Zitiervorschlag

Der Prozess der Qualitätsentwicklung in Osnabrücker Tageseinrichtungen für Kinder

Michael Pittwald und Petra Künsemüller

 

Die Qualität der vorschulischen Betreuung von Kindern ist in den letzten Jahren vermehrt Gegenstand öffentlicher Diskussionen geworden. Die seit 2000 teils heftig geäußerte Kritik am bundesdeutschen Bildungssystem im Rahmen der PISA-Studien, die vor allem von einzelnen Familien-, Bildungs- und Sozialpolitikerinnen und -politikern sowie von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern verschiedener Disziplinen vorgetragen wird, schließt mittlerweile auch die institutionelle frühkindliche Erziehung mit ein. Dabei entsteht oftmals der Eindruck, dass im Bereich der Kindergartenpädagogik bzw. in den Einrichtungen selber in den zurückliegenden Jahrzehnten keinerlei positive Entwicklungen stattgefunden haben, nun alles auf den Prüfstand gehört und verbessert werden muss. Es darf allerdings nicht in Vergessenheit geraten, dass schon in den 1970er Jahren - im Zuge der Bildungsreform - neue Ideen und Konzepte entwickelt und modellhaft umgesetzt wurden, um die Vorschulerziehung zu verbessern. Vorstellungen über "bessere" Erziehung in Betreuungseinrichtungen, die mit den heutigen Qualitätsmaßstäben vergleichbar sind, gibt es also schon länger. Insofern stellt sich die Frage: Was war uns die Erziehung bislang wert? Sie beantwortet sich von selbst, wenn man beispielsweise die Entlohnung für die erzieherische Arbeit in den Einrichtungen, die Ausstattung einzelner Tageseinrichtungen oder die Ausbildung der pädagogischen Fachkräfte genauer betrachtet.

In den letzten Jahren setzte ein Umdenken ein, das der frühkindlichen Erziehung einen höheren Stellenwert zuspricht und zugleich einen externen Veränderungsdruck auf die Institutionen ausübt. In diesem Kontext wurden zahlreiche Verfahren und Methoden zur Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung entwickelt und in der Praxis angewendet.

Wie bei der Debatte um die schulische Ausbildung wird auch innerhalb der Kritik an der frühkindlichen Erziehung und in Programmen zur Verbesserung der Qualität in Tageseinrichtungen für Kinder häufig mit der "Sicherung des wirtschaftlichen Standortes Deutschland" und dem zukünftigen Bestehen Deutschlands "im internationalen Wettbewerb" argumentiert (1). Kinder werden dabei mit dem betriebswirtschaftlichen Begriff der "Ressource" benannt, die es gemessen an den Erfordernissen der globalisierten Weltwirtschaft zu entwickeln gilt. Den Kindern sollen Kompetenzen vermittelt und "Defizite" genommen werden, um sie im späteren Leben vor allem zu brauchbaren Gliedern einer hochtechnisierten Arbeitsgesellschaft zu machen. Die berechtigte Frage drängt sich auf, ob es bei einer solchen Argumentation wirklich um Kinder und ihre Bedürfnisse geht. Die Erziehung zu angepassten, im Sinne wirtschaftlicher Entwicklung gut funktionierenden Individuen, die einen nach DIN-Norm ausgerichteten Kindergarten und eine bildungsplanerisch vereinheitlichte Schule durchlaufen haben, hat in der Tat den Beigeschmack einer Negativutopie. Sowohl die Kinder als auch die Arbeit in den Institutionen sind hier nur von Interesse im Hinblick auf ihre Leistungen und ihre Konkurrenzfähigkeit im internationalen Vergleich.

