Wichtige Erkenntnisse aus Deutschlands großer KiTa-Studie 2020

Julia Schade

Im Frühsommer dieses Jahr wurde Deutschlands große KiTa-Studie 2020 publiziert. Es handelt sich um eine bundesweite Umfrage, die auf Eltern und Erziehungsberechtigte ausgelegt war. Die Studie startete bereits Ende 2019 und wurde durch die weltweite Corona-Pandemie beeinflusst. Ziel der Untersuchung, die von Meine-Kartenmanufaktur.de in Auftrag gegeben wurde, war es die Qualität der deutschen Kindertagesstätten aus Elternsicht einzuschätzen. 

Was war ausschlaggebend für Deutschlands große KiTa-Studie 2020?

Die Auslöser für die Studie zur frühkindlichen Fremdbetreuung in Deutschland waren die Negativmeldungen im Frühjahr 2019. Im März des Jahres schrieb unter anderem die renommierte Bertelsmann-Stiftung, dass 1,7 Millionen Kinder in der Bundesrepublik von zu wenig Fachpersonal fremdbetreut würden. Dabei gab es massive Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland. Während der westdeutsche Nachwuchs in “nur” 69 % der Fälle unter einem mangelhaften Betreuungsschlüssel litt, betraf dies 93 % der Ostkinder.

Beinahe zeitgleich zu den Erkenntnissen der Bertelsmann-Stiftung trat das Gute-KiTa-Gesetz in Kraft. In diesem Zusammenhang fördert der Bund die Kindertagesstätten in ganz Deutschland mit insgesamt 5,5 Milliarden Euro. Die Gelder werden bis zum Jahr 2022 ausgezahlt. Jedes Bundesland unterzeichnete einen eigenen Vertrag für die Förderung. Grundsätzlich sind die Gelder nicht an bestimmte Maßnahmen gebunden. Die Länder dürfen individuell entscheiden, wofür die Finanzspritze in der frühkindlichen Fremdbetreuung eingesetzt wird. Hierin könnte Fluch und Segen begründet sein. So wurden in Bundesländern wie Berlin die Plätze in Kinderkrippen und KiTas kostenlos angeboten. Die Fördergelder aus dem Guten-KiTa-Gesetz machen es möglich. Wenn die frühkindliche Fremdbetreuung allerdings keine finanzielle Belastung mehr für die Eltern darstellt, werden vermutlich mehr Kinder angemeldet. Die Gelder werden dann zur Finanzierung der KiTa-Plätze verwendet. In solchen Fällen verbessert sich vermutlich nichts an der tatsächlichen Qualität der Einrichtungen.

Für das Jahr 2019 hatte sich das Unternehmen Meine-Kartenmanufaktur.de vorgenommen, finanzielle Mittel in sein soziales Engagement zu investieren. Es arbeiten viele Eltern in der Online-Druckerei. Aber auch unter den Kunden des Unternehmens sind vorwiegend Familien zu verzeichnen. Deshalb wollte die Druckerei gerne für ihre Angestellten, Kunden und alle anderen Erziehungsberechtigten in Erfahrung bringen, wie sich die Situation in deutschen KiTas aus Elternsicht realistisch darstellt. Nur auf der Basis gesicherter Ergebnisse können im Anschluss effektive Schritte unternommen werden, um Verbesserungen in den Krippen einzuleiten. Die Idee für Deutschlands große KiTa-Studie 2020 war geboren.

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Wie sehen Aufbau und Ablauf der Studie aus?

Die Studie befasst sich im ersten Schritt mit den organisatorischen Punkten rund um den KiTa-Besuch. Befragt wurden Eltern nach den Entscheidungsgründen hinsichtlich der Wahl für eine bestimmte Einrichtung. Die Wartezeiten, Kosten und wöchentliche Anwesenheit der Kinder wurden ebenfalls abgeklärt.

Der zweite Teil widmete sich den Einrichtungen und der pädagogischen Arbeit. Hier wurde der wichtige Betreuungsschlüssel identifiziert. Auch auf die Eingewöhnungszeit, das Personal und die Qualität der Einrichtung wurden kleinere Schwerpunkte gesetzt. Da sich die Umfrage direkt an die Eltern richtete, sollte auch deren Integration in den KiTa-Ablauf und Alltag untersucht werden. Weiterhin wurden die Vernetzung und der Austausch der Erziehungsberechtigten untereinander sowie der Eltern und Erzieher betrachtet.

Interessant sind die beiden letzten Punkte. In diesem Zusammenhang wurden soziale Unterschiede sowie Differenzen zwischen teuren und günstigeren Kindertagesstätten herausgearbeitet. Da die Studie bereits vor dem Ausbruch des Corona-Virus in Deutschland startete, finden sich keine eigenen Fragen zur Auswirkung der Pandemie in der Umfrage. Dieser Mangel wurde durch den Einbezug der Corona-KiTa-Studie behoben. Diese stammt von dem Deutschen Jugendinstitut (DJI) sowie dem Robert Koch-Institut (RKI).

Weiterhin wurde die frühkindliche Betreuung als Stressfaktor auf Kleinkinder berücksichtigt. Um mögliche Stressimplikationen auf Kleinkinder zu erfassen, wurden unter anderem die Ergebnisse aus den folgenden Studien zusammengefügt und integriert:

Zur Durchführung von Deutschlands großer KiTa-Studie 2020 wurden die notwendigen Links zu den anonymen Fragebögen per E-Mail an öffentliche und freie KiTa-Träger versendet. Von dort wurden sie an die Krippen und Kindertagesstätten weitergeleitet. Die Leitungen der Einrichtungen schickten die Links wiederum an die Eltern.

