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Zitiervorschlag

Rezension

Monika Owczarek: Stau in Opas Kopf. Ein Kinderfachbuch zum Thema Schlaganfall. Frankfurt am Main: Mabuse-Verlag 2021, 42 Seiten, EUR 16,95 – direkt bestellen durch Anklicken

Es ist ein großer Verdienst des Mabuse-Verlages, dass er immer wieder Bilder- bzw. Kinderbücher zu Krankheiten, Behinderungen und Todesfällen veröffentlicht, die (Klein-)Kindern die kognitive und emotionale Verarbeitung solcher Vorkommnisse in ihrer Familie oder im Freundeskreis erleichtern sollen. Als Kinderfachbücher enthalten sie nicht nur kindgemäße Erzählungen, sondern auch fachlich fundierte Texte – zumeist sowohl an ältere Kinder als auch an ihre Eltern gerichtet.

Dies gilt auch für das neue Buch „Stau in Opas Kopf“, das von Monika Owczarek verfasst und mit plakativen Bildern illustriert wurde. Sie konnte diese Doppelrolle übernehmen, weil sie zum einen Psychologie und kognitive Neurowissenschaften studiert sowie an der Ruhr-Universität Bochum an einem Ratgeber für Menschen mit erworbenen Hirnschädigungen mitgewirkt hatte und da sie zum anderen eine Ausbildung als Mediengestalterin absolviert hatte.

Das Kinderfachbuch beginnt mit einem Vorwort der Neurochirurgin Friederike Sophie Fritzsche, in dem sie zunächst die emotional stark belastende Situation von Menschen, die gerade einen Schlaganfall erlitten haben und im Krankenhaus liegen, und von ihren erwachsenen Angehörigen erwähnt. Sie schreibt dann: „Mit den Augen eines Kindes gesehen, muss sich eine solche Situation noch ungleich beängstigender darstellen. Aus meiner Erfahrung ... ist die Einstellung von Kindern jedoch verblüffend anders als die Erwachsener. Kinder sind ehrlich, offen für Erläuterungen eines Krankheitszustandes, ... an allem interessiert und möchten verstehen. Logische, kindgerechte Erklärungen sind aus meiner Sicht auch für schwierige Themen, wie das Thema Krankheit, sehr wichtig“. Dann hätten Kinder auch keine Berührungsängste gegenüber dem erkrankten Familienmitglied.

Auf den folgenden 25 Seiten erzählt Monika Owczarek dann die Geschichte der siebenjährigen Frida, die ihren Opa liebt und viel Zeit mit ihm verbringt, da er sie zur Schule fährt, sie nach dem Unterricht abholt, für sie das Mittagessen kocht und am Nachmittag oft mit ihr etwas Tolles unternimmt. Eines Tages wird Frida zu ihrer Überraschung nach dem Unterricht von ihrer Mutter abgeholt. Diese erzählt ihr, dass Opa einen Schlaganfall erlitten habe, und erklärt ihr zu Hause anhand von drei einfachen Zeichnungen, was dabei im Gehirn passiert. Als Frida in den nächsten Tagen ihren Opa im Krankenhaus besucht, hat sie zunächst etwas Angst. Dann muss sie sich daran gewöhnen, dass er in Zukunft auf einen Rollstuhl angewiesen ist sowie viel langsamer und undeutlicher als früher spricht. Frida meint: „Ich habe ein bisschen Zeit gebraucht, um mich an den neuen Opa zu gewöhnen. Aber ich glaube, für Opa war das alles noch viel schwieriger. ... Ich hab Opa lieb und zwar genauso, wie er ist. Das zeige ich ihm jetzt jeden Tag!“

Dieser Teil des Kinderfachbuches ist für ältere Kleinkinder und für Grundschulkinder geeignet – der folgende für ältere Schulkinder und Erwachsene: Hier erklärt Monika Owczarek auf 7 Seiten mit Hilfe genauer Zeichnungen, was einen Schlaganfall verursacht, welche Formen von Schlaganfällen es gibt, welche Folgen eintreten können, wie die Behandlung verläuft und wie Laien einen Schlaganfall mit Hilfe des „FAST-Tests“ frühzeitig erkennen können. Das erworbene Wissen können Kinder anhand eines Quiz überprüfen.

Im kurzen Nachwort der Psychologin Sabine Lux wird auf den Umgang mit Kindern eingegangen, wenn eine nahestehende Person einen Schlaganfall erleidet – insbesondere wenn sie daran verstirbt. So könne das Buch „Stau in Opas Kopf“ das kognitive Verständnis von der Erkrankung fördern. „Für die emotionale Verarbeitung ist es wichtig, sich den Kindern gegenüber nicht instruierend zu verhalten. Wir können zur gesunden Entwicklung eines Kindes beitragen, wenn wir es in seiner persönlichen Trauer wahrnehmen, hinhören, seinen Schmerz anerkennen, es angemessen begleiten und dabei unterstützen, mit dem Verlust zurechtzukommen. Das ist eine umso größere Bewältigungsaufgabe, je näher die eigene Beziehung zum Verstorbenen war. So kann die eigene Auseinandersetzung mit der Trauer bei zeitgleicher Unterstützung der Trauerverarbeitung des Kindes zu einer großen individuellen Belastung führen.“ Deshalb sollten Betroffene frühzeitig Hilfsangebote wahrnehmen. Im Anhang des Buches wird diesbezüglich auf die Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe verwiesen – und auf die Positive Psychologie, die hilft, auch die guten Seiten eines jeden Tages zu erkennen.

Martin R. Textor