Doch lassen sich die vielschichtigen Ansätze zur Qualitätsentwicklung und -verbesserung nicht auf diese negativen Aspekte reduzieren. Qualitätsentwicklung bietet durchaus die Chance, auf ganz unterschiedliche Weise und in vielen Bereichen im positiven Sinn Einfluss auf die Bildungs- und Entwicklungsprozesse von Kindern zu nehmen und die Arbeit in Tageseinrichtungen tatsächlich zu verbessern. Dieses ist vor dem Hintergrund der in Deutschland zunehmenden Kinderarmut mit ihren negativen Auswirkungen auf die Entwicklung und Bildung von Kindern überaus wichtig. Damit stehen Tageseinrichtungen und vor allem die dort arbeitenden pädagogischen Fachkräfte vor einer schwierigen Aufgabe: Sie müssen versuchen, die durch Armut bedingten Entwicklungs- und Bildungsrückstände der Kinder so gut wie möglich auszugleichen. Soziales Verhalten, Sprache, Bewegung, Ernährung, Gesundheit und interkulturelle Kompetenz sind nur einige der Bereiche, in denen außerfamiliäre Betreuungsangebote künftig verstärkt gefordert sind. Gelingt es in diesen Bereichen, das Angebot quantitativ bzw. flächendeckend auszubauen und dabei zugleich die pädagogische Qualität der Arbeit zu verbessern, kann Qualitätsentwicklung ein ebenso sinnvoller wie notwendiger Beitrag zur Chancengleichheit in unserer Gesellschaft sein.

Angesichts einer demographischen Entwicklung in Deutschland, in welcher der Anteil von Kindern an der Gesamtbevölkerung sinkt, kommt auf die Tageseinrichtungen für Kinder zudem eine Situation zu, in der Kindergärten mehr als heute um Eltern und deren Kinder konkurrieren werden. Dass die Entscheidung der Eltern für eine Tageseinrichtung künftig verstärkt von der pädagogischen Qualität des Betreuungsangebotes und der Ausstattung der einzelnen Einrichtungen abhängen wird, steht außer Frage.

All diesen Herausforderungen haben sich vor allem die Kommunalpolitik, die unterschiedlichen Träger und die pädagogischen Fachkräfte in den Einrichtungen zu stellen. Von zentraler Bedeutung wird jedoch sein, dass für die Verbesserung der Qualität in den Tageseinrichtungen die finanziellen Mittel bereitgestellt werden. Und dies in zweifacher Hinsicht: zum einen für die Umsetzung von Qualitätsentwicklungsprozessen und zum anderen für die Verbesserung der Rahmenbedingungen in den Einrichtungen. Letzteres betrifft vor allem die Anhebung der Personalstärke oder die Erweiterung des räumlichen Angebots.

Wie ein erfolgreicher Prozess der Qualitätsentwicklung in einer Kommune initiiert und gestaltet werden kann und welche Voraussetzungen dafür gegeben sein müssen, soll nun anhand des Qualitätsentwicklungsprozesses in Tageseinrichtungen für Kinder in der Stadt Osnabrück gezeigt werden.

Voraussetzungen des Qualitätsentwicklungsprozesses in Osnabrück

In der Stadt Osnabrück findet seit 2004 in 62 Kindertageseinrichtungen ein Qualitätsentwicklungsprozess statt. Ziel des Prozesses ist es, unabhängig von den unterschiedlichen pädagogischen Konzeptionen der Einrichtungen Qualitätsentwicklung sowohl flächendeckend wie auch dauerhaft in den Osnabrücker Einrichtungen zu etablieren. Vorbildcharakter hat der Qualitätsentwicklungs- und -sicherungsprozess in Osnabrück dadurch erlangt, dass es hier gelungen ist, trägerübergreifend fast alle Einrichtungen an dem Prozess zu beteiligen und damit die Qualität in Osnabrücker Kindertageseinrichtungen flächendeckend zu steigern.

Die erste Phase dieses Prozesses wurde Ende 2006 abgeschlossen. Ergebnisse und Erfahrungen mit der Implementierung qualitätssichernder Maßnahmen sind in dem Buch "Qualitätsentwicklung in Osnabrücker Tageseinrichtungen für Kinder" praxisnah dokumentiert (2).