Schlussendlich nahmen 1.312 Erziehungsberechtigte teil. Die Eltern stammen aus der gesamten Bundesrepublik. Ein Großteil der Teilnehmer/innen kam allerdings aus Bayern und Baden-Württemberg. Somit konnte auch keine aussagekräftige Differenzierung zwischen Ost- und Westländer vorgenommen werden.

Die Studie wurde über den Zeitraum Dezember 2019 bis Mai 2020 durchgeführt. Allerdings kamen beinahe alle Rückläufe im Februar und Anfang März 2020 bei der Redaktion des Auftraggebers an. Aufgrund der herausfordernden Situation durch die Pandemie und den verbundenen Lockdowns wurde die Umfrage Ende März 2020 pausiert. Nachdem keine deutliche Verbesserung der Lage in Sicht kam, schloss das Team im Mai schließlich die Umfrage. Die endgültige Auswertung der Zahlen erfolgte zum Jahresende 2020.

Die Kernerkenntnisse der Eltern-Studie

Einer der ausschlaggebenden Punkte für die Durchführung der Studie war der mangelhafte Betreuungsschlüssel in deutschen KiTas im Jahr 2019. Nach wie vor befinden sich mehr als 50 % der Kinder in Einrichtungen mit mangelhaftem Personalschlüssel. Eine Aufschlüsslung der Unterschiede zwischen den einzelnen Bundesländen fand allerdings nicht statt. Dennoch zeigte die Bertelsmann-Studie eine deutliche Differenz zwischen den alten und den neuen Bundesländern auf.

Aktuell scheinen sich immer noch rund 21 % der Kinder in Einrichtungen zu befinden, in denen eine Fachkraft zehn und mehr Kinder betreut. Optimal wäre ein Betreuungsschlüssel von 3,0 bei Kindern bis drei Jahren. Darüber ist es auch tragbar, wenn sich eine Fachkraft um bis zu 7,5 Kinder kümmert. Von diesem Optimalfall sind die meisten Einrichtungen nach wie vor sehr weit entfernt. Und das, obwohl das Gute-Kita-Gesetz während der Studiendurchführung schon über ein Jahr in Kraft war.

Trotz der desolaten Personallage in vielen Einrichtungen, sind die Eltern dennoch sehr zufrieden. Über 93 % der Eltern empfehlen die Kindertagesstätte ihrer Zöglinge bereitwillig weiter. Eltern, die aktuell auf der Suche nach einem KiTa-Platz für ihren Nachwuchs sind, sollten sich unbedingt die Kapitel “Sind teure KiTas besser?” und “Soziale Unterschiede” näher ansehen. Tatsächlich brachte Deutschlands große KiTa-Studie 2020 einige interessante Erkenntnisse ans Tageslicht.

So verbrachten 25 % der Kinder aus Haushalten mit über 5.000 Euro Nettoeinkommen mehr als 35 Wochenstunden in Fremdbetreuung. In Familien mit weniger als 1.000 Euro Nettoeinkommen waren es dagegen nur 5 %. Bei 29 % der einkommensstarken Teilnehmer spielte die Ausstattung bei der Entscheidung für oder gegen eine KiTa eine wichtige Rolle. In sozialschwächeren Familien spielte die Ausstattung, laut der Studie keine Rolle. Weitere Unterschiede finden sich weiterhin bei den Öffnungszeiten, wobei einkommensstarke ein deutliches Interesse bekundeten.

Wer die Krippen und Kindertagesstätten in Bezug auf ihr Preis-Leistungs-Verhältnis genauer beäugt, der kommt nach Durchsicht der Studienergebnisse zu einem interessanten Schluss. Tatsächlich scheint sich die Gruppengröße und damit eventuell auch der Betreuungsschlüssel in KiTas mit höheren Beiträgen zu verbessern. Hier gibt es nur noch in 30 % der Einrichtungen Gruppen mit mehr als 15 Kindern.

Dagegen scheint die Eingewöhnung in KiTas mit niederringen Beiträgen schneller vonstattenzugehen. Auch der Kontakt der Erziehungsberechtigten untereinander ist in günstigeren Einrichtungen scheinbar besser. Die Preise einiger KiTas fallen niedriger aus, weil die Eltern dort in vielen Bereichen die Initiative übernehmen. Dadurch können Kosten gespart werden, gleichzeitig erhöht sich der Kontakt der Eltern untereinander. Dieser Zusammenhang ist eine mögliche Erklärung der Studienergebnisse.

Zum Abschluss kann gesagt werden, dass die deutsche KiTa-Situation auch im Jahr 2020 noch große Mängel aufgewiesen hat. Daran scheint bis dato auch das Gute-KiTa-Gesetz nichts Entscheidendes verändert zu haben. Diese Erkenntnis kann zumindest aus Deutschlands großer KiTa-Studie 2020 gezogen werden. Ob dies ein Scheitern des Gesetzes bedeutet, müssen die Verantwortlichen entscheiden. Auf jeden Fall sollten Verbesserungen überdacht und eventuell Reformen eingeräumt werden. Es geht um die Zukunft der Kinder und damit der gesamten Gesellschaft.

[1] The NICHD Early Child Care Research Network (2005), Child Care and Child Developement, Results from the NICHD Study of Early Child Care and Youth Developement, The Gulford 3 Press

Literatur

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2020): Das GUTE KITA GESETZ.

The NICHD Early Child Care Research Network (2005): Child Care and Child Developement, Results from the NICHD Study of Early Child Care and Youth Developement. The Gulford 3 Press. 

Weegmann, W./Ostendorf-Servissoglou, E. (2017): Freie Träger und ihre Bedeutung für die Kinderbetreuung in Deutschland. https://www.kindergartenpaedagogik.de/fachartikel/traeger-verbaende-jugendaemter/freie-traeger-und-ihre-bedeutung.

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