlich behandeln lassen. Gerade die Rechte von Auszubildenden sind geschützt, und die Möglichkeit, sich an eine Auszubildendenvertretung zu wenden und sich Unterstützung zu holen.

 

Literatur

Edmüller, A. / Wilhelm, T. (2015): Manipulationstechniken. Freiburg: Haufe.
Mannhard, A. (2019a): Führen im Sandwich. Berlin: Cornelsen.
Mannhard, A. (2019b): Fragen – Die Kunst in der Gesprächsführung. In: klein&groß. 1/2019. München: Cornelsen  klein & groß.
Mannhard, A. (Hrsg.) (2019c): Verhandeln in der Kita. Berlin: Cornelsen.

Autorin

Anja Mannhard ist Geprüfte Personalfachkauffrau und Ausbilderin IHK, staatlich anerkannte Lehrlogopädin und Erzieherin, Personenzentrierte Beraterin, Autorin und Illustratorin. Nachdem sie viele Jahre in eigener logopädischer Praxis und in der Aus- und Weiterbildung pädagogischer und logopädischer Fachkräfte tätig war, leitete sie mehrere Jahre große Kindertageseinrichtungen. Derzeit ist sie als Kindertagesgeschäftsführerin, Referentin und Autorin tätig.

Anja Mannhard hat zahlreiche Publikationen mit renommierten Verlagen veröffentlicht und mehrere Titel selbst illustriert, darunter auch Kinder- und Jugendbücher. Ihre Arbeitsthemen sind Führung, Persönlichkeitsentwicklung, Arbeits- und Kita-Recht, Praxisanleitung und Ausbildung, Biografiearbeit, philosophische Betrachtungen, Kinderzeichnung, kreatives Schreiben und Illustrieren, Kindersprache, Stimmen und Sprechen.

Weitere Informationen und die Kontaktdaten der Autorin finden Sie auf ihrer persönlichen Website www.anjalingua.de.



In: Klax International GmbH: Das Kita-Handbuch.

https://www.kindergartenpaedagogik.de/fachartikel/kita-leitung-organisatorisches-teamarbeit/kita-leitung-und-teamarbeit/manipulationen-in-der-paedagogischen-arbeit-erkennen-und-abwehren/