Mit der Teilnahme an der vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 1999 angestoßenen "Nationalen Qualitätsinitiative im System der Tageseinrichtungen für Kinder" hat die Stadt Osnabrück vergleichsweise früh die Weichen gestellt, um Qualitätsentwicklung zu einem Schwerpunkt innerhalb der konzeptionellen Arbeit in ihren Tageseinrichtungen zu machen.

Verständigung auf ein gemeinsames Verfahren

Neben der grundsätzlichen Bereitschaft der kommunalen, kirchlichen und freien Träger, in Osnabrück einen Prozess der Qualitätsentwicklung in ihren Einrichtungen anzustoßen und umzusetzen, ist die Einigung auf ein gemeinsames Verfahren hervorzuheben. Aufgrund der sehr unterschiedlichen Ausrichtungen und pädagogischen Konzeptionen der Einrichtungen in Osnabrück wurden besondere Anforderungen an das dafür anzuwendende Verfahren gestellt. In Osnabrück haben sich die Träger für das von der PädQUISâ gGmbH Berlin (Pädagogische Qualitäts-Informations-System gGmbH) entwickelte Verfahren zur Implementierung des Programms Qualitätsentwicklung in Kindertageseinrichtungen (QuiK) entschieden. Dabei stand die Qualifizierung von Leitungskräften im Vordergrund, die durch das Programm unterstützt wurden, zusammen mit den Fachkräften in ihren Einrichtungen einen Prozess der Qualitätsentwicklung zu beginnen.

Von 2004 bis 2006 wurde dieser Prozess mit externer Begleitung durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von PädQUISâ begleitet. Mittlerweile setzen die Einrichtungen mit Unterstützung lokaler Multiplikatorinnen, die ebenfalls im Rahmen der ersten Phase des Prozesses ausgebildet wurden, den Prozess eigenständig fort. Mit der Entscheidung für das von PädQUISâ entwickelte Verfahren wurde ein Weg eingeschlagen, der es den beteiligten Einrichtungen ermöglicht, ihre bereits vorhandenen pädagogischen Konzepte und Arbeitsabläufe aufzugreifen, diese zu überprüfen, gegebenenfalls zu ergänzen und damit zu verbessern (3). Dieses Verfahren hat den Vorteil, dass es unabhängig von den unterschiedlichen pädagogischen Ausrichtungen der Einrichtungen angewendet werden kann und zudem direkt auf die qualitative Verbesserung des vorhandenen pädagogischen Betreuungsangebots zielt: Konzeptionen werden praxisbezogen diskutiert und geändert, zu bearbeitende Qualitätsbereiche sowie Arbeitsschwerpunkte definiert, Arbeitsabläufe und Kommunikationsstrukturen in den Teams neu organisiert.

Von Bedeutung ist auch, dass das in Osnabrück angewendete Verfahren Qualitätsentwicklung als eine Daueraufgabe begreift. Nicht kurzfristige Interventionen in einigen wenigen Bereichen stehen dabei im Vordergrund, sondern die langfristige und nachhaltige Sicherung und Überprüfung von Qualitätsstandards und Leistungsvermögen. Dieses ist umso wichtiger, da Kindertageseinrichtungen keine statischen Einrichtungen sein sollen. Stetige Überprüfungen, Änderungen und Verbesserungen der qualitativen Arbeit innerhalb der Einrichtungen sind notwendig und sollten - als Prozess begriffen - feste Bestandteile der jeweiligen Einrichtungskonzeptionen werden.

Doch wie sehen nun die praktischen Erfahrungen mit einem Prozess der Qualitätsentwicklung aus?

