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Zitiervorschlag

Die sprachliche Vorentlastung eines literarischen Textes beim ersten Schritt der Fremdsprachenvermittlung (DaF)

Monika Jäger-Manz

 

Durch literarische Texte sind Kinder schon in der frühkindlichen Phase in der Lage, mit positiven Gefühlen und durch innere Motivation die Strukturen einer neuen Sprache wahrzunehmen sowie liebzugewinnen.

Die sprachliche Vorentlastung ist eine bewährte Methode zum kindgemäßen Ver­ständ­nis­ von fremdsprachlichen Texten. Wir sollen den Kindern die Möglichkeit des Verstehens sichern und sie auch sprachlich auf das literarische Erlebnis, auf die literarische Anregung vorbereiten.

Effektivität im Be­­reich der rezeptiven sowie produktiven Sprachkompetenzen der Kinder kann nur dann erzielt werden, wenn Kinder als denkende, kreative, offene, interes­sierte Wesen betrachtet wer­­den, die auch verstehen wollen, was mit ihnen passiert, was sie von den Pädagogen hören – sie wollen ganz verstehen, worum es in der Ge­schich­­­­te, in dem Reim geht.

Durch die sprachliche Vorentlastung des für die Kinder unbekannten Textes sollen

  • das Verstehen und
  • die direkte Anwendbarkeit des Gehörten/des Gelernten

gesichert werden. (vgl. Jäger-Manz 2015, S. 10 ff.)

Schritte der Textbearbeitung und sprachlichen Vorentlastung am Beispiel eines Abzählreimes

Die Schritte der Textbearbeitung und der sprachlichen Vorentlastung werden hier am Beispiel eines Abzählreimes vorge­stellt:

a) Auswahl des literarischen Textes, zum Beispiel

Eine kleine Piepmaus

lief ums Rathaus,

wollte sich was kaufen

hatte sich verlaufen.

Schwilliwapp, du bist ab.

b) Lesen/Verstehen/Bearbeiten des Textes – die direkte Vorbereitung der PädagogInnen

c) Analyse des Textes – die für die Kinder unbekannten Ausdrücke, Wörter im Text markieren, suchen: die Piepmaus, piepsen, das Rathaus, laufen – kaufen – sich verlaufen usw.

d) Sprachliche Vorentlastung

Die Kinder sollen sich die für sie unbekannten Spracheinheiten oft anhören: HÖREN-HÖ­REN-HÖREN soll den Kindern intensiv gesichert werden.

Ziel ist es: Die Kinder sollen die Möglichkeit bekommen, die erste Begeg­­nung mit den unbekannten Begriffen – in spielerischen Situ­ationen – noch einige Ta­ge vor der ge­planten lite­­rarischen An­regung erleben können.

Den Begriffen begegnen sie so oft wie möglich in natürlichen Spiel­situa­tio­nen und so können sie den Sinn der Begriffe dem Kontext entnehmen.

Unbekannte sprachliche Einheiten

Mögliche kindliche Aktivitäten zur Sinner­schließung der gehörten Spracheinheiten

die Piepmaus, piepsen 

Spiel mit Memorykarten „Tiere und ihre Stimmen“: die Maus piepst, der Hund bellt, die Katze miaut usw.

das Rathaus

·   Besuch im Dorf/in der Stadt, wo die Kinder leben. Das Rathaus kennen lernen.

·   Aus Schachteln die Makette des Dorfes/der Stadt aufbauen.

laufen

Bei der Bewegungserziehung, beim Spiel hören die Kin­­der den Begriff und führen die Bewegung aus.

kaufen

·   Beim Rollenspiel: Blumenverkauf, Einkaufsspiel, Eisverkauf

·   Beim Einkaufen auf dem Markt, im Geschäft.

sich verlaufen

Ein Labyrinth/Dorf/eine Stadt bauen/zeichnen: Tiere und Menschen/Kinder suchen selbst ihr Ziel.

Abb. 1 Aktivitäten zur Sinnerschließung der gehörten Spracheinheiten

e) Bekanntmachen der Kinder mit dem neuen Reim

f) Festigen des Reimes/des Sprachmaterials in abwechslungsreichen Situ­atio­nen:

  • in der Gesamtgruppe als Abzählreim – der Pädagoge zählt ab;
  • in der Gesamtgruppe als Abzählreim – die Kinder zählen ab;
  • in zwei Gruppen als Abzählreim – die Kinder zählen ab;
  • in einer Mädchen- und Jungengruppe als Abzählreim – die Kinder zählen ab;
  • in Paaren als Abzählreim mit Wechsel;
  • in Paaren als Rollenspiel mit Wechsel (Rollen: die Piepmaus, das Rathaus);
  • in der Gesamtgruppe als Fingerspiel (Faust = Rathaus, andere Hand, Finger: Piep­maus) mit Wechsel.

Zusammenfassung

Diese Methode hilft den Kindern beim Verstehen des Textes und dadurch beim Er­rei­chen des literarischen Erlebnisses: Schon beim ersten Hören gelangen sie zur re­zep­­­­­­­tiven Stufe mit passiven Sprachkompetenzen, so kann das Verstehen ohne Über­­­­­­­­setzung in die Muttersprache erfolgen. Die Übersetzung löst nämlich Bequemlichkeit aus und unterstützt die Deutsch­för­­­derung der Kinder nicht. (vgl. Jäger-Manz 2015, S. 10 ff.)

Literaturverzeichnis

Frauen, Ch.: Textentlastung. https://faecher.lernnetz.de/faecherportal/dokumente/1290617445.pdf (13.01.2021)

Jäger-Manz, M.: Deutschförderung durch literarische Werke im Kindergarten. Baja: Bajapress 2015

Jäger-Manz, M.: Ich sag dir was. Baja: Bajapress 2019