Mehrarbeit und der Faktor Zeit

Ein Qualitätsentwicklungsprozess bedeutet zunächst einmal für die pädagogischen Fachkräfte zusätzliche Arbeit. Die Zeit dafür muss dem ohnehin schon eng gestaffelten Arbeitsablauf abgerungen werden; die Einrichtungen stehen vor der Herausforderung, den Prozess in ihren Arbeitsalltag zu integrieren. In den Einrichtungen geschah dies vor allem durch die Nutzung von oftmals verlängerten Dienstbesprechungen im Team und der Durchführung von zusätzlichen Studientagen. Eine Erweiterung von Arbeitsaufgaben kann sich negativ auf die Motivation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auswirken und führte in vielen der in Osnabrück beteiligten Einrichtungen anfänglich zu einer erhöhten Skepsis gegenüber dem Prozess.

Um diese zu vermeiden bzw. abzubauen, ist es notwendig, dass alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter - also Leitungspersonal und pädagogische Fachkräfte - davon überzeugt werden können, dass ein Prozess der Qualitätsentwicklung überprüfbare positive Wirkungen auf den Arbeitsalltag der Einrichtungen hat. Werden Erfolgserlebnisse und Problemlagen während des Prozesses schnell sichtbar und den Teams vermittelt, steigt auch die Motivation des Personals, den Prozess aktiv mitzugestalten.

Motivation und Evaluation

In Osnabrück zeigte sich, dass neben der Erfahrung gemeinsamer Erfolgserlebnisse auch die Evaluation des Prozesses zur Steigerung der Motivation beitrug. Dabei wurde so verfahren, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Einrichtungen zu dem Prozess befragt wurden. Die Ergebnisse der Befragung wurden an die Leiterinnen, die Teams und die Träger rückgemeldet. Diese Vorgehensweise wurde insgesamt als sehr positiv aufgefasst, da so auftretende Probleme erkannt, besprochen und zügig gelöst werden konnten (4).

Akzeptanzsteigernd können auch weitgehend selbständiges Arbeiten der Teams innerhalb des Prozesses und die Einschätzung der eigenen Fähigkeiten und Defizite sein. Bei einer Selbstevaluation der pädagogischen Arbeit zu Beginn des Prozesses bewerteten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Einrichtungen in so genannten "Checklisten" ihre pädagogische Arbeit. Die "Checklisten" sind an den zwanzig Qualitätsbereichen des nationalen Kriterienkatalogs ausgerichtet, die während des Prozesses zu bearbeiten sind. Dazu gehören unter anderem: Bewegung; Fantasie & Rollenspiel; Begrüßung & Verabschiedung; interkulturelles Lernen, Kognitive Entwicklung, Gesundheit & Körperpflege (5).

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiteten bei der Selbstevaluation selbständig und erlangten so einen systematischen Überblick über ihre Kompetenzen und Fähigkeiten, aber auch über ihre Defizite. Da es hierbei oft "ans Eingemachte" geht, bleiben Auseinandersetzungen und Schwierigkeiten im Team nicht aus. Werden diese allerdings zugelassen und gelingt es den Teams, darüber offen und konstruktiv miteinander zu diskutieren, stellen sich schnell positive Effekte auf Motivation und Kommunikation ein (6). In den meisten Osnabrücker Einrichtungen hat sich gezeigt, dass eine solche Bestandsaufnahme für den Gesamtprozess von Vorteil war.

Verbesserung der Kommunikation im Team

Zum Gelingen eines Qualitätssicherungsprozesses trägt insbesondere auch die Kommunikation innerhalb der Einrichtungen bzw. der Teams bei. Ist diese defizitär oder durch ein schlechtes Betriebsklima geprägt, wird neuen Arbeitsaufgaben für gewöhnlich sehr zurückhaltend bis ablehnend begegnet. Solche Schwierigkeiten wird es auch in Osnabrücker Einrichtungen gegeben haben. Umso überraschender zeigte sich dann folgende Entwicklung: "Qualitätssicherung hat sich sehr positiv auf die Kommunikation im Team ausgewirkt. Eine sach- und problembezogene gemeinsame Aufgabe wie Qualitätssicherung sowie das Erarbeiten von Lösungen während des Prozesses fördert die Zusammenarbeit im Team und trägt entscheidend dazu bei, ein gutes Kommunikationsklima im Team zu entwickeln" (7).

Der Prozess selber führte also zu einer Verbesserung der Kommunikation innerhalb der Teams und damit vielfach auch zu einer positiven Veränderung des Arbeitsklimas in den Einrichtungen. Bei Letzterem wirkten sich besonders die Erfahrungen des gemeinsamen Lernens positiv aus. Hilfreich waren dabei für alle verbindliche Absprachen von Kommunikationsregeln bezüglich der Diskussionskultur bei den Teamsitzungen.

In diesem Zusammenhang erwähnenswert ist auch, dass in dem bereits vor Beginn des Qualitätssicherungsprozesses in Osnabrück bestehenden trägerübergreifenden Leitungskreis ein reger Austausch über Schwierigkeiten und Probleme stattfand, die während des Prozesses in den Teams auftraten. Dieses wurde von den Leiterinnen als sehr hilfreich angesehen und führte auch dort zu einer deutlichen Verbesserung der Kommunikation untereinander (8).

Freiräume bei der Gestaltung des Prozesses

Das in Osnabrücker Tageseinrichtungen für Kinder angewendete Verfahren zur Qualitätsentwicklung sieht vor, dass in den Einrichtungen sechs Leitgesichtspunkte zur Bestimmung pädagogischer Qualität (räumliche Bedingungen; Erzieherin-Kind-Interaktion; Planung; Nutzung und Vielfalt von Material; Individualisierung sowie Partizipation) und sukzessive die zwanzig Qualitätsbereiche (siehe oben) bearbeitet werden können. Dass daneben noch weitere für wichtig erachtete Leitgesichtspunkte von den Einrichtungen erarbeitet werden können, ist abhängig vom angewendeten Verfahren sowie von der Motivation und den Fähigkeiten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, mögliche thematische Freiräume zu erkennen, zu nutzen und zu gestalten. So entwickelten die städtischen Einrichtungen in Osnabrück ergänzend zu den oben genannten sechs Leitgesichtspunkten noch den Leitgesichtspunkt "Geschlechtsbewusste Pädagogik" und machten diesen zu einem Arbeitsschwerpunkt in der Praxis (9).

Vermittlung und Anerkennung

Nicht allein die Vermittlung des Prozesses gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist für das Gelingen des Prozesses notwendig. Die Einrichtungen stehen zudem vor der Aufgabe, die positive Effekte, die aus einem Qualitätsentwicklungsprozess gezogen werden können, Eltern und Einrichtungsträgern nahe zu bringen. Besonders schwierig ist das bei einem sich über mehre Jahre hinziehenden Prozess. Auch in Osnabrücker Einrichtungen wurde ein nachlassendes Interesse von Seiten der Eltern und der Träger festgestellt.

Zusätzliche Schließungstage oder Elterndienste gegenüber den Eltern mit der Arbeit an Qualitätsentwicklung zu begründen, stößt häufig auf Unverständnis und Kritik. Deshalb müssen die Einrichtungen versuchen, eine breite Unterstützung der Eltern für den Prozess zu bekommen. Eine Möglichkeit dazu sind Elternabende, bei denen der Prozess, die damit verbundenen Ergebnisse und der aktuelle Stand der Dinge vorgestellt werden: Eltern sollte kompetent vermittelt werden, dass Qualitätsentwicklung zum Vorteil ihrer Kinder ist. Stellen Eltern fest, dass ihre Kinder von motivierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern betreut werden, dass sich das Konzept und der praktische Alltag in den Einrichtungen positiv verändern und ihren Kindern zugute kommen und dieses mit dem Prozess der Qualitätsentwicklung zu tun hat, können sich die Einrichtungen einer weitgehenden Unterstützung durch die Eltern sicher sein.

Neben den Eltern sollten auch die Träger den Prozess mit Aufmerksamkeit und Interesse beobachten, denn: "Motivierende Anerkennung und ein breites Interesse an dem Prozess ist für sein Gelingen jedoch notwendig" (10). In Osnabrück wurde zudem die Erfahrung gemacht, dass eine aktive Auseinandersetzung mit dem Thema Qualitätsentwicklung alte Denkstrukturen auf Trägerseite aufbrach und dort zu einer differenzierteren Sichtweise über Leistungsstandards und Verbesserungsmöglichkeiten in den Einrichtungen führte.

Ausblick: Stärkung des Teams und des Einzelnen

Die weitgehend positiven Erfahrungen, die von dem Qualitätsentwicklungsprozess in Osnabrück berichtet werden konnten, verdeutlichen wesentliche Aspekte eines solchen Prozesses: Die inhaltliche Auseinandersetzung mit der eigenen Arbeit und die Bestimmung ihres Standortes als Team brachte in den Teams einen Veränderungsprozess in Gang.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kamen miteinander ins Gespräch und bezogen auch als Einzelne einen Standpunkt. Da diese Gespräche bzw. Arbeitstreffen eine theoretische Vorbereitung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter voraussetzten, waren sie viel intensiver und effektiver als die Gespräche während der üblichen Teamsitzungen. Die Aufgabe der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter war es, gemeinsam an der Entwicklung der Einrichtung zu arbeiten, was nur durch eine gute Kooperation untereinander möglich ist. Voraussetzungen dafür sind gegenseitige Akzeptanz und Respekt, Vertrauen und wechselseitige Unterstützung im Team. Diese Grundhaltungen sind die Basis, auf der eine partnerschaftliche Zusammenarbeit aufbaut, und sie muss häufig ebenfalls erst entwickelt und gelernt werden. Ein Qualitätsentwicklungsprozess kann dafür den Anstoß geben.

Von einer solchen Veränderung im Team können positive Impulse bzw. Wirkungen auf das gesamte, vielschichtige soziale Miteinander einer Kindertagesstätte ausgehen. Dieses zeigt sich in einem offeneren und partnerschaftlicheren Umgang der pädagogischen Fachkräfte mit den Kindern sowie mit den Eltern, der Eltern mit den Kindern sowie der Kinder und der Eltern untereinander. Dies beinhaltet auch, sich gegenseitig besser in seinen Bedürfnissen wahrzunehmen und diese besser ausdrücken zu können. Solche Kompetenzen stärken das Team und ermöglichen ihm, den Kontakt mit und so die Unterstützung durch die Träger zu verbessern. In einem Klima gegenseitiger Anerkennung und Wertschätzung stehen die Bedürfnisse des Einzelnen und der Gruppe im Vordergrund. Gleichzeitig ermöglicht eine solche Arbeitsatmosphäre eine anregende Entwicklungsbegleitung - nicht nur der Kinder, sondern auch des Personals und der Eltern in ihren jeweiligen Lernprozessen. Die Leistung kommt dann von ganz allein.

Endnoten

(1) Bundesministerium für Senioren, Frauen und Jugend (Hg.): Nationale Qualitätsinitiative im System der Tageseinrichtungen für Kinder. Angebote zur Umsetzung der Ergebnisse. Vorwort von Renate Schmidt. Berlin 2004.

(2) Michael Pittwald/Fachbereich für Kinder Jugendliche und Familien der Stadt Osnabrück (Hg.): Qualitätsentwicklung in Osnabrücker Tageseinrichtungen für Kinder. Belm-Osnabrück 2007 (Bezug: siehe www.kindergartenpaedagogik.de/1737.html).

(3) Wolfgang Tietze und Susanne Viernickel (Hg.); Irene Dittrich, Stefanie Gödert, Katja Grenner, Bernd Groot-Wilken, Verena Sommerfeld: Pädagogische Qualität in Tageseinrichtungen für Kinder. Ein nationaler Kriterienkatalog. Weinheim, Basel, Berlin 2003.

(4) Sabine Bussmann, Britta Finke u.a.: Qualitätsentwicklung bedeutet neue Wege gehen - ein Erfahrungsbericht der evangelisch-lutherischen Kindertageseinrichtungen in Osnabrück. In: Michael Pittwald/Fachbereich für Kinder Jugendliche und Familien der Stadt Osnabrück (Hg.): Qualitätsentwicklung in Osnabrücker Tageseinrichtungen für Kinder. Belm-Osnabrück 2007, S. 69-70.

(5) Wolfgang Tietze und Susanne Viernickel (Hg.); Irene Dittrich, Stefanie Gödert, Katja Grenner, Bernd Groot-Wilken, Verena Sommerfeld: Pädagogische Qualität in Tageseinrichtungen für Kinder. Ein nationaler Kriterienkatalog. Weinheim, Basel, Berlin 2003, S. 30.

(6) Katja Grenner: "Quik" - ein Programm zur Qualitätssicherung in Kindertageseinrichtungen in Osnabrück. In: Michael Pittwald/Fachbereich für Kinder Jugendliche und Familien der Stadt Osnabrück (Hg.): Qualitätsentwicklung in Osnabrücker Tageseinrichtungen für Kinder. Belm-Osnabrück 2007, S. 36-37.

(7) Beate Berger: Auswirkungen der Qualitätssicherungsmaßnahmen auf Leitungstätigkeit und Teamentwicklung in einer Kindertagesstätte. In: Michael Pittwald/Fachbereich für Kinder Jugendliche und Familien der Stadt Osnabrück (Hg.): Qualitätsentwicklung in Osnabrücker Tageseinrichtungen für Kinder. Belm-Osnabrück 2007, S. 49.

(8) Ebd., S. 49.

(9) Anke Grebe: Qualitätssicherung in den städtischen Tageseinrichtungen für Kinder unter besonderer Berücksichtigung des Schwerpunktes geschlechtsbewusste Pädagogik. In: Michael Pittwald/Fachbereich für Kinder Jugendliche und Familien der Stadt Osnabrück (Hg.): Qualitätsentwicklung in Osnabrücker Tageseinrichtungen für Kinder. Belm-Osnabrück 2007, S. 55-60. Sabine Junietz: Pädagogische Planung und Durchführung von geschlechtshomogenen Projekten in der Städtischen Kindertagesstätte Pye. In: Michael Pittwald/Fachbereich für Kinder Jugendliche und Familien der Stadt Osnabrück (Hg.): Qualitätsentwicklung in Osnabrücker Tageseinrichtungen für Kinder. Belm-Osnabrück 2007, S. 61-66.

(10) Sabine Bussmann, Britta Finke u.a.: Qualitätsentwicklung bedeutet neue Wege gehen - ein Erfahrungsbericht der evangelisch-lutherischen Kindertageseinrichtungen in Osnabrück. In: Michael Pittwald/Fachbereich für Kinder Jugendliche und Familien der Stadt Osnabrück (Hg.): Qualitätsentwicklung in Osnabrücker Tageseinrichtungen für Kinder. Belm-Osnabrück 2007, S. 70-71.

Autoren

Dr. Michael Pittwald
Institut für praxisorientierte Sozialforschung & Beratung
Kollegienwall 12d
D - 49074 Osnabrück
Tel./Fax: +49 (0)541/2052009
Email: [email protected]

Dipl. Psych. Petra Künsemüller ist tätig auf dem Gebiet der entwicklungspsychologischen Kleinkindforschung und als systemische Entwicklungsberaterin in der Babysprechstunde der Universität Osnabrück. Email: [email protected]


In: Klax International GmbH: Das Kita-Handbuch.

https://www.kindergartenpaedagogik.de/fachartikel/qualitaet-und-qualitaetssicherung/qualitaetsfeststellung-qualitaetsmanagement/